Kolumne: Begegnungen regional
Thema Menschen / Initiativen
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2006-03-05 Begegnungen:
Hans-Jörg Assenmacher und
die Kulturpolitik

Gespräch mit dem Koblenzer CDU-Ratsmitglied über mehr  und über minder drängende Fragen   
 
ape. Koblenz. Mit bisweilen scharfer Zunge bringt Hans-Jörg Assenmacher Pfeffer in manche Koblenzer Stadtratssitzung. Im Gespräch erweist sich der CDU-Kommunalpolitiker als  weltoffenen Kulturbürger, der ebenso nachdenklich wie konfliktfreudig für "sein Koblenz" streitet.
 
"Die Anstrengungen von Herrn Assenmacher, Frau Gellert und mir [gelten] doch stets der Förderung der Kultur in Koblenz." So sprach der grüne Kulturdezernent Detlef Knopp bei der vorigen "Begegnung" über die beiden Wortführer der CDU-Ratsfraktion in Sachen Kultur. Stimmt das, zieht Hans-Jörg Assenmacher mit Herrn Knopp am selben Strang? "Durchaus", erklärt der 1958 in Pfaffendorf Geborene, der schon als 15-jähriger Gymnasiast in die CDU eintrat. Schmunzelnd schiebt er nach: "Aber nicht immer am gleichen Ende."

Sein Verhältnis zum grünen Beigeordneten ist jedoch besser als das zur rot-grünen Stadtführung insgesamt. "Ich komme mit Knopp gut zurecht, nur bei manchen Themen würde ich von ihm einfach mehr erwarten." Knopp und er seien sich beispielsweise einig gewesen, dass eine Zusammenlegung von Volkshochschule (VHS) und Musikschule Unsinn ist. Man habe vereinbart, im Vorfeld der Neubesetzung der VHS-Leitung mal eingehend Perspektiven für die VHS zu besprechen. "Lange war dann gar nichts mehr zu hören, bis die Verwaltung überraschend die Stelle ausschrieb."

Kein konzeptioneller Gedanke, keine inhaltliche Diskussion, stattdessen Verwaltungsakt und fertig - so etwas bringt Assenmacher auf die Palme. Da kann er sich in Rage reden, wobei Rage meint: Die feinen Notarhände stapeln Argument um Argument auf den Tisch, oft zwingend logisch, schneidend in der Sache, freundlich im Ton - zumindest unter vier Augen.

Am besten ist der Mann, wenn er sich der Polemik enthält. Was ihm sichtlich schwer fällt, sobald die Rede auf den Oberbürgermeister kommt. Dann klingt auch dieser sonst angenehme Kulturbürger wie ein - Politiker.

Was allerdings Fakten, Konzepte und "Stadtphilosophie" angeht, ist er ein interessanter Gesprächspartner. Der manchmal an seinen Mitmenschen verzweifeln möchte. Verkehrsdiskussion Clemensplatz und Parkhaus Schloss etwa. "Es sollen am Rhein und gegenüber dem Theater mehr Parkplätze wegfallen, als die neue Tiefgarage bringt. Aber das scheint niemanden zu interessieren." Wenigstens der Kulturdezernent sollte sich Gedanken machen, welche Auswirkungen das auf den Theaterbesuch, überhaupt auf das Kulturleben in der Stadt haben könnte.

Thema Bundesgartenschau: Assenmacher würde, wenn er mehr davon hätte, sich fortwährend die Haare raufen, denn "da ist gar nichts klar, geschweige denn in trockenen Tüchern". 49 Millionen Euro hat das Land an Zuschuss für die baulichen Maßnahmen im Rahmen der Buga in Aussicht gestellt. "Das wären 100 Prozent der von der Stadt vorgesehenen Bauausgaben - das aber ist rechtlich gar nicht zulässig", schüttelt Assenmacher den Kopf und zählt weiter auf: Kein Konzept für die Verbindung zwischen dem Buga-Gelände am Schloss und dem auf dem Ehrenbreitstein. "Stattdessen wird ein Wettbewerb ausgeschrieben, der noch immer die Möglichkeit einer Seilbahn vom Deutschen Eck zur Festung einschließt, obwohl der Denkmalschutz das schon ablehnte, bevor wir Weltkulturerbe geworden sind. Erst recht ist heute eine Zustimmung der Unesco außerordentlich fraglich."

Buga, ein unerschöpfliches Thema, und "völlig überschätzt in ihrer Bedeutung für die Stadt". Assenmacher sieht zurzeit in der Buga-Planung mehr unerforschte Wildnis als abgesteckte Wege. Sollte da nicht jemand einen Notfallplan in der Schublade haben für den Fall, dass Koblenz die Buga doch nicht hinkriegt? Auf dieses Eis mag auch er sich nicht begeben: "Man muss sich den Problemen stellen und endlich Nägel mit Köpfen machen. An ein Ausstiegsszenario denkt im Moment niemand." Soll wohl heißen: Es traut sich keiner.

DAS GELD DER TOURISTIKER

In diesem Zusammenhang plagt ihn noch eine andere Sorge: "Was geschieht mit all dem Geld, dass die Koblenz-Touristik jedes Jahr zurückstellt, statt es für ein richtiges ,Stadtmarketing Kultur" auszugeben?" Assenmacher fürchtet, man lässt da erkleckliche Summen auflaufen, um sie womöglich irgendwann auf einen Rutsch in den klammen Buga-Haushalt zu schieben.

Der CDUler gehört seit 1994 dem Rat der Stadt an. "Aus Neigung" sitzt er seither im Wirtschafts- und im Kulturausschuss. 1999 avancierte er für vier Jahre zum kulturpolitischen Sprecher der CDU-Fraktion, wegen Arbeitsüberlastung gab er das Amt dann an Birgit Gellert ab. Der Mann ist im Hauptberuf Notar, residiert in einer Büroetage Ecke Rizzastraße/Obere Löhr. Schwarzes Mobiliar, metallen abgesetzt; an weißen Wänden hier wilde Modernekunst, da thüringische Naturidylle als Erinnerung an sein notarielles Nachwende-Engagement im Osten, dort ein Merian-Stich mit Blick auf Koblenz und Fort Konstantin. Freie Sicht hinauf zu diesem Fort gewähren realiter zwei Glaswände in Assenmachers Kanzlei.

Restaurierung und Wiederbelebung von Fort Konstantin ist eines der Themen, denen sich der passionierte Zeichner neben Notariat und Stadtrat widmet. Ein anderes ist die Bienko-Stiftung zur Begabtenförderung in der Musikschule. Ein drittes die Vizepräsidentschaft in der Peter-Altmeier-Gesellschaft.

Nicht zuletzt ist er Vorsitzender Direktor der Casino-Gesellschaft, 1808 gegründet und damit die älteste Bürgervereinigung in Koblenz. Obendrein gehört Assenmacher seit seiner Kindheit zu den Abonnenten des Stadttheaters und des Musik-Instituts. "Wenn man die Möglichkeit hat, soll man sich engagieren", lautet eine seiner Maximen. Die verbindet sich mit seinem Selbstverständnis als "Vertreter der bürgerlichen Kultur".

EINE STADTPHILOSOPHIE

Von dorther denkt er auch seine "Stadtphilosophie", wie man den Assenmacher"schen Gesamtblick auf Koblenz bezeichnen könnte. "Es gibt hier ein etwas diffuses Verhältnis zur eigenen Geschichte" bedauert er, und verweist darauf, dass nirgendwo in der Stadt ein systematischer Überblick über deren 2000-jährige Historie zu sehen ist. Dabei handle es sich ja nicht um die Geschichte einer weltvergessenen Einsiedelei, sondern um die einer Nahtstelle in der Mitte Europas.

Weshalb er nicht müde wird, Koblenzer Alleinstellungsmerkmale herauszustreichen. Etwa dieses: In Koblenz liege einer der bedeutendsten historischen Festungsringe der Alten Welt. Oder das: Koblenz ist die Wiege der Bundesrepublik Deutschland, und "die Rittersturz-Konferenz damals haben wir Peter Altmeier zu danken, dem am längsten amtierenden Ministerpräsidenten der Republik". Oder jenes: Das Stadttheater Koblenz sei das älteste noch bespielte Theater Deutschlands.

Beim letzten Punkt geraten wir aneinander, weil Assenmacher eine Idee von Annegret Ritzel gut findet, das Stadttheater in "Residenztheater" oder "Theater an der Residenz" umzubenennen. Das Koblenzer Theater war nie Fürstentheater, war immer Bürgertheater. Wie also kann ein erklärter "Vertreter der bürgerlichen Kultur" eine feudal-nostalgische Näherung befürworten? Befriedende Antwort: "Mir geht es zuerst darum, die Einmaligkeit dieses Theaters besser zu vermarkten. Ob sich der Begriff Residenz eignet oder nicht, ist eine andere Frage."

Keine Frage ist, dass Assenmacher es bedauerlich fände, würde die Diskussion um die Zentralplatz-Bebauung auf die Alternative Kulturbau ODER Grünanlage verkürzt. "Mein Grundgedanke war: Der Zentralplatz muss pulsierendes Herz der Stadt werden; wir müssen deshalb ein Gebilde schaffen, das starke Besucherfrequenz generiert." Er plädiert für einen Multifunktionsbau, der Wechselausstellungshalle für das Mittelrhein-Museum und Welterbe-Zentrum zusammenfasst, am Rande Raum für passendes Gewerbe bietet und obendrein Koblenz als urbane Nahtstelle der Weinregionen Rhein, Mosel, Ahr präsentiert. "Wenn wir das alles zusammenpacken, ist noch unendlich viel Fläche übrig."

Es gehört zu den offenen Geheimnissen, dass Hans-Jörg Assenmacher und der CDU-Grande Michael Hörter nicht immer die allerdicksten Freunde sind. Aber darüber mag er nicht reden - verständlich, mitten im Landtagswahlkampf. Wie ist es überhaupt, das Verhältnis des Kulturbürgers Assenmacher zu seiner Partei? Kultur hat es in allen Parteien schwer, wird allzu oft bloß als "teuer" betrachtet, sagt er. Im Streit um die Orchesterreform hätte er sich ein deutlicheres Auftreten der CDU-Opposition im Landtag gewünscht.

"Die CDU in Koblenz steht zu vielen Dingen, aber gelegentlich müssen Frau Gellert und ich doch auch mit den Parteifreunden ringen. Immerhin haben wir, anders als andere, noch nie die Existenz des Ludwig Museums oder des Rhein-Museums in Frage gestellt."
 
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