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2006-04-08 Begegnungen:
Berti Hahn und seine Freiheit

Der Kultur-Impressario aus Koblenz-Güls über seine Unabhängigkeit und Zukunftsideen - Begegnung VIII

ape. Koblenz. "Berti muss dabei sein! Eine Zentralfigur der freien Kultur in Koblenz, die obendrein gerne Klartext redet", das war schnell klar , als anfangs über die Personenauswahl für die Serie "Begegnungen" gesprochen wurde. Frühjahr 2006 wäre der beste Termin: Das Jahr, in dem Berti Hahn 50 wird; die Zeit, in der sein Café Hahn 25. Geburtstag feiert. Und so kam es jetzt zur achten "Begegnung".
 
"Ich bin völlig unabhängig!" Der Satz, den Berti Hahn mit Brustton in den Raum stellt, wirkt wie ein Programm. Worauf er zu Beginn dieser "Begegnung" damit in erster Linie pocht, das ist die Unabhängigkeit seines Café Hahn von dauerhafter Subventionierung durch die öffentliche Hand. "Ich bin Geschäftsmann, und mein Geschäft ist die Kultur", sagt er, begründet so das breite, mischkalkulierte Angebot der "Firma Café Hahn" mit dem gleichnamigen Kulturclub in Güls als Dreh- und Angelpunkt.

Sein Geschäft mit freier Kultur zwischen Kunst und Kulinarik, zwischen Jazz und Blues, Comedy und Varieté, Mainstream und Innovativem im Stammhaus oder bei allerlei mittelrheinischen Events brummt. Sieben Tage die Woche Programm; das beengte Büro in einem Ladenlokal vis-à-vis dem Café Hahn wird in Schichten benutzt. Dort geht es zu wie im Taubenschlag. Lieferanten, Kartenabholer, Angestellte geben sich die Klinke in die Hand, die Telefone bimmeln im Dauerbetrieb. Mittendrin im produktiven Chaos hocken wir zur "Begegnung" an Bertis Ecke des kollektiven Schreibtischensembles.

Wollen mal sehen, wie belastbar sie ist, die Hahn"sche Unabhängigkeitserklärung. Bezieht das Café Hahn wirklich keine Subventionen von Land oder Kommune? Das Café selbst bekomme so gut wie nichts. "Etwas anderes sind öffentlich geförderte Kulturveranstaltungen, die andere bei mir oder in Zusammenarbeit mit mir stattfinden lassen. Aber die geben ihr Geld nicht mir, sondern sie geben es im Café Hahn für dessen Leistungen aus." Was ist mit dem Zuschuss, den er für den letzten Umbau des Cafés aus dem Topf der Landeskulturstiftung bekommen hat? "Der war einmalig und ganz streng zweckgebunden an die Einrichtung der Bühnentechnik", sagt Berti. In Mainz ist zu erfahren, dass dieser Zuschuss als Förderung der Auftrittsmöglichkeiten für Kultur im nördlichen Rheinland-Pfalz betrachtet wird.

Akzeptiert. Mal weg vom Geschäft, hin zu den heißen Eisen örtlicher Politik. Was hält der bekennende Koblenzer Berti Hahn von den Plänen für den Zentralplatz? Vielleicht würde er sich aus solchen Themen jetzt lieber raushalten, aber wenn es denn sein muss. Es muss. "Planen können die hier immer prima, aber ...", bricht es aus ihm heraus. Wobei Berti keinen Unterschied zwischen Parteien macht, er den Oberbürgermeister einen "total netten Kerl" nennt, freilich nicht ohne ein "aber" nachzuschieben. Manches von dem, was der über Jahre auch vom giftigen Kabarett beeinflusste Kulturimpressario dann teils drastisch hervorsprudelt, bleibt besser unter vier Ohren. "Die hiesigen Politiker haben Angst vor der eigenen Courage", wäre noch eine der sanfteren Äußerungen. Zum Zentralplatz nur kurz und bündig dieses von Kopfschütteln begleitete Urteil: "Kein Geld für nix, aber einen prächtigen Kulturbau hinstellen wollen."

BUGA? FIND ICH GUT!

Wer nun einen ähnlichen Bescheid Richtung Bundesgartenschau (Buga) erwartet, geht fehl. "Ich finde alles gut, was sich bewegt", beantwortet Berti die entsprechende Frage. Schon den Mut, dass die Stadt sich dafür beworben hat, lobt er. Dass Koblenz den Zuschlag erhielt, freut ihn ungemein: "Das ist eine Superchance für die Stadt, sich zu profilieren. Und selbst wenn am Ende ein Minus in der Buga-Kasse bliebe - wir hätten eine Menge verschönert und baulich gewonnen. Außerdem wäre da noch die Nachwirkung des Werbeeffekts für die Stadt." Aber!

Zum Buga-Enthusiasmus gesellt sich die Berti-eigene Skepsis, was das praktische Vermögen von Ämtern und Räten angeht. Es muss jetzt wirklich etwas passieren, die Buga-Vorbereitungen müssen endlich losgehen, und zwar zügig. Sonst "wird das ein Chaos und ein Schuss in den Ofen". "Man braucht dafür die richtigen Leute", nicht zuletzt für das Kulturprogramm der Buga. Wie stellt er, der erfahrene Macher von Kulturevents, sich ein solches Programm vor? "Worauf es wirklich ankommt, ist: Gutes Nonstop-Programm every day. Jeder Tagesbesucher der Buga muss seine Portion Kultur erleben können. Mit ein paar Highlights an wenigen Tagen ist es nicht getan." Jetzt ist Berti Hahn wieder in seinem Metier, läuft zur Hochform auf: Man hätte ein festes Budget, wäre nicht auf Extra-Eintritt angewiesen; könnte auf dieser Basis sicher planen und organisieren; könnte experimentieren, kreativ rangehen; könnte alle Künste und Sparten einbinden; könnte auch Gauklerfest und Horizonte-Festival jeweils über eine Woche ausdehnen ...

Die richtigen Leute? Wäre er selbst ein Richtiger? Falsche Bescheidenheit war nie Bertis Stärke: "Ich traue mir das zu, und ich geh" da ganz offensiv ran." Gibt es schon Absprachen, gar Verträge? Gibt es nicht. Sollte die Firma Hahn in die Organisation des Buga-Kulturprogramms einsteigen, würde wohl wieder ein altbewährtes Gespann zum Zuge kommen. Von dem heißt es in der hiesigen Szene: Zwischen Berti und Bert gehe kein Blatt. Mit letzterem ist Bert Flöck gemeint, Chef der Koblenz-Touristik. Von dem gab es über die Jahre jede Menge Aufträge für die Firma, weshalb vereinzelte böse Zungen schon von "Seilschaft" sprachen.

Auf diese Provokation hin bläst Berti die Backen auf, legt dann eine Schnellsprech-Suada hin: Flöck eine Supersache; einer, der was bewegt; gemeinsam in Koblenz beruflich gewachsen; vieles zusammen gemacht, immer wieder zusammengearbeitet - "weil es einfach bestens funktioniert hat und die Resultate sich sehen lassen können". Gegenfrage des Provozierten an die bösen Zungen: Warum sollte Flöck anderweitig einkaufen gehen, wenn Hahn alles hat, was Flöck braucht, von umfassenden Künstler- und Szenekontakten über den logistischen Apparat mitsamt entsprechender Erfahrung bis hin zur Zuverlässigkeit im Umgang mit den Finanzen? Nix da "Seilschaft", will er sagen, sondern ein kreatives, sich wechselseitig mit Ideen inspirierendes Duo, das fürs Koblenzer Kulturleben allerhand erreicht hat. Auf dessen Konto gehen immerhin Blumenhof-Festival, Zapfkultur, Gauklerfest, Horizonte-Festival und etliches mehr.

DEINHARD? NICHT MIT MIR!

Anderes Thema: Kann es sein, dass Berti Hahn schmollt, weil er aus der ferneren Nutzung des Deinhard-Geländes raus ist? Nein,
aber ... "mit Deinhard arbeite ich heute nicht mehr". Er habe ein Nutzungskonzept für das Gelände entworfen, sei dann allerdings seinerseits rasch ausgestiegen, als "von den Henkell-Leuten eine Monatsmiete von 25 000 Euro in den Raum gestellt wurde". Bei einer solch "horrenden Grundlast ist mir das Risiko zu groß". Denn: "Das Café Hahn läuft zwar sehr gut, zum Krösus wird man da aber nicht."

Mal Hand aufs Herz, lieber Berti: Muss einem, der sich ein bisschen auskennt in den Metropolen, Koblenz nicht doch als Kulturprovinz vorkommen? Die Antwort schießt ansatzlos über den Schreibtisch: "Auf keinen Fall! Was in dieser Stadt mit gerade 100 000 Einwohnern allein in der freien Szene abgeht, ist enorm. Damit liegen wir, verglichen auch mit größeren Städten, im oberen Bereich." Er verweist auf Circus Maximus, Supp-kultur, Kulturfabrik und natürlich seinen eigenen Laden - ein Kreis, der partiell "auch immer wieder mal was zusammen macht". Über das Gewicht der klassischen Künste, Stadttheater und Philharmonie etwa, "maße ich mir kein Urteil an". Hier wie dort komme es stets auf die Leute an: "Delnon oder Ritzel, auch da gibt es halt Unterschiede."

Wie hält er - der vor 25 Jahren mit kleinen Blues-, Jazz und Kabarettveranstaltungen im väterlichen Café begann - es selbst mit den klassischen Künsten? "Ich entwickle mich, erfreue mich inzwischen auch an Opern, obwohl ich kaum was davon verstehe. Aber das war vor 25 Jahren mit dem Jazz nicht anders: ein Buch mit sieben Siegeln, in das man sich erst mal einlesen muss." Was ihn langweilt, ist Mainstream, auch wenn man darauf in seinem Geschäft nicht verzichten kann. Sagt"s und geht Koffer packen. Denn bevor im Mai fünf Tage lang das Café-Hahn-Jubiläum gefeiert wird, macht Berti Hahn noch ein paar Wochen Urlaub: in Südamerika, bei Freunden.
 
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