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2005-08-23:
Begegnung mit dem Spitzennachwuchs
MMM in Braubach: Reine Kammermusikkunst
 
ape. Braubach. Von der Besucherzahl her ist das Kammermusikfest Braubach ein eher bescheidener Baustein zu den Mittelrhein Musik Momenten (MMM). Vielleicht aber schlägt im historischen Barbarakirchlein das eigentliche Herz des Sommerfestivals im Welterbegebiet. Denn hier geht es nur um Musikkunst, um nichts sonst. Hier wird weder diniert noch gekalauert oder gefeuerwerkt. Hier spielt das Wetter keine Hauptrolle und sind die akustischen Verhältnisse nahezu ideal.
 
Die drei Konzerte des zurückliegenden Wochenendes verbanden sich zu einer Zeitreise; beginnend im 18. Jahrhundert bei Bach und Mozart. Fortschreitend ins romantische 19. zu Brahms, Chopin, Liszt. Im 20. bei Prokofjew wie Strawinsky Station machend. Die Reise endete im 21. Jahrhundert bei der 2001 uraufgeführten Konzertversion der Kammeroper "Death knocks" des Trierer Gegenwartskomponisten Christian Jost.

Wie Strawinskys berühmte "Geschichte vom Soldaten" von 1918 handelt auch Josts Arbeit (nach einem Libretto von Woody Allen) von faustischen Händeln einfacher Menschlein mit den Gevattern Tod und Teufel.

Romantische Harmonie

Beide Werke ergänzen sich in Braubach mit ihren das klassisch-romantische Harmoniegefühl sprengenden Anlagen zum fordernden Abend. Wie das Ensemble erstklassiger Musiker aus den Reihen der Berliner Sinfoniker teils unter Josts eigenhändigem Dirigat musiziert, werden die sperrigen Stücke dennoch zum überaus inte-ressanten Erlebnis. Kulinarische Unterhaltung mag etwas anderes sein, aber Kunst und Kulinarik haben ohnehin nur bedingt miteinander zu tun. Wer die Braubacher Konzerte übersah, hat etwas verpasst. Den Auftritt des Geigers Sergey Khachatryan etwa, erster Preisträger des Brüsseler Königin-Elisabeth-Wettbewerbs 2005. Der 20-Jährige - in intimer Korrespondenz am Piano von seiner Schwester begleitet - pflegt eine konzentrierte, uneitle und von Manierismen freie Spielweise.

Zupackendes Vibrato

Sein kleinwelliges, aber zupackendes Vibrato erzeugt einen warmen und doch völlig schmalzfreien Ton. Damit hält er Mozart zwischen verspielter Leichtigkeit und herzensernster Wehmut in der Balance, kontrastiert bei Brahms wunderbar singendes Sentiment und dramatische Expressivität.

Liebling des Publikums ist in Braubach zu Recht ein noch nicht 18-jähriges Mädchen: die französische Pianistin Lise de la Salle. Atemberaubend ihr spieltechnisches Vermögen, das sie bei ihrem Solo-abend mit dem Mephisto-Walzer Nr.1 demonstriert, einem von Franz Liszts schier unspielbaren Fingerbrechern. Weit beeindruckender noch als die auf Meisterniveau anzusiedelnde Fingerfertigkeit ist, was der Backfisch künstlerisch damit macht: Bachs komplexe Strukturen als beseeltes Ganzes durchhörbar; Mozarts Klaviersonate Nr. 6 zu einem frech-eigensinnig pointierten Spiel mit Effekten und Affekten; Prokofjews "Romeo und Julia" zu einem suchenden wie auskostenden Berühren ambivalenter Herzensfragen.

So bot MMM in Braubach auch eine Begegnung mit zwei Talenten der jüngsten Musikergeneration von angehendem Weltrang. Beglückend.
 
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