Kritiken Theater
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2005-12-12: Theater
Goldoni seziert feine Leute
Janusz Kica inszenierte "Trilogie der Sommerfrische" in Mainz
 
ape. Mainz. Draußen, ein paar Schritte nur vom Mainzer Staatstheater entfernt, trubelt der Weihnachtsmarkt. Drinnen, auf der Bühne des Kleinen Hauses, tobt feine Gesellschaft durch Reisevorbereitungen. Carlo Goldonis Komödie "Trilogie der Sommerfrische" von 1761 begleitet Kurzweilsüchtige und Heiratswütige auf die alljährlich pflichtgemäße wie kostspielige Landpartie. Für ein paar Wochen wird der Laufsteg der Eitel- und Gehässigkeiten an den Strand verlegt.
 
Janusz Kicas Inszenierung schlägt während dreier Stunden einen sinnbildlichen Bogen. Der Abend beginnt laut und mit turbulenter Schnelligkeit. Der Salon ist mit Koffern überfüllt, dazwischen quirlt die auf Neuzeit getrimmte Komödie: Wir reisen, wir reisen nicht, oder wir reisen nur, wenn jene nicht reist beziehungsweise jener in einem anderen Gefährt als diese ...

Der Abend endet in schierem Stillstand: Bankrotte Leere im Raum, die zuvor luftig-farbenfrohe Kostümerie (Karin Fritz) jetzt in tristem Strick, Körper und Gesichter wie eingefroren, Sätze von bleierner Schwere.

Dazwischen legt der ganze Salon-Guckkasten von der Bühnenrampe ab, schippert die Gesellschaft mitsamt ihren ungelösten Problemchen in die Sommerfrische (Bühne: Annika Fischer). Dort beginnen die Widersprüche erst richtig zu tanzen. Statt Lust nur Last, der mondäne Ferien-Trip ein Fiasko. Das kommt vom Falsch, vom Lug, vom Vortäuschen; davon, dass man größer scheinen will als man ist, dass man Freundschaft säuselt, aber Nutznieß sucht, von Liebe spricht, doch Besitztum meint. Wäre da nicht die Konvention, die Herrschaften würden, statt herzig Bussis zu tauschen, einander Galle ins Gesicht speien und Gift in die Schokolade schütten.

Goldoni hat die vornehme Bankrotteurs-Bagage genau beobachtet. Janusz Kica in Mainz die Beobachtungen zu einem ähnlich genauen Spiel gepackt. Das gilt für die große Szenerie wie für tausenderlei kleine Personalnuancen eines überwiegend trefflich auf komödiantisches Typenspiel eingestellten Ensembles.

Fabelhaft etwa, wie Stephan Bieker seinen Leonardo nervös oder frustriert zappeln lässt zwischen vergeblichem Bemühen um weltmännische Contenance, eingebildeter Liebe zu Giacinta (famos unentschlossen: Wiebke Kayser) und Eifersucht auf ihren zweiten Verehrer Guglielmo (Roman Haselbacher). Wobei seine Sorge wohl weniger der versprochenen Frau gilt, eher der avisierten Mitgift. Die auch nur ein Fake ist, denn über Giacintas Papa kreist ebenfalls der Pleitegeier. Jochen Tovote macht aus diesem Filippo einen allerliebsten Naivling. Der will jedem gut, kann nie nein sagen, muss deshalb stets die Rechnung bezahlen, was ihm indes keiner dankt.

Leonardo heiratet schließlich Giacinta, verheiratet den Nebenbuhler mit seiner Schwester Vittoria (kreischig exaltiert: Tatjana Kästel). Aber da ist die Szenerie schon beim frostigen Showdown angelangt, denn die Liebe - oder was man in diesen Kreisen dafür hält - wird auf dem Altar aus Business und Konvention geopfert. Anbei tröstet ein Schmarotzer eine reiche Witwe, entflammen Diener und Dienerin füreinander, ehelicht die Nichte einer verarmten Lebedame einen Trottel... Die Menschenwelt ist ein Pa-noptikum zum Kranklachen.
 
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