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2006-11-23 Romankritik:
Die gelassene Traurigkeit des
Peter Stamm

Schweizer Autor überzeugt mit seinem Roman „An einem Tag wie diesem“
 
ape. „Agnes“, „Blitzeis“, „Ungefähre Landschaft“, „In fremden Gärten“ – Marksteine auf dem Weg des schweizer Schriftstellers Peter Stamm. Ob Roman oder Erzählung, leicht lesbar sind sie allesamt, leicht zu verdauen eher nicht. Darin macht auch Stamms jüngstes Buch, der Roman „An einem Tag wie diesem“, keine Ausnahme. Wieder verläuft die Handlung geradlinig, überschaubar. Wieder ist die Sprache schlicht, sind die Sätze kurz, reduziert aufs Nötigste. Wieder durchwirkt Melancholie, eine Art heiter-gelassener Traurigkeit als Grundstimmung das Werk.
 
"An einem Tag wie diesem" reißt dem Romanhelden Andreas der Geduldsfaden. 20 Jahre lebte der alleinstehende Mann aus der Schweiz in einer Pariser Eigentumswohnung, arbeitete in einer Vorortschule als Deutschlehrer, ging in steter Regelmäßigkeit mit Nadja oder Sylvie ins Bett. Zwei Geliebte, von denen der Anfang-Vierziger keine wirklich liebt, noch braucht, was indes für die Frauen umgekehrt auch gilt. Andreas´ Leben ist eine Abfolge des Immergleichen, ist langweilig, ist leer. Doch der Mann genießt Gleichmaß und Leere.

Man kennt diese Phasen im Leben, während derer die Aussicht auf Abwechslung, Abenteuer, Neuerung eher schreckt, das Eingebettetsein in sich stetig wiederholende Vertrautheit hingegen wohlige Wärme verströmt. Bei Andreas währt die Phase 20 Jahre, wird dann binnen weniger Tage zersetzt. Zwei Anstöße treffen aufeinander: Die von einem Schulbuch ins Bewusstsein gezerrte Erinnerung an die erste, die größte, die nie erklärte und erst recht nicht vollzogene Liebe zu Fabienne; der Verdacht, dass Krebs an Andreas´ Lunge frisst.

Wenn der Sensemann winkt, drängt das Bedürfnis, offen gebliebene Kapitel zuende zu schreiben. Andreas beginnt, die Zelte seines Pariser Lebens abzubrechen; ohne Wehmut, verletzend gleichgültig gegen die Geliebten. Zwischen Lungenarzt und Wohnungsverkauf tritt eine 24-Jährige, Delphine, in sein Leben. Mit ihr macht sich Andreas im klapprigen 2 CV auf in sein Heimatdorf in der Schweiz, dorthin, wo seine Jugendliebe Fabienne heute mit seinem Jugendkumpan Manuel als Familie lebt.

Rückkehr in eine fremd gewordene Kindheitsheimat. Begegnung mit der im schnellen Sex nicht vertrauter werden Fabienne. Abreise der verletzten Delphine. Und Andreas nun völlig vereinsamter Solist auf einer Erde, die er womöglich bald zu verlassen hat. Mit gelassener Neugierde schaut Autor Peter Stamm der Entwicklung seines Protagonisten zu. Was er sieht beschreibt er, Urteile, moralische Wertungen verkneift er sich. Und was er beschreibt, sind immer irgendwie auch Vorkommnisse aus des Lesers Vita, mögen sich die Konstellationen auch noch so fremd sein.

Woher rührt das? Von Stamms Art, die Dialektik des Daseins nicht lauthals zu beweinen, sondern mit lakonischem Schulterzucken als selbstverständlich anzunehmen: Liebe und Einsamkeit, Glück und Unglück, Leben und Tod. „An einem Tag wie diesem“ schließt Andreas mit dem Fabienne-Traum(a) ab, sucht Delphine, um mit ihr noch einmal zu beginnen, was er alsbald verlieren wird: das Leben. Andreas Pecht

Peter Stamm: „An einem Tag wie diesem“, S.Fischer, 205 S., 17,90 Euro.         
 
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