Kritiken Theater | |||
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2006-05-01 Schauspiel: | |
Zwei Eheleute suchen einen Fluchthelfer Deutschsprachige Erstaufführung von Neil LaButes Dreipersonen-Stück „Wie es so lief“ in der Werkstatt der Oper Bonn |
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ape. Bonn.
Ein intimes Dreipersonen-Stück wird auf der kleinen
Werkstattbühne der Oper Bonn zum großartigen
Sprechtheater-Abend. Das Stück stammt vom hoch angesehenen
43-jährigen US-Gegenwartsdramatiker Neil LaBute und heißt im
Original „This is how it goes“. In Bonn kam es jetzt unter
dem Titel „Wie es so läuft“ in einer Inszenierung von
Generalintendant Klaus Weise zur Deutschsprachigen Erstaufführung |
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Gesine
Kuhns Bühne besteht aus wenig: Eine magere Lattenkonstruktion
deutet dreiseitig Wände an; der Innenraum bleibt leer, einer
der Mitspieler fordert die Zuseher nachher auf, sich dort mal ein
Einkaufszentrum, mal einen Garten, mal ein Restaurant, mal ein
Wohnzimmer vorzustellen. Mehr braucht es nicht. Der MANN ohne Namen ist
handelnde Person im Dreierspiel und zugleich Erzähler.
Ständig tritt er aus dem Geschehen heraus und spricht „zur
Seite“, zum Publikum: einleitend, überleitend,
erklärend, interpretierend, auch Regieanweisungen ausplaudernd. Dies Wechselspiel von Drinnen und Draußen macht einen der Reize des neuen Werkes aus, das als Zugewinn für den deutschen Stückefundus gelten kann. Theater, die es später übernehmen wollen, benötigen allerdings, soll´s ein Erfolg werden, drei Schauspieler von Format. Dreie wie die in Bonn jetzt, die wissen, wie man unterschwellige Abneigungen oder noch nicht zu Bewusstsein gekommene Zuneigungen spielt, wie man latente Aggression unter ruhiger Oberfläche oder Lebensfrust hinter einer Fassade aus Lebensleichtigkeit ausdrückt. Schauspieler, die mit größter Selbstverständlichkeit auf dem schmalen Grat zwischen der scheinbar ungewollten Komik und der von Hass aufgeladenen Tragik einer alltäglichen gewordenen Ehehölle wandeln können. Denn darum geht es: Um die ganz normale Ehe zwischen der weißen Bellinda und dem farbigen Cody, in die der MANN – ein alter Schulfreund beider – hineinplatzt. Nein, Falilou Seck spielt keinen guten Farbigen. Sein Cody ist ein geschäftlich erfolgreicher, yuppiehafter Griesgram, daheim ein Besserwisser und Chauvi: ein gewöhnlicher Spießer. Bellinda ist eine von Birty Schrein überaus kunstvoll angelegte Frau, eingewoben in ein psychologisches Netz, das sie aufs Doris-Day-Dummchen festlegt, ihr aber diese Unwürdigkeit zugleich bewusst und zuwider werden lässt. York Dippe mimt dazwischen mit fabelhaft zurückhaltender Lakonie den etwas zwielichtigen, vielleicht etwas rassistischen MANN, auf den sich Codys Eifersucht, seiner Gattin Zuneigung, aber beider Hoffnungen auf ein Entkommen aus dieser Ehe richten. LaButes Stück scheint schlicht gewirkt. Diese Schlichtheit jedoch tansportiert das raffiniert konstruierte Ergebnis sehr genauer Betrachtung heutiger Bürgerlichkeit. Diese Art erinnert an den großen Harold Pinter, dem LaBute nicht zufällig sein famoses Stück gewidmet hat. In Bonn steht es als sehenswert intensives Schauspielertheater erstmals auf einer deutschen Bühne. Nachtrag: Birte Schrein verlas namens des Ensembles am Ende der umjubelten Premiere eine Erklärung, die sich gegen aktuelle Überlegungen aussprach, den Bühnen Bonn 8,6 Millionen Euro wegzusparen. Nachdem schon in den Vorjahren 11 Millionen am Theateretat gekürzt worden seien, bestünde nun die Gefahr, dass eine ganze Sparte und/oder die Godesberger Kammerspiele geschlossen würden. |
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