Kritiken Theater
eMail an pecht.info • eMail to pecht.info • contact pecht.infoeMail
zum Artikel
eMail an webmaster • eMail to webmaster • contact webmastereMail an webmaster Seitenübersicht • sitemap • Plan du siteÜbersicht sitemap Seite drucken • site print • imprimer siteArtikel drucken

2005-05-14: Theater
Reizend skurriles Anti-Stück
Absurder Realismus
 
ape. Bonn. Mr. Smith heißt in Bonn Herr Smith; und weder schmaucht er Pfeife noch sitzt er am Kamin oder liest die "Times". Ute Heisekes Kulisse stellt statt eines englischen Großbürgersalons ein modernistisches Labyrinth aus grauen Vierkantsäulen vor. Regisseur Stefan Krebs ignoriert bei seiner Inszenierung von "Die Kahle Sängerin" auf der Werkstattbühne im Bonner Opernhaus die Anweisungen des Autors Eugéne Inonesco. Dennoch bleibt das 1950 uraufgeführte "Anti-Stück" in elf Szenen very british: Sein skurriler Humor wird vom sechsköpfigen Ensemble in genau auf den Punkt gespieltem Understatement entfaltet.
 
Das Publikum gluckst, kichert, bisweilen brechen sich laute Lacher Bahn. Das "Anti-Stück" fesselt, reißt mit, obwohl es fast nichts zu erzählen hat. Herr und Frau Smith in gepflegt-familiärer Abendkonversation. Birte Schrein lässt in gezierter Noblesse die Vor- und Nachteile des eben eingenommenen Nachtmahls aus Suppe, Fisch und Kartoffeln, Torte noch einmal Revue passieren. Nito Torres y Soria gibt dazu den schweigenden Gentleman, zeiht hernach die Gattin dezent der Doofheit. Was diese ihrerseits mit damenhaftem Beleidigtsein beantwortet, woraufhin er ...

Fast spielt es keine Rolle, was jeder so redet, denn man redet vor allem aneinander vorbei. Autor Ionesco - in den 50ern/60ern des 20. Jahrhunderts ein Großer des grotesken, doppelbödigen Theaters - parodiert die leere Konversation des Boulevardtheaters wie des realen Alltags. Seine Sprache folgt keiner Verständigungslogik - die da reden, haben sich in Wahrheit nichts zu sagen.

Zu Besuch kommt das Ehepaar Martin. Nur müssen Yorck Dippe und Kornelia Lüdorff in einem herrlich absurden Dialogspiel ihre beiden Figuren erst einmal dahinter kommen lassen, dass sie verheiratet sind. Sie begegnen sich als völlig Fremde, rekonstruieren ein Zusammengehören aus objektiven Schnittmengen wie Wohnort, Bett, Tochter. In ihrer vordergründigen Abwegigkeit eine umwerfend komische, in ihrem Verweischarakter aber bitterböse Szene.

Zu den vier Gestalten, deren Konversation mal an steifer Benimm-Konvention erstickt, mal zur spitzigen Angifterei aufschäumt, tritt eine fünfte Type. Hendrik Richter geriert sich erst als Comedy-Kreischer, outet sich dann als Feuerwehrhauptmann auf gestrenger Diensttour. Schließlich verschafft er mit sinnlosen Fabeln der feinen Gesellschaft langweilige Kurzweil.

Verrückt das Ganze? Aber ja, wunderbar verrückt - und auf schier wunderbare Weise auch wahr: Sprechen, das sich als Kette von Worthülsen entlarvt; Beziehungen, die eifrig vorgeführt werden, aber keine sind; Vornehmheit, die an der Fleischlichkeit und der Klugheit eines Dienstmädchens (Patrycia Ziolkowska) zerschellt.
 
was ist Ihnen dieser Artikel
und www.pecht.info wert?
 
eMail an pecht.info • eMail to pecht.info • contact pecht.infoeMail
zum Artikel
eMail an webmaster • eMail to webmaster • contact webmastereMail an webmaster Seitenanfang • go top • aller en-hautan den Anfang Seite drucken • site print • imprimer siteArtikel drucken