Kolumne Begegnungen regional
Thema Menschen / Initiativen
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2006-11-05:
Wilbert und seine Netzwerke
Dritte Begegnung von Andreas Pecht: Der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Koblenz als Kultur-Akteur
 
ape. KOBLENZ. Warum Karl-Jürgen Wilbert? Was prädestiniert den Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Koblenz für Andreas Pechts "Begegnungen" mit Persönlichkeiten des hiesigen Kulturlebens? Die Antwort des Autors ist für Einheimische so einleuchtend, wie sie für Auswärtige erstaunlich sein mag: Bei jedem zweiten Kulturthema in Koblenz stoße man auf Wilbert"sche Ideen, Initiativen, Kooperationen, Netzwerke. Der 64-jährige Handwerksfunktionär hat seit vielen Jahren beträchtlichen Einfluss in der Region, auch auf das Kulturleben.
 
Unsere "Begegnung" findet in jenem Büro statt, von dem aus Karl-Jürgen Wilbert seit 1976 die Geschicke der Handwerkskammer steuert sowie eine Vielzahl regional- und gesellschaftspolitischer, auch kultureller Fäden spinnt und verknüpft. Ein großer Raum, nicht protzig, aber von selbstbewusst neuzeitlicher Gediegenheit. An der runden Konferenztafel diesseits des ausladenden Schreibtisches saßen mit Wilbert schon Stadtpolitiker und Minister, Intendanten und andere Hochmögende beisammen.

Der Gedanke, dass an diesem Tisch Regionalgeschichte mitgeschrieben wurde, hat auch etwas Einschüchterndes. Blöde Anwandlung. Die man wie wieder los wird? Mit der gleichen Methode, die schon bei Ministerpräsidenten oder Kulturministern hilfreich war: Man denke, gut republikanisch, "Bürger" Beck oder Zöllner oder jetzt eben Wilbert - und falle mit der Tür ins Haus: Ich höre, es gibt in Sachen Orchesterstiftung zwischen Ihnen und Herbert Grohe, dem Vorsitzenden des Freundeskreises der Rheinischen Philharmonie, erhebliche Missstimmungen.

Wilbert bestreitet das nicht. Er erzählt von der Anfrage des Kulturministers, ob er sich nicht der Gründung einer
Koblenzer Orchesterstiftung annehmen wolle. Wilbert und Zöllner kennen sich, etwa aus der gemeinsamen Arbeit im SWR-Rundfunkrat. Man plaudert, der Koblenzer ist nicht abgeneigt, "wenn die Sache sinnvoll ist und auch etwas Spaß macht". Er denkt an Synergien mit der eben aus der Taufe gehobenen Universitätsstiftung, der er vorsteht. Er denkt auch an die 40 000 Euro, die Zöllner ihm gegenüber zuletzt als Beitrag des Ministeriums zur Orchesterstiftung zugesagt habe. "Das ist viel mehr, als bisher erwartet, Nachschlag denkbar", bemerkt Wilbert.

Befremden über Zöllner

Zöllners Bitte an Wilbert stieß bei Beobachtern auf Befremden. Denn: Zu jenem Zeitpunkt waren bereits Grohe und der Orchesterfreundeskreis mit den Stiftungsvorbereitungen zugange. Dort konnte der Mainzer Vorstoß nur als Affront verstanden werden, womöglich gar als Kabale, den Kern der vormaligen Protestbewegung gegen Zöllners Orchesterreform von der Stiftung fern zu halten. Weiß der Minister, dass sein Vorgehen alte Wunden wieder aufreißt? Der Mainzer Flurfunk lässt sich so deuten: In den Amtsstuben ist man sich der Koblenzer Empfindlichkeiten nicht recht bewusst.

Weil Grohe und Wilbert zwei an Erfahrung reiche Herren sind, haben sie versucht, das Stiftungsboot gemeinsam zu rudern. Doch bereits bei der Frage, wohin die Reise gehen soll, gab es Differenzen: Ein erster Satzungsentwurf aus Wilberts Umfeld verallgemeinerte die Orchesterstiftung quasi zu einer Kob-lenzer Kulturstiftung. Darüber war Grohe wenig amused, und auch bei der Rheinischen Philharmonie überwog dem Vernehmen nach Stirnrunzeln. Seither haben sich die Fronten eher verhärtet - weshalb es den ums Gelingen der Orchesterstiftung besorgten Musikfreund freut, bei dieser "Begegnung" von Wilbert einen neuen Zungenschlag zu hören: "Ich muss das nicht haben. Wir wollen prüfen und nachdenken, welcher Weg zur Orchesterstiftung der sinnvollste ist."

Der Mann hat die Ruhe weg. Nach 34 Jahren bei der Handwerkskammer, 29 davon als Hauptgeschäftsführer, und ein Jahr vor seinem 65. Geburtstag scheint Gelassenheit zentrales Merkmal des zweifachen Ehrendoktors und Honorarkonsuls der Republik Bulgarien. Der Sohn eines Horchheimer Konditors und studierte Jurist ist mit Leib und Seele Koblenzer und Mittelrheiner. Ebenso ist er mit Leib und Seele Vertreter des Handwerks. Mit ihm nur über Kultur reden zu wollen, geht nicht. "Ich denke immer vom einzelnen Handwerksbetrieb aus", beschreibt Wilbert seine Maxime. Von da kommt er sowohl zu einem breiten Beratungs- und Fortbildungsangebot fürs Handwerk wie auch zum gesellschaftlichen und kulturellen Engagement als Kammerfunktionär.

Für ihn hat alles mit allem zu tun. Handwerk und Hochschulen etwa müssen künftig noch mehr Partner werden; auch im Sinne einer wechselseitigen Öffnung für die jeweiligen Menschen und Innovationen. Dies ist eine der Triebfedern für seinen Einsatz im Freundeskreis der Universität. Eine andere funktioniert so: "Handwerk steht permanent im Kontakt zu den Menschen in der Region, ist Teil der Region, damit auch am wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Gedeihen der Region interessiert." Hat er mit dieser Ansicht bei seiner Klientel nicht bisweilen ein Vermittlungsproblem?

"Wäre das auf längere Sicht so, die Selbstverwaltungsorgane der HwK würden mir bald einen Riegel vorschieben." Das war nie der Fall, also kann der Gedanke auch umgekehrt gedacht werden, als Verpflichtung: "Ein HwK-Geschäftsführer, der künftige Entwicklungen nicht antizipiert, ist sein Geld nicht wert," sagt Wilbert und begründet damit gleichermaßen den Bau des neuen HwK-Kompetenzzentrums wie sein und der Kammer Auslandsengagement. "Die Alterung der Gesellschaft wirft doch auch für das Handwerk die Frage auf: Woher soll demnächst der qualifizierte Nachwuchs kommen?"

Alles hat mit allem zu tun, weshalb Wilbert für ein stärkeres Zusammenwachsen von Stadt und Universität wirbt. Die Verbund-Konstruktion mit Landau hält er für "unglücklich". "Dass das Präsidialamt der Uni Koblenz-Landau in Mainz sitzt, ist" ... absurd - ergänze ich, weil er kopfschüttelnd mitten im Satz abbricht. Im Übrigen gibt er sich überzeugt, dass es nicht mehr lange dauert, bis die Uni Koblenz selbstständig ist. Derweil knüpft er auch mit Musik weiter an seinem Netzwerk. Die beharrliche Systematik der Mozart-Pflege am Ort durch die von ihm 1997 ins Leben gerufenen "Koblenzer Konzerte" bringt Uni-Freundeskreis, Rheinische Philharmonie, Sparkasse, SWR und RZ zusammen.

Mozart hat in Wilberts Augen eine herausgehobene Stellung unter den Komponisten. Darum ließ sich der HwK-Hauptgeschäftsführer im vergangenen Jahr von Bert Flöck, dem Chef des Stadtmarketings, nicht lange bitten, und übernahm die Rolle des Koordinators für ein Gemeinschaftsprogramm diverser Koblenzer Institutionen zum Mozart-Jahr 2006. Doch diesen Job hat er unlängst hingeschmissen. Nun heißt es für den Fragesteller: bohren. Denn weil in Koblenz keiner öffentlich Tacheles redet, wissen wir bis heute nicht, wer oder was Wilbert derart vergrault hat. Hier wird der Befragte vage. Er erinnert an seine vielfachen Bemühungen, "die Möglichkeiten der Region zusammenzubringen, zu bündeln." Was niemand bestreitet. Die positiven Impulse von Wilberts Netzknüpferei für Stadt und Mittelrhein während dreier Jahrzehnte werden ausdrücklich anerkannt. Aber warum ging das just beim Mozart-Jahr in die Hose? Es hilft kein Nachrücken oder Sticheln - gelassen und freundlich bleibt Wilbert stur bei seiner Linie: "Ich werde Ross und Reiter hier nicht nennen."

Und das Mozart-Jahr?

Kann denn dann aus dem Koblenzer Mozart-Jahr überhaupt was Gescheites werden? Sicher das - und er lässt eine 20 Programmpunkte umfassende Planung bringen, die Mozart-Veranstaltungen der Handwerkskammer, des Uni-Freundeskreises, des Förderkreises Wirtschaft und Wissenschaft sowie von Rotary Club und Länderausschuss Deutschland-Bulgarien umfasst. Die zusammen sind Wilberts "wir", und von denen sagt er: "Wir werden zum Mozart-Jahr beitragen, was wir können." Das entspricht fast wortgleich der Mozart-Linie Rainer Neumanns für die Rheinische Philharmonie. Also scheint zwar ein bunter Veranstaltungsreigen für 2006 gesichert, ein gemeinsames Dach dafür ist allerdings nirgends in Sicht.

2006 endet Wilberts reguläres Berufsleben; eigentlich. "Auch HwK-Hauptgeschäftsführer werden 65" reagiert er doppeldeutig auf die Frage nach dem "Danach". Dass diser Mann sich einfach zur Ruhe setzt, ist unvorstellbar. Jetzt freut er sich erst mal auf die große Handwerksausstellung im Landesmuseum, die 2006 den Anstoß für eine permanente Präsenz des Handwerks in der dortigen Dauerausstellung gibt. Eine weitere Masche in Karl-Jürgen Wilberts großem Netzwerk - das seinem Knüpfer noch für manches Jahr allerhand Betätigungsfelder bietet.
 
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