Kritiken Theater
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2005-05-03: Ballett
Aschenbrödel sticht männliche Schwestern aus
Taylor choreografierte zwischen Frechheit und Anmut
 
ape. Koblenz. 16 Jahre liegt die letzte Produktion des Balletts "Cinderella" nach der Musik von Sergej Prokofjew am Stadttheater Koblenz zurück. Die Choreografie zur Tanz-adaption des Märchens vom Aschenbrödel stammte damals von Anthony Taylor. Der Ballettchef hat auch die jetzige Neuinszenierung ins Werk gesetzt. Die feierte am Wochenende eine stürmisch beklatschte Premiere.
 
Vom großen Ausstattungsabend zur szenisch reduzierten Tanzkonzentration - so könnte der Hauptunterschied zwischen beiden Arbeiten gefasst werden. Siegfried E. Mayers Bühne bleibt im ersten Teil leer, gewährt durch ein gewaltiges Loch im Bühnenhintergrund per Projektionen Blicke auf Putz-utensilien, Märchenwolf, Königspalast. Symbole an Cinderellas Schicksalsweg vom drangsalierten Stiefkind zum Liebesglück in Prinzenarmen. Hinzu gesellt sich später die riesenhafte Plastik eines Frauenschuhs als dem letzten Schlüssel zum Glück.

Vor diesem Hintergrund bleibt Taylor mit Darstellungs-Pantomimik und weitgehend traditionellem Figurenrepertoire im Grundsatz zwar beim romantischen Erzählgestus. Doch eingeflochten sind zahlreiche auch freche bis frivole Brechungen. Zusammen mit den nicht länger historisierenden Kostümen von Gera Graf katapultieren diese das Werk nachhaltig aus der ursprünglichen Handlungszeit, 18. Jahrhundert, hinaus.

Die auffallendste Brechung ist die Besetzung der beiden Stiefschwestern von Cinderella mit Männern. Im Trio infernale mit Michelle Branson als böser Stiefmutter eralbern sich Michael Jeske und Nathaniel M. Yelton via süffiger Stolpertravestie die Sympathien der Menge. Quasi als Nebenwirkung ergeben sich beim familiären Tanzunterricht schöne Aussichten auf abgestufte Varianten von Tanzästhetik: Über die eigenen Füße fallend die Proll-Schwestern; maniriert, aber gekonnt die Mutter; mit federleichter Raffinesse die belehrende Fee (Yolanda Bretones Borra); in gefühlserfüllter Anmut schließlich Cinderella.

Irina Golovatskaia zuzuschauen, wie sie die Titelrolle von ersten zaghaft tastenden Tanzschritten über schüchterne Annäherung an den Prinzen zur selbstbewussten Liebesforderung/-hingabe entfaltet, ist das Zentralerlebnis des Abends. Schade, dass dabei ihr rotes, unter der Brust gerafftes, dann in die Weite fließendes Ballkleid zu viel von ihrem weich und rund sich aus den Schenkeln und der Hüfte aufbauenden Eigen-Stil verdeckt.

In der eleganten Strenge von Ross McDermotts Prinz findet sie die passende Dreh- angel. Gemeinsam zeigen die beiden etliche komplizierte wie hinreißende Figuren, die ahnen lassen, dass da noch einiges mehr möglich wäre. Ohnehin möchte man Taylor ermutigen, manchem Compagniemitglied höhere Schwierigkeiten abzuverlangen. Etwa auch Aron Lengyel, der furios die insgesamt spannungsvoll wirkende Crew der männlichen Prinzenbegleiter anführte.

Unter betulichen Längen litt das Ballett der Feen. Wofür die Rheinische Philharmonie unter Anton Marik mit satter, farbenreicher Prokofjew-Interpretation entschädigte. In Summa eine Ballettproduktion, die nach örtlichen Maßstäben fabelhaft ist.
 
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