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2005-09-22: Konzert
Konzert zwischen Polit-Prognosen
Gelungener Abschluss der Mendelssohn-Tage
 
ape. Koblenz. Glückliche Umstände sehen anders aus. Als das Abschlusskonzert der Koblenzer Mendelssohn-Tage vor Monaten terminiert wurde, dachte noch kein Mensch an Bundestagswahlen. Das Konzert war ursprünglich avisiert fürs Koblenzer Schloss; dass in der Bundesliegenschaft die Miete unbezahlbar würde, konnte der veranstaltende Mendelssohn-Verein ebenfalls nicht vorhersehen. Kurzum, die Umstände erzwangen erst einen Umzug in die Rhein-Mosel-Halle, dann ein Arrangement mit der spannendsten Wahl seit Jahren. So blieb das Publikum ein kleines und verbrachte die Pause auf seltsame Weise: bei Hochrechnungen vor eigens aufgestellten Fernsehern.
 
Für das Konzert selbst gilt, wie schon im vergangenen Jahr: Wer nicht da war, hat etwas verpasst. Von Felix Mendelssohn Bartholdy, dem Namensgeber des Festivals, gab es die Hebriden-Ouvertüre und das erste Klavierkonzert. Klingende Natur-Impressionen, inspiriert von einem Besuch des 20-jährigen Komponisten 1829 auf den Hebriden-Inseln, eröffnen mit pastoraler Süße und warmherziger Farbenpracht. Dirigent Aleksandar Markovic lässt die Rheinische mitsamt Zuhörern darin schwelgen.

Das erste Klavierkonzert genießt bei einigen gestrengen Strukturhörern nicht eben hohes Ansehen. Mendelssohn hatte es 1831 in nicht einmal einer halben Woche aufs Papier geworfen - dem Herzen einer jungen Dame galt das Ungestüm. Der Pianistin Konstanze Eickhorst kommt in Koblenz nach getaner Arbeit dennoch berechtigter Jubel zu. Perlende, schmeichelnde Kaskaden oder schäumende Eruptionen entlockt sie dem - nach langen Jahren etwas abgenudelt klingenden - Flügel. Hinreißend, wo sie weich aufspielen kann. Überzeugend aber auch beim Zupacken. Schmunzelndes Staunen machend bei fabelhaft gearbeiteten schalkhaften Akzenten im dritten Satz. Tadellos die solistischen Dialoge mit dem Orchester; prima an anderen Stellen die Verwebung des Klavierklangs mit dem Or-chesterklang.

Pause. Hochrechnungen. Diskussionen. Danach eine Herausforderung für Musiker wie Publikum: Die Dritte Sinfonie von Karl Amadeus Hartmann, entstanden 1948/49 - in Gedanken auch an den großen Krieg und die Gaskammer-Barbarei. Ein Werk, das mit Trauertrommel und Kammermusik leise sinnierend beginnt, um sich nach 35 Takten allmählich zu dem aufzuschwingen, was es uns die übrige Zeit sein wird: Ein gewaltiger Brocken, der sich als schwere Last aufs Gemüt legt. Dieser zu Unrecht schier unbekannte Hartmann erinnert im Gestus an Gustav Mahler, bezieht sein Harmonien meidendes Tonmaterial allerdings aus der Moderne. Klagende Elegie versus donnernd-zornige Anklage: Hartmann kennt kein Pardon - und der erst 29-jährige Markovic wird diesem Geist gerecht, indem er die Philharmoniker sicher durch die Klüfte abrupt wechselnder, ja gegeneinander laufender Rhythmen, zerrissener Fugen, unkalkulierbarer Akkord-Cluster und kaum berechenbarer Stimmungs- und Klangbrüche führt.
 
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