Kritiken Theater
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2005-04-04: Theater
Hedda wird hysterisch
Klassiker krankt in Koblenz an exaltierten Gefühlsausbrüchen
 
ape. Koblenz. Hedda Gabler giert nach Freiheit und der Lust des Lebens, aber es mangelt ihr an Mut, auch nur einen Schritt in diese Richtung zu machen. Weshalb die Dame an unsterblicher Langeweile leidet. Dieser zeitweise zu entkommen, kennt sie nur ein Mittel: ihren Mitmenschen übel mitspielen.
 
Annegret Ritzels Inszenierung von Henrik Ibsens Stück "Hedda Gabler" am Stadttheater Koblenz verfügt über alle Ingredienzen für einen großen tragischen Abend. Eine raffiniert schlichte Bühne (Siegfried E. Mayer) mit nur ein paar Rollsesselchen im zentralen vorderen Spielraum; dazu hinter Schleiern in der Bühnentiefe verschattete andere Räume. Ein Spielkonzept, das unterhalb des gesprochenen Textes bei allen sieben Figuren sehr eigene Interessen und Haltungen erahnbar werden lässt. Schließlich mit Madeleine Niesche eine Hedda, die wütend an den Ketten der Konvention zerrt, sie sich aber wie einen Panzer immer wieder selbst um den Leib schlingt.

Beim Blick hinein in die Tiefen der Charaktere leistet das Ensemble Beachtliches. Und doch bleibt nachher nur der Eindruck einer " recht ordentlichen" Arbeit. Befremdend der Beginn mit einer Tante (Angelika Bißmeier), die eben einem Spitzweg-Gemälde entstiegen scheint. Die skurrile Alte schafft zur Begrüßung des von der Hochzeitsreise heimkehrenden Paares Hedda und Jörgen Boulevardatmosphäre.

Das ist ziemlich daneben, wird aber rasch von der Bitterkeit beiseite gedrängt, mit der Niesche und Andreas Sindermann die Beziehung der beiden charakterisieren: Er ist ein kleinbürgerlicher Bücherwurm, kann ihr den Wunsch nach einem großbürgerlichen Gesellschaftshaushalt nicht erfüllen.

Die Frau hat in Torschlusspanik den falschen Mann geheiratet; nun hocken beide in der Ehe-Falle. Zur Bitterkeit treten Verzweiflung, Abneigung, Hass. Und je größer die ausfallen, umso mehr wird gezetert, geschrien, geflennt. Exaltierter Stimmungs-Naturalismus drängt sich zwischen feinsinniges Charakterspiel. Davon lässt sich Werner Tritzschler als Heddas ehemaliger, zurückgewiesener Schwarm Lövborg ebenso anstecken wie Ariane Payer in der Rolle seiner jetzigen Geliebten Thea. Weniger! Bremsen! - möchte man rufen, bevor die Atmosphäre vollends ins Hysterische kippt.

Nur Olaf Schaeffer behält die Ruhe, lässt seinen Brack cool daran arbeiten, Hedda ins Bett zu kriegen. Doch die Dame im Hosenanzug mit der hier trefflichen Körpersprache eines Vogue-Models will das ebenso wenig wie sie zuvor Arbeit, eine Aufgabe oder eine Schwangerschaft wollte. Sie weiß gar nicht, was sie will, also bringt sie sich um - in Schönheit, wie sie es Lövborg hatte aufschwätzen wollen.
 
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