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2006-09-25 Schauspielkritik:
Drama über Migrantenprobleme
und Liebeslustentzug

Konstanze Lauterbach inszenierte "Die tätowierte Rose" von Tennessee Williams
am Staatstheater Wiesbaden
 
ape. Wiesbaden. Das Staatstheater Wiesbaden geht mit einem selten gespielten Stück von Tennessee Williams in die Schauspielsaison. Konstanze Lauterbach inszenierte „Die tätowierte Rose“ (1950 uraufgeführt) etwas anders, als der Autor ursprünglich wohl gedacht hatte. Eine Gemeinde sizilianischer Einwanderer im Amerika Ende des Zweiten Weltkrieges: Bei Williams ist das vor allem der Spielraum für ein Volksstück voller Humor und Fleischlichkeit. Bei Lauterbach wird daraus ein Ort, an dem die kulturellen Klüfte zwischen alter Heimat und Neuer Welt Unglück über die Italoamericanos bringen.
 
Im Zentrum Serafina, die so sehr im Totenkult um ihren verstorbenen Mann aufgeht, dass sie sich und Tochter Rosa völlig vernachlässigt. Julia Wieninger spielt diese Frau im Zottelrock und mit wirrem Haar hart am Rande des Wahnsinns. Ein schluriges Weibstrio von Nachbarinnen zerreist sich die Mäuler. Ihr ist´s gleich, sie hat die Urne und Erinnerungen. Sie, die Näherin, lebt zwischen bühnenhohen Vorhängen aus Kleidern und zahllosen Radioapparaten, auf die sich der Betrachter keinen Reim machen kann (Bühne: Andreas Jander). Und sie hat reichlich Religion: Bei ihr lebt die Madonna, stumm, aber in bewegten Posen (eine Tänzerin).

Tochter Rosa schämt sich für die verwahrloste Mama. Und: Sie rebelliert gegen deren Diktat, das sie von der US- Jugendkultur fernhalten will. Diese Rolle ist eine Herausforderung. Denn wie die Regie das Mädchen sieht, kann es sich nicht in Renitenz und jugendlicher Leibeshitze erschöpfen. Stets muss Rosa einen Rest Liebe und Mitleid für die Mutter behalten. Sehenswert, wie Alexandra Finder das hinkriegt.

Wie die Inszenierung Kulturationsprobleme von Migranten unterstreicht, hätte das Stück daran eigentlich genug zu tragen. Für Williams aber war das eher ein Nebenaspekt. Ihm war die Befreiung von Serafinas Lust aus dem Trauergefängnis wichtiger. Da kommt auch die Regie nicht drumherum, weshalb sich gegen Ende der zweieinhalbstündigen Aufführung die Dinge etwas überstürzen. Ähnlichkeiten des LkW-Fahrers Alvaro mit ihrem Mann erlauben Serafina die Rückkehr zu lebendiger Fraulichkeit. Sebastian Münster spielt den Alvaro als Liebeslust-Bedürftigen, nicht als Hallodri.

 Was den Typen indes nicht hindert, die vor Lust blinde Rosa ebenfalls zu vernaschen.  Das kommt davon: Die Mutter hatte Jack (Florian Thunemann), den Freund der entflammten Tochter, schwören lassen, deren Jungfräulichkeit zu achten.  Am Ende ist das Elend aller groß, weil die Libido kein Lebenselixier. So Lauterbach entgegen Williams. Andreas Pecht
 
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