Thema Politik
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2006-11-06 Kommentar:
Zuversicht ist etwas anderes

Zum Klimagipfel in Nairobi
 
ape. Gestern gelesen, eine dieser Hiobsbotschaften, die man jetzt alle Tage finden kann: Die Oktober-Temperatur der Nordsee lag um drei Grad über dem Durchschnitt der Jahre seit 1920. Das Gewässer ist inzwischen ganzjährig um zwei Grad wärmer als vor 1990. Die bereits durch Überfischung gefährdete Fischpopulation der Nordsee wird dadurch existenziell bedroht. So das norwegischen Meeresforschungsinstitut. Eine Bilanz von unzähligen, die belegen: Der Klimawandel droht nicht, er findet statt – jetzt, hier, überall. Wer's noch immer nicht glaubt, lese das Buch „Wir Wettermacher“, auf dass ihm die Augen auf- und übergehen.

Mehr als 20 Jahre hatten Politiker, Industrie und Energiewirtschaft, hatten auch Wissenschaftler auf ernste Warnungen vor dem heraufziehenden Klimawandel so reagiert: Man weiß nichts Genaues, muss erst weiter forschen. Auf diese Weise ging für den Kampf gegen den Klimawandel ein gutes Jahrzehnt verloren. Im Laufe der letzten Monate ist offenbar auch den letzten Zweiflern endlich Erleuchtung zuteil geworden. Nun bekennen plötzlich alle „der Klimawandel ist da“, und wollen plötzlich alle alles tun, um ihn einzudämmen. Die CDU-Kanzlerin und ihr SPD-Umweltminister setzen sich an die Spitze der Bewegung. Dort könnte es etwas eng werden, denn die Energiekonzerne haben schon mal mit ihren Atomkraft-Bannern Aufstellung genommen.

Der Klimawandel ist die größte Herausforderung der Gegenwart und der näheren Zukunft. Darüber herrscht weitgehend Einigkeit bei den 6000 Diplomaten aus 189 Ländern, die zur  Weltklimakonferenz nach Nairobi gekommen sind. Nur, wird das etwas nutzen? Guten Willen gab es schon beim Abschluss des Kioto-Protokolls 1997. Und, hat das etwas genutzt? Ohne den Kioto-Prozess sähe es heute auf der Welt gewiss noch übler aus, heißt es. Stimmt. Leider stimmt auch, dass der globale Kohlendioxid-Ausstoß seit 2000 um jährlich gut ein Prozent s t e i gt, obwohl er bis 2050 um mindestens 50 Prozent sinken müsste, wollten wir unseren Kindern und Kindeskindern das Ärgste an Stürmen, Fluten, Dürren, Wirtschaftskrisen ersparen. Welche Probleme und Ausreden wir haben, interessiert die Natur nicht.  

Wenn Klimaschutz nicht zum politischen Konsens weltweit wird, wird wirtschaftliches Wachstum stets aufs Neue jeden Fortschritt bei der CO2-Bekämpfung wieder auffressen. Allein im globalen Straßenverkehr sind die Emissionen seit 1990 um ein Viertel gestiegen, im Flugverkehr haben sie sich verdoppelt. Und wie steht es mit dem politischen Konsens? Der mit 40 Prozent Weltanteil größte Verursacher von CO2, die USA, nimmt am Kioto-Prozess erst gar nicht teil. So steht es. Und keine Hoffnung, dass doch noch Vernunft  Platz greift, bevor sie der Weltgemeinschaft von Katastrophen kaum vorstellbarer Härte (zu spät) eingeprügelt wird?

Den Kämpfern gegen den Klimawandel tritt nun ein seltsamer Genosse zur Seite: Gewinnstreben. Will sagen: Wessen Unternehmen fix ist, für den kann die Entwicklung von Umwelt- und Katastrophenschutztechniken zum größten Geschäft aller Zeiten werden. Sozialdemokrat Gabriel wird nicht müde, dies zu unterstreichen. Man mag bedauern, dass selbst noch die Rettung der Welt unter geschäftlichen Aspekten verhandelt wird. Aber so schlecht wie die Klimasache steht, und auch nach Nairobi weiter stehen wird, kommt jede Hilfe recht.
Und sei es der geläuterter Arnold Schwarzenegger. Das Misstrauen freilich bleibt: „Zuerst haben die Europäer unsere Rohstoffe geraubt, jetzt wollen sie, dass wir ihnen ihre Windräder abkaufen“, wird ein südafrikanischer Gipfelteilnehmer zitiert. 

Andreas Pecht
 
 
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