Thema Kultur
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2005-04-01: Feature
Als träfe der Schiller den Einstein
Rheinland-pfälzischer Kultursommer 2005 konfrontiert Kunst und Wissenschaft miteinander
 
ape. Rheinland-Pfalz. „Schiller trifft Einstein“ hätte es im übertragenen Sinn lauten können, das Motto des am 6. Mai mit dem traditionellen Kulturfest, diesmal in Trier, beginnenden Kultursommers Rheinland-Pfalz 2005. Der große Dichter und der bedeutende Physiker während des ihnen gewidmeten Gedenkjahres im Disput über die Wechselbeziehungen ihrer scheinbar so unvereinbaren Disziplinen – zum Ansinnen von Kulturminister Jürgen Zöllner und Kultursommer-Chef Jürgen Hardeck würde dieses Bild famos passen. In der Sache aufs Gleiche abzielend, hat man sich indes auf die allgemeinere Formulierung „Kultur und Wissenschaft“ als Themenmotto für den  14. Jahrgang der „großen rheinland-pfälzischen Bürgerinitiative für Kultur“ geeinigt, wie Begründerin Rose Götte den Kultursommer zu nennen pflegte.
 
1992 ins Leben gerufen, kennzeichnet den große Veranstaltungsreigen seit 1993 ein jährlich wechselndes Schwerpunktthema. Im vergangenen Jahr hieß es in Anlehnung an Goethe „Kennst du das Land …? (Italien)“, 2002 etwa erlebte mit „Reise in die Romantik“ vor allem die Mittelrhein-Region eine denkwürdige Saison. Nun also „Kultur und Wissenschaft“, bekanntermaßen ein Wunschprojekt des für beide Bereiche zuständigen Landesministers Zöllner. Schon am Ende des letztjährigen Kultursommers hatte er zwecks Beschnupperns und  Anwärmens etliche Dutzend Vertreter aus dem akademischen Betrieb und aus der Kulturszene des Landes zu Umtrunk nebst Kulturprogramm in die Universität Koblenz geladen. Man war sich seinerzeit näher gekommen, ohne indes ein gewisses Fremdeln ganz ablegen zu können. Zu vage noch erschien, was in 2005 gemeinsam bestritten werden sollte.

Wir haben Jürgen Hardeck, den künstlerischen Geschäftsführer des Kultursommers gefragt, was es denn auf sich hat mit der Begegnung kühl-sachlicher Wissenschaft und heißblütiger Kultur. Er erinnert an die einstige Untrennbarkeit beider in der Antike, an ihre engen Beziehungen in der Renaissance. Leonardo da Vinci war Künstler, Naturforscher und technischer Erfinder in einer Person, um das wohl prominenteste Beispiel an zuführen. Selbst Goethe, so Hardeck, war später zugleich Künstler und Forscher – nicht nur in seinem „Faust“ werden wissenschaftliche Fragestellungen und Erkenntnisse künstlerisch verarbeitet.

Dieser Tage wiederholen Kultursommer-Macher gern eine These des Philosophen Gerd Achenbach, um die Schlüssigkeit und Aktualität des diesjährigen Mottos zu unterstreichen: War es früher so, dass die Kultur wissenschaftlicher werden musste, so müsse heute die Wissenschaft kultiviert werden. Will sagen: Den in hitzigem Globalwettbewerb sich explosionsartig vermehrenden Wissenschaftserkenntnissen mangelt es an kritischer Befragung auf ihre soziale, ihre humane Verträglichkeit hin. Wissenschaftler forschen und tüfteln unter Hochdruck, den Künstlern und den Künsten ist es aufgegeben, nach dem Sinn zu fragen, die Beachtung der Folgen einzufordern, die Wissenschaft an ihre Verantwortung und die Wissenschaftler an ihr Mensch sein zu erinnern.

Und was, Herr Hardeck, kann der rheinland-pfälzische Kultursommer dazu beitragen? Er setzt das Thema auf die Tagesordnung, ermutigt die Befassung damit, bringt Wissenschaftsbetrieb und Kulturszene miteinander in Kontakt, fördert innovative Ansätze und Projekte, versucht auch eine breite Öffentlichkeit einzubinden … „Die Ergebnisse sind völlig offen“, so Hardeck. „Wir können und wollen Künstlern und Wissenschaftlern ja nicht vorschreiben, wie sie zu denken und zu welchen Ergebnissen sie zu kommen haben.“ Der Kultursommer als Landesinstitution stößt nur an, hilft, moderiert, koordiniert; die Ergebnisse liegen dann ganz bei den Akteuren vor Ort selbst. Deshalb der treffende Begriff „Bürgerinitiative“.

So war es seit 1992 stets – und dennoch ist nach wie vor das Missverständnis weit verbreitet, es handle sich beim Kultursommer um ein vom Land veranstaltetes „Festival“. Allenfalls, meint Hardeck, ließe sich von „einem institutionalisierten Konzept“ sprechen, das örtliche Aktivitäten von einem gewissen Qualitätstandard anregt oder aufgreift, fördert und unter einem öffentlichkeitswirksamen Dach zu einem losen Netzwerk verknüpft. Ohnehin sind längst nicht alle der rund 250 Veranstaltungen im Kultursommer an dessen jeweiliges Motto gebunden. „Das verbietet sich allein schon der Kontinuität wegen“, erklärt Hardeck.

In Koblenz beispielsweise werden populäre Großevents wie das Gauklerfest oder das Weltkulturfestival „Horizonte“ erneut aufgelegt. Der Jugendtheater-Stern schlägt nach der letztjährigen Beheimatung in Idar-Oberstein seine Zentrale wieder in der Rhein-Mosel-Stadt auf. Bad Ems setzt sein Offenbach-Festival, Montabaur sein Jazzfestival, Mayen die Burgfestpiele  und Hachenburg das Burggartenfest fort. In St. Goar ist der Publikumserfolg der Vorjahre, die „Rheinfels-Saga“, abgespielt, kommt nun eine Produktion unter dem Titel „Andersen am Rhein“ zum Zuge. Emmelshausen erlebt ein hochrangig besetztes Brass-Meeting, Engers die beliebte Open-air-Reihe, der ganze Mittelrhein die Fortführung seiner Musik Momente (MMM) sowie die Geburt des neuen Stimmen-Festivals Rhein-Vokal… Solche Standards lassen sich gar nicht oder nur gelegentlich und eingeschränkt von speziellen Themenstellungen zu speziellen Schwerpunktsetzungen inspirieren.

Zurück zu „Kultur und Wissenschaft“. Dem Motto entsprechend, sind 2005 erstmals auch die Universitäten des Landes in größerem Umfang Kultursommer-Locations. Eine der zentralen Veranstaltungen, ein so genanntes „3klang“-Festival (7. – 13. Juni), wird am Mittelrhein auch räumlich den Brückenschlag zwischen Kultur und Wissenschaft vollziehen. Zwei Abende im großen Hörsaal der Uni Koblenz, ein dritter im Görreshaus Koblenz, dem Domizil der Rheinischen Philharmonie. Unter dem Dach des Kultursommers bringen nach Hardecks Angaben sehr verschiedene Partner – etwa Universität und Mittelrhein Musik Momente – Wissenschaftler, Musiker und Philosophen zum öffentlichen Gedankenaustausch, vielleicht zum streitbaren Disput zusammen.

Mit dabei sind Schiller-Biograf Rüdiger Safranski, Neurobiologe Eckart Altenmüller, Pianist und Dirigent Dirk Joeres oder Philosoph  Gerd Achenbach.  Sind wir Herr unserer Sinne, Gefühle, Gedanken? Oder ist, was wir Individualität nennen, bloss Gaukelei der bio-physischen Hirn-Körper-Maschinerie? Wie passt  dazu die kreative Schöpferkraft der Künstler? Was bewirken die Künste, was die Musik in Hirn und Leib? Zur Debatte tritt beim „3klang“-Festival passend gewählte Live-Musik. Der Diskussionsgegenstand wird sinnlich erlebbar.

„3klang“ in Koblenz steht als ein herausragendes Beispiel für viele Veranstaltungen, die im ganzen Land auf völlig unterschiedliche Weise ein Thema anpacken, das nicht nur interessant ist, sondern auch Einmischung nötig hat: „Kultur und Wissenschaft“. Jürgen Hardeck freut sich schon: „Das wird spannend.“           
 
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