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2006-03-19 Konzertkritik: | |
Haydns
Militär-Sinfonie entmilitarisiert Raiskin dirigierte 8. Anrechtskonzert in Koblenz: Sibelius "Finlandia" kompromisslos, Griegs Klavierkonzert etwas hakelig |
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ape. Koblenz.
Das achte Anrechtskonzert war zugleich der dritte Auftritt von Daniel
Raiskin beim Koblenzer Musikinstitut in seiner ersten Saison als
Chefdirigent des Staatsorchesters Rheinische Philharmonie. Er hatte mit
Jean Sibelius´ „Finlandia“ und Edvard
Griegs einzigem
Klavierkonzert (a-Moll op.16) zwei Paradestücke aus dem
skandinavischen Repertoire zu dirigieren. Während diese ihren
Ursprung im späten und mittleren 19. Jahrhundert haben,
schloss
das Konzert in der Rhein-Mosel-Halle mit einem Rückgriff ins
18.,
mit Joseph Haydns „Militär-Sinfonie“. |
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Hinsichtlich
der unmittelbaren Wirkkraft kann Haydns G-Dur-Sinfonie mit den
hochromantischen Gefühlskompositionen des Finnen und des
Norwegers
kaum gleichziehen. Und doch gebührt – wie es
bisweilen auch
im Leben sein kann – dem Senior die Ehre, zu diesem
Konzert
den interessanteren Part beizutragen. Was nicht zuletzt an der
Interpretation liegt, für die sich Daniel Raiskin entschieden
hat. Im musikkundlich notorischen Streit darüber, was Haydn bewogen haben mag, mitten in die allerhübscheste Romanze über das französische Lisette-Lied ein Janitscharen-Korps donnern zu lassen, plädiert Raiskin sympathischer Weise für – Entmilitarisierung. Weit zurückgenommen das soldatische Schlagwerk, wird eine vom hohen Holz (sehr gut!) vorgegebene frühlingsbeschwingte Leichtigkeit prägend. Was sonst in der Sinfonie an militärischen Anwandlungen bleibt, verwandelt sich an diesem Abend in gutmütiges Augenzwinkern: Soldaten-Putz ist Maskerade, Reitermarsch lässt bloß Steckenpferde übers Parkett tanzen. Demgegenüber ist „Finlandia“ eine ernste Sache, die alte Widerständler-Herzen höher schlagen lässt. Sibelius´ Tondichtung wurde 1899 zum Hymnus des kleinen Finnenvolkes gegen die Arroganz der sie knechtenden Zaren-Großmacht. Raiskin gewährt keinen Fußbreit Kulinarik-Nachlass: Er drängt energisch auf voll tönende Entfaltung des Unterdrücktenschmerzes, des Befreiungskampfes, schließlich des Freiheitspathos. Unter der wuchtig entfesselten Emphase leidet die Sauberkeit ein bisschen – was man im Sinne des tief zu fühlenden Werkgeistes aber nachsehen darf. Für Griegs Klavierkonzert von 1868 ist als Solistin eine Finnin engagiert. Eine reizende junge Dame mit formidablem Anschlag und feinem Gespür für das originell aus Schumannscher Romantik und nordischem Kolorit zusammengesetzte Werk. Indes, Laura Mikkola hat ihren eigenen Kopf, und der tickt manchmal um Nuancen anders als derjenige des Koblenzer Chefdirigenten. Raiskin lässt der Dame den Vortritt, führt das Orchester nach den Soli ein ums andere Mal flüssig wieder ans Geschehen heran. Es bleibt allerdings im Gesamteindruck ein gewisser Nachhall von Hakeligkeit. Umso erfreulicher, was etwa im Mittelsatz des Klavierkonzerts aufscheint: Die Streicher liefern, „con sordino“ anhebend, fabelhafte Momente lyrischer Geschlossenheit. |
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