Thema Kultur
Thema Menschen / Initiativen
homezur Startseite eMail an Autor • eMail to author • contact auteureMail an den Autor Seitenübersicht • sitemap • Plan du siteÜbersicht sitemap Seite drucken • site print • imprimer siteArtikel drucken

2006-08-30 Reportage:
Jugendlicher "Figaro" auf
altehrwürdiger Bühne

Im 15. Jahr seines Bestehens führt das Koblenzer Jugendtheater erstmals eine Oper im Stadttheater auf - Einige Eindrücke von den Proben
 
ape. Am Sonntag ist Doppel-Premiere: Die jüngste Produktion des Koblenzer Jugendtheaters geht erstmals vor Publikum, und das geschieht erstmals im Koblenzer Stadttheater. Noch aber steckt Mozarts Oper "Le nozze di Figaro" in den Proben. Von dort einige Eindrücke.
 
Die Produktion einer Oper ist immer ein mühsamer Prozess, der viele Einzelteile verschmelzen muss. Beim "Figaro" des Koblenzer Jugendtheaters ist das noch um einiges komplizierter als im "normalen" Theaterleben. Nehmen wir etwa das Orchester: Die Instrumentalisten kommen aus vier verschiedenen Institutionen, vom Landesjugendorchester, vom Musikgymnasium Montabaur, von der Musikschule Koblenz, dazu stellt die Rheinische Philharmonie ein halbes Dutzend erfahrene Unterstützer.

Das Bild vom Sack voller Flöhe mag Dirigent Christopher Wasmuth dennoch nicht gelten lassen. "Disziplin beim Proben ist kein Problem, die sind alle bis in die Haarspitzen motiviert, gut zu spielen", erklärt der 36-Jährige in der Pause einer Orchesterprobe im Görreshaus. Was ist das Problem? "Sie terminlich unter einen Hut zu bringen. Viele sind auch anderweitig stark engagiert; ihnen klar zu machen, dass dieses Projekt jetzt Vorfahrt haben muss ..." - Wasmuth rollt die Augen, wendet sich dann mit gelassenem Nachdruck der Aufgabe des Augenblicks zu: seinem Jungorchester das "Zurücknehmen" beizubiegen. Kaum einer hat bislang bei einer Oper gespielt, Rücksicht auf Gesangssolisten will gelernt sein. Und ausgerechnet dann leiser spielen zu müssen, wenn gerade die Post abgeht, fällt der Jugend nicht leicht.

Erstmals treffen bei dieser Probe Sänger und Orchester aufeinander. Die Bühnenakteure hatten bis dahin in der Kufa bloß mit Klavierbegleitung am Gesang und der Umsetzung von Christina Gassens Regiekonzept gearbeitet. Das Theater der Kufa war ihre Probebühne. Dort schauten wir letzte Woche beim Feinschleifen zu. Noch mal dieser Aufzug, zum x-ten Mal jene Szene, diesen Streit, jene Umarmung. Die Phase der großen Diskussionen war vorbei, die Spielfolgen saßen, die italienischen Texte auch. Man sang nur noch mit halber Kraft, denn bis zur Premiere ist"s nicht mehr lange hin. Dann würde die volle Stimme gebraucht, wäre Heiserkeit eine Katastrophe.

Denn die Erwartungen an diese Produktion schrauben sich von Tag zu Tag zu höher. "Le nozze di Figaro" ist nicht die erste klassische Oper beim Koblenzer Jugendtheater. Aber diesmal ist sie Zentrum des kleinen Jugendtheater-Jubiläums (15 Jahre), Teil des großen Mozartjahres und spielt obendrein erstmals auf der großen Bühne des ehrwürdigen Koblenzer Stadttheaters. Da wird mehr erwartet und will man auch entschieden mehr zeigen als bloß engagiertes, liebenswertes Jungamateurspiel.

Montag dieser Woche, der letzten vor dem Premierensonntag 3. September: Erstmals treffen nun Orchester, Sänger und Stadttheater aufeinander. "Lieber Himmel, ist die Bühne groß", staunen die, die noch nie auf einer standen. "Ach Gott, ist das hier eng", grummeln etliche Instrumentalisten bei ihrer Erstbegegnung mit einem Orchestergraben. Der Umstand, dass im Graben die Lichtanlage nicht funktioniert, verstärkt das Befremden noch. Dann die Irritationen: Hier, im richtigen Theater, wirkt alles, klingt alles ganz anders.

Regisseurin und Dirigent hatten das bei den Vorproben mitbedacht, sie sind schließlich beide Profis im Theaterfach. Die irritierenden Auswirkungen der Ortsbedingungen auf die Jugendlichen, die noch nie in einem richtigen Theater gearbeitet haben, sind im ersten Moment beträchtlich. Die Sänger hören kaum das Orchester, fast nur sich selbst. In Graben und Zuschauerraum kommen Teile des Gesangs nicht oder nicht richtig an. Die Instrumentalisten müssen in der Unterbühnenkatakombe ihren Gesamtklang wiederfinden.

Und die Zeit bis Sonntag ist so furchtbar knapp. Doch Bange machen gilt nicht, und Solidarität hat bei diesen Jugendlichen augenscheinlich einen hohen Stellenwert. Statt einander zickig zu umlauern, beraten die Alternativbesetzungen einander, Tipps werden gegeben, Erfahrungen ausgetauscht, Beifall bekundet. Schimpfen gilt, Beschimpfen nicht.

Und so wächst dann nach den ersten befremdenden Stunden auf und unter der Stadttheaterbühne doch bald wieder hör- und sehbar zusammen, was bei der Premiere am Sonntag und den fünf nachfolgenden Vorstellungen Kunsterlebnis aus einem Guss sein soll. Wir haben bei Probenbesuchen in Kulturfabrik, Görreshaus und zuletzt Stadttheater oft geschmunzelt und nicht selten gestaunt. Dieser "Figaro" kann was werden.

   Andreas Pecht

 Vorstellungen: 3., 10., 17. September und 3., 7., 29. Oktober. Beginn jeweils 18 Uhr (!), außer 7. Oktober (19.30 Uhr). Kartenvorverkauf: Kasse des Stadttheaters, Clemensstraße, Telefon 0261/129 28 40.

---------------------------------------------------------
Ältere Artikel zum Thema Koblenzer Jugendtheater

2006-06-06 Begegnung X:
Die Passion des 69-jährigen Dieter Servatius:

 Jugendtheater und Kufa

 2005-02-21: Theater
"Die Neuberin" beim
Koblenzer Jugendtheater

---------------------------------------------------------
 
Diesen Artikel weiterempfehlen was ist Ihnen dieser Artikel
und www.pecht.info wert?
 
eMail an Autor • eMail to author • contact auteureMail an den Autor
eMail an webmaster • eMail to webmaster • contact webmastereMail an webmaster Seitenanfang • go top • aller en-hautan den Anfang Seite drucken • site print • imprimer siteArtikel drucken