Kritiken Film / Fernsehen
eMail an pecht.info • eMail to pecht.info • contact pecht.infoeMail
zum Artikel
eMail an webmaster • eMail to webmaster • contact webmastereMail an webmaster Seitenübersicht • sitemap • Plan du siteÜbersicht sitemap Seite drucken • site print • imprimer siteArtikel drucken

2005-05-02:
Schillers Gedanken fehlen
Weinharts TV-Streifen ersetzt Denkmal durch Freak-Ikone - Eine Empörung
 
ape. Schon im Vorfeld war Martin Weinharts Fernsehfilm "Schiller" als mediales Zent-ralereignis im 200. Todesjahr des Klassikers gefeiert worden. Jetzt kam der Streifen über die Mannheimer Zeit des jungen Friedrich auf "arte" kleinerem Publikum vor Augen. An diesem Mittwoch folgt in der ARD (20.15 Uhr) die Präsentation vor der TV-Nation. Ein biografischer Spielfilm über Friedrich Schiller zur Hauptsendezeit - das ist doch mal was, da kommt doch mal Kultur auf die Mattscheibe. Man hätte Grund zu jubeln, wäre der Film nicht so gottserbärmlich daneben.
 
Erzählt wird die Geschichte eines Jünglings, der in den 1780ern der Bedrückung durch den württembergischen Herzog Karl Eugen entflieht, um im kurpfälzischen Mannheim sein Glück als Theaterautor zu suchen. Ein Genie von späterem Weltrang, dessen frühe Schritte auf dem Weg nach oben erstmal ganz nach unten führen - dorthin, wo Ingnoranz, tumbe Konvention, Neid und Intrigen ein der wahren Kunst feindliches Regiment führen. Schiller wird von Kleingeistern verkannt, ausgebootet, fallengelassen.

Doch Genie lässt sich nicht unterdrücken, bricht sich unter Krämpfen und Kämpfen Bahn. Wozu es des Tanzes am Rande des Irrsinns bedarf, wozu es den Rausch des Schaffens nebst Himmeln und Höllen aus Hunger, Tabak, Alkohol, Opium, Sex und aussichtsloser Liebe braucht.

Das ist der Stoff, aus dem heutzutage kurzweilige bis beklemmende Rührstücke gemacht werden. Ein solches ist Weinharts Film, und als solches ist er gar nicht schlecht. Ginge es nicht um Schiller, ein ordentlich inszeniertes und gut gespieltes Stück saftiger Abendunterhaltung wäre zu attestieren. Es geht aber um Schiller, weshalb dem Film das Fehlen des Wichtigsten anzulasten ist: Schillers Denken.

Wir werfen Weinhart nicht vor, dass er den Anfangzwanziger als Säufer, Schnupfer, Hurenbock, Exzentriker und Ekstatiker dramaturgisch überzieht. Von all dem hatte Schiller tatsächlich einiges. Unerträglich ist allerdings, dass der Film Schillers Schreiben auf Phantasmagorien eines Dauerdeliriums reduziert, und der Zuseher nichts, aber auch gar nichts darüber erfährt, w a s der Typ da wie besessen schreibt.

"Die Räuber", "Fiesco", "Don Carlos", "Kabale und Liebe" - bei Weinhart sind das nur Etiketten. Ein Blick auf die Inhalte oder Schillers tatsächliche Arbeit daran hätte deutlich gemacht: Schon der junge Autor fantasiert nicht bloß, sondern durchdenkt auf revolutionäre Weise Mensch und Welt. Davon keine Spur. So pustet dieser Film den Staub vom Nationaldenkmal, um es sogleich in eine Freak-Ikone zu verwandeln. Mit dem, was Schiller wichtig macht, haben beide nichts zu schaffen. 
 
was ist Ihnen dieser Artikel
und www.pecht.info wert?
 
eMail an pecht.info • eMail to pecht.info • contact pecht.infoeMail
zum Artikel
eMail an webmaster • eMail to webmaster • contact webmastereMail an webmaster Seitenanfang • go top • aller en-hautan den Anfang Seite drucken • site print • imprimer siteArtikel drucken