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2006-12-01 Kommentar:
HIV wird auf die leichte Schulter
genommen
und trifft die Armen am schlimmsten

Welt-Aids-Tag 2006: Von einer Eindämmung der Pandemie kann keine Rede sein
 
ape. Heute ist Welt-Aids-Tag. Und wie jedes Jahr seit 1988 wird der 1. Dezember genutzt, um zu bilanzieren: die Ausbreitung der globalen Seuche, die Fortschritte bei deren Bekämpfung, die Entwicklungen  bei der Versorgung der Kranken. Und wie in all den Jahren zuvor  fällt die Bilanz wieder  düster aus, weil trotz einiger Erfolge die Zahl der Neuinfektionen weltweit, ja sogar im heimischen Rheinland-Pfalz, teils dramatisch steigt.
 
2,9 Millionen Aids-Tote, 4,3 Millionen neu mit dem HI-Virus infizierte Menschen, 39,5 Millionen Infizierte insgesamt. Das sind die nackten Zahlen, mit denen Unaids (die UN-Aidsbekämpfungsorganisation) die Lage an der globalen Aids-Front 2006 beschreibt. Für Deutschland ergaben die jüngsten Erhebugen des Robert-Koch-Instituts: 600 Menschen sind in diesem Jahr der Seuche erlegen; 2700 haben sich neu angesteckt; insgesamt sind 56 000 HIV-Infizierte registriert.
Sowohl im Welt- wie im Binnenmaßstab weisen die Zahlen gegenüber den Vorjahren deutlich steigende Tendenz auf. Die Zeiten, da zumindest in den Industrieländern dank offensiver Aufklärung und Prävention die Neuinfektionen rückläufig waren, sind vorbei. Vorgestern erst wurde bekannt, dass sich in Rheinland-Pfalz die HIV-Neuinfektionen 2006 gegenüber 2001 nahezu verdoppelt haben.

Zwei Hauptursachen gibt es in den Industrieländern für diese negative Entwicklung. Erstens scheint ein fataler Zusammenhang zu existieren zwischen den Fortschritten in der medikamentösen Aids-Behandlung und dem Sexualverhalten besonders unter   jungen Menschen. Bis vor kurzem galt die Feststellung einer HIV-Infektion noch als Ankündigung des baldigen Todes. Die jüngsten Kombinationstherapien können das Leben Aids-Kranker über Jahre, bisweilen über Jahrzehnte verlängern. Die Nebenwirkungen sind beträchtlich, von „normalem“ Leben kann kaum die Rede sein – doch als lebensgefährlich wird ungeschützter Geschlechtsverkehr nicht länger empfunden.  Leichtsinn greift um sich.

Die zweite Ursache: Auch in Deutschland haben die Anstrengungen in der Aids-Aufklärung allgemein deutlich nachgelassen. Die großen Kampagnen der frühen 90er über Aids-Gefahr sind vergessen. Die sympathischen Aufklärungsspots im Fernsehen (“Erna, was kosten die Kondome?!!) schon fast Legende. Seither sind mehrere Jahrgänge geschlechtsreif geworden, die eindringliche Aids-Warnungen eher für elterlich-hysterische Übervorsicht halten.

Mit welch gefährlichem Gegner wir es zu tun haben wird beim Blick auf die globale Situation vollends deutlich. Da wurde Aids inzwischen die vierthäufigste Todesursache. Bis 2030, so prognostiziert die Weltgesundheitsorganisation WHO, wird die Immunschwäche auf Platz drei vorgerückt sein. Zwar gibt es einige Fortschritte in der Aids-Bekämpfung und der Aids-Behandlung. Auf dem südamerikanischen Kontinent etwa konnte die Todesrate dank flächendeckender Versorgung mit billigen Anti-Aids-Medikamenten gesenkt werden. Fortschritte gibt es sogar auf dem von der Seuche am heftigsten heimgesuchten Kontinent, Afrika. Unaids spricht von 790 000 Menschenleben, die dort dank verbesserter Bereitstellung von Medikamenten gerettet werden konnten.

Aber es verhält sich mit der Aids-Pandemie so ähnlich wie mit den CO2-Emissionen, die den Klimawandel verursachen: Die Wachstumsraten stellen all die kleinen Erfolge der Problembekämpfung in den Schatten. Ein Drittel aller HIV-Infizierten gibt es auf dem schwarzen Kontinent, in manchen Landstrichen beträgt die Durchseuchungsrate der erwachsenen Population mehr als 30 Prozent. Da geraten Volkswirtschaften ins Wanken.

Beängstigend ist die explosionsartige Zunahme von Aids in Osteuropa sowie in Asien. Und überall werden die armen, vom Schwung einer neuen Zeit, der Globalisierung, entwurzelten Menschen, wird das von der Hand in den Mund lebende Subproletariat von der Seuche am heftigsten heimgesucht.

Natürlich macht das Virus selbst keinen Unterschied zwischen Arm und Reich. Aber nicht zu Unrecht erinnerte die Deutsche Welthungerhilfe gestern daran, dass Mangelernährung die Folgen von Aids verstärkt. Hinzu kommt: Wo es ums nackte Überleben geht, ist für Aufklärung kaum Platz. Aufklärung aber ist das erste und wichtigste Mittel gegen Aids. Danach kommt unmittelbar die kulturelle Akzeptanzgewinnung für den Gebrauch von Kondomen sowie selbstredend deren Verbreitung.

Weil an Kondomen im Kampf gegen Aids kein Weg vorbei führt, wird auch mit Spannung erwartet, welche Schlüsse Papst Benedikt XVI aus einer diesbezüglichen Studie des Päpstlichen Rates für Gesundheitsfragen zieht. Es könnte ein Segen sein, würde die katholische Kirche sich mit einer den Realitäten gemäßen Position in die Anti-Aids-Front einreihen.
 
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