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2004-12-08 Kommentar:
Vor dem Gesetz sind alle gleich

Zur Debatte um Leitkultur und Patriotismus in Deutschland 2004

 
ape. Wie schon bei der letzten, im Jahr 2000 von Friedrich Merz losgetretenen Debatte über eine deutsche "Leitkultur", so wird auch der jetzige Merkel-Vorstoß einerseits als "ablenkende Gespensterdiskussion" gescholten, andererseits als "überfällige Werteorientierung" gelobt. Offenbar hat sich, folgt man den Düsseldorfer Parteitagspapieren, inzwischen der Leitkultur-Begriff der CDU geweitet. Heute bezieht er sich auf christlich-jüdische u n d aufklärerische Fundamente nebst der Akzeptanz "kultureller Verschiedenheit auf der Basis dieser allgemein geteilten Grundwerte". Wäre gemeint, was da steht, bräuchte es allerdings gar keine Diskussion, denn über Selbstverständlichkeiten zu streiten, ist müßig.

Selbstverständlich ist: Wer sich in diesem Lande aufhält, der hat sich an die hiesigen Gesetze zu halten. Das gilt für Touristen, das gilt für deutsche Staatsbürger und solche, die es werden wollen. Dies ist gültiges Recht - von den Staatsorganen hier und heute jederzeit exekutierbar. Misshandlung von Frauen, Freiheitsberaubung, das Predigen von Hass und Gewalt, die Vorbereitung und Ausführung terroristischer Anschläge - das sind samt und sonders strafbare Handlungen, ohn" Ansehen der Person, ihrer Motive, ihrer Herkunft, ihres Glaubens. Vor dem (deutschen) Gesetz sind alle gleich: Christen, Buddhisten, Moslems, Atheisten. Gemäß der Verfassung hat der deutsche Staat eines jeden Menschenwürde zu schützen und die Freiheit der Religionsausübung für jedermann zu garantieren, die Freiheit zur Religionslosigkeit inklusive. Sofern die Religionsausübung Gesetzesbrüche nach sich zieht, sind diese zu ahnden und zu unterbinden.

Was nach knochentrockener Juristerei klingt, sind in Wahrheit die grandiosen, bis dato gültigen Grundsätze unserer freiheitlich-demokratischen Republik. Sie kann und soll ihrer christlich-jüdischen Wurzeln eingedenk sein; Sonderrechte für Christen und Juden lassen sich daraus allerdings so wenig ableiten wie Sonderpflichten für Anders-Religiöse oder Nicht-Religiöse. Denn, noch einmal, vor dem Gesetz sind alle gleich. Dies ist das "aufklärerische" Erbteil unserer Kultur und der eigentliche Garant, dass in diesem Land jeder nach seiner Fasson glücklich werden darf. Schön, dass es ein solches Deutschland gibt; darauf kann man stolz sein, darüber dürfen Gläubige oder Ungläubige, Familien oder Singles, Volksmusikfreunde oder Techno-Fans, Bücherleser oder Dauerglotzer, Schmuddel-Grunger oder Lifestyle-Freaks ... froh sein. Denn selbst die "deutschstämmige" Bevölkerung zerfällt längst in zahllose Subkulturen, deren Selbstverständnisse und Lebensweisen kaum noch etwas miteinander zu tun haben. Doch dieses wunderbare Land kann allen Heimat sein - auch und gerade ohne Verfassungseid, Hymnengesang und andere, nichts erklärende Pflicht-Rituale.

Meint Angela Merkel, meint die CDU das? Wir wissen es nicht wirklich, denn was aus Düsseldorf zum Thema "Leitkultur" und "Patriotismus" übermittelt wird, kann dies oder jenes, sehr viel oder gar nichts bedeuten. Wir erkennen den Versuch, in objektiv kalter Zeit ideelle Wärme zu vermitteln. Wir sehen aber auch, dass die Union zugleich den Weg in die soziale Kälte noch strammer marschieren will. Diffuser Patriotismus als Zuckerbrot zur konkreten Peitsche Sozialabbau? Das wäre eine seltsame "Leitkultur", auf die man sich nur ungern einschwören lassen wollte.
Andreas Pecht 
 
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