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2006-09-14 Buchkritik: | |
Christoph Peters wirft wichtige Fragen nachdenklich auf Ein Zimmer im Haus des Krieges“: Kein großer Roman, aber ein hochinteressantes Buch über uns und den Fundamentalismus |
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ape.
Romane von Christoph Peters verdienen Aufmerksamkeit: Handwerklich
fabelhaft gemacht, boten sie bislang stets auch ordentlich
Reibungsfläche für den Kopf. Mit seinem neuen Roman
versucht der Autor etwas Licht in einen düsteren aktuellen
Fragenkomplex zu bringen: Was treibt islamistische Terroristen an? |
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Am
Rhein kennt er sich aus, hat lange in Mainz gelebt. Vielleicht
hängt Christoph Peters deshalb seiner Figur Jochen Sawatzky ein
Vorleben als Frankfurter Junkie und V-Mann der Koblenzer Kripo an.
Beides spielt in dem neuen Roman „Ein Zimmer im Haus des
Krieges“ nur als Elend von gestern eine Rolle, aus dem Sawatzky
sich dank der Erleuchtung durch den Koran befreite. Jetzt sitzt der
30-jährige Konvertit in einem ägyptischen
Hochsicherheitsgefängnis, auf die Hinrichtung wartend. Als Teil
eines muslimischen Terrorkommandos hatte er am Tempel von Luxor ein
Blutbad unter Touristen anrichten wollen. Da der Mann deutscher Staatsbürger ist, bemüht sich Botschafter Claus Cismar um eine Auslieferung Sawatzkys nach Deutschland. Es kommt zu intensiven Gesprächen zwischen dem jetzt fundamentalistischen Muslim und einem Alt-68er, der einst klammheimlich mit der RAF sympathisierte, seinen Revolutionsgeist dann aber der Karriere opferte. Peters Buch ist in der Hauptsache ein großes Philosophieren. Cismar will begreifen, was den überaus intelligenten Sawatzky aus dem eigenen Kulturkreis hinaus und in die Rolle des völlig der Sache ergebenen Gotteskriegers hineingetrieben hat. Dabei stößt er andauernd auf die Fragen seiner eigenen Jugend an das System des Kapitalismus, die Sinnlosigkeit des Tanzes ums Goldene Kalb, die Verlogenheit bürgerlicher Lebensweise. „Macht kaputt, was euch kaputt macht“, die alte Anarchoparole kommt dem deutschen Botschafter wieder in den Sinn, als er Sawatzky gegenübersitzt und dessen religiöse Verdammung der kapitalistischen Vergeblichkeit hört. Christoph Peters hat ein hochinteressantes Werk geschrieben, das immer wieder darauf verweist, dass wir über die geistigen Grundlagen des muslimischen Fundamentalismus fast nichts wissen. Da werden viele berechtigte Fragen aufgeworfen – an die Glaubwürdigkeit des Westens und an die Absichten des Islams, an wohlfeile Libertinage hier und totale Unterwerfung da. So entstand ein kluges, lesenswertes Buch und, weil alle Vorurteile relativerend, ein heutzutage auch mutiges. Nur wirkliche Literatur ist es nicht geworden – dafür reichen einige großartige Atmosphäreszenen über das Leben im Moloch Kairo nicht hin. Andreas Pecht Christoph Peters: "Ein Zimmer im Haus des Krieges", btb, 320 Seiten, 19,95 Euro |
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