Thema Kultur
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2007-04-28c Vorbericht:
Die Russen kommen wieder an die Lahn

Jüngere und ältere Geschichte trifft sich in der Kunst im Taunus

 
map. Bad Ems/Nassau. Gegensätze können Kunst lebendig machen, Reibungsflächen zu Höhenflügen animieren. Provokant und kreativ zeigt sich die Kunstszene an der Lahn und im Taunus. Drei Projekte stehen für einen programmatischen Ansatz zwischen regionaler Tradition und Internationalität.
 
Das erste Projekt: Ein statisches Koordinatenkreuz soll in Rotation gebracht werden, lautet ein Ziel des Künstlerfestivals „Die Russen kommen“. Schon die Mischung der Veranstalter macht die Gegensätze deutlich. Auf der einen Seite steht die Einrichtung der Landesstiftung Kultur, das Künstlerhaus Schloss Balmoral, auf der anderen die Künstlergemeinschaft Neuwagenmühle. Das Balmoral ist eine fein restaurierte Villa in Bad Ems, die Neuwagenmühle liegt in einem engen Tal mitten im Wald und wird von Vertretern der freien Kunstszene bevölkert. Und doch wollen die so unterschiedlichen Gruppen drei Wochen lang gemeinsam für neue Einsichten sorgen.
 
Das Konzept des Festivals „Die Russen kommen“: Vier russische Künstler bekommen über das Balmoral ein Stipendium und werden dort vier Wochen arbeiten. Derweil quartieren sich deutsche Künstler auf der Neuwagenmühle ein. Immer wieder wird es Programm an beiden Orten geben. „Schon der Satz die Russen kommen, löst in den verschiedenen Generationen unterschiedliche Gefühle aus“, erklärt Birgit Weidmann von der Neuwagenmühle. Die Nachkriegsgeneration erinnert sich an den Kalten Krieg, Jugendliche an das manchmal schwierige Zusammenleben mit Spätaussiedlern. Doch: „Die Kunst hat eine vermittelnde Funktion“, weiß Danièle Perrier, Geschäftsführerin des Schloss Balmoral. Vermittelt werden soll vom 9. bis zum 30. September viel: Es wird zwei Künstlerwanderungen zwischen der Neuwagenmühle und Bad Ems geben; dazu Konzerte, Vorträge und Lesungen. Besonders an den Wochenenden kann die Bevölkerung Teil des Festivals sein, auch auf öffentlichen Plätzen. „Wir wollen die Menschen berühren“, skizziert Weidmann ihr Anliegen, das sie mit Kunstaktionen, World Music und demokratie-theoretischen Exkursen umsetzen will. Mit der Abschlussveranstaltung des Festivals wird zudem ein dauerhafter Kunstwanderweg zwischen Bad Ems und der Neuwagenmühle eröffnet.
 
Das zweite Projekt: Ein bisschen für den Wandel Russlands kann das ehemalige Hotel Balzer in Bad Ems stehen, das 2005 der Abrissbirne zum Opfer fiel. Das über viele Jahre verfallene Landhaus und seine, auch lange von russischen Gästen geprägte Geschichte faszinierte die Künstler, die im Schloss Balmoral residierten. Die Ausstellung „Unverzagt, das Hotel Balzer!“ zeigt elf Werke, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten von Balmoral-Stipendiaten umgesetzt wurden. Die Begeisterung für das Hotel ist kein Wunder, galt der Besitzer Werner Unverzagt doch als schillernde Persönlichkeit mit Hang zum Rebellischen. Während der NS-Zeit rettete er in gefährlichen Aktionen jüdische Familien, in der Nachkriegszeit versuchte er sein Hotel wieder flott zu machen. Zum Eklat mit der Kurstadt kam es in den 1970er-Jahren, als Unverzagt frech forderte, „richtige schicke Callgirls in die Hotels von Bad Ems zu holen“, um den Tourismus anzukurbeln. Das alles sind Episoden, die die Ausstellung der ehemaligen Balmoral-Stipendiaten (4. Juni bis 15. Juli) widerspiegeln.
 
Das dritte Projekt: Von offener Rebellion war der 1757 in Nassau an der Lahn geborene Freiherr vom Stein weit entfernt. Er wollte das preußische Staatswesen aus dem Inneren heraus reformieren, ein Ergebnis ist die noch heute praktizierte kommunale Selbstverwaltung. Was vor 250 Jahren in Nassau begann, wird in diesem Sommer gewürdigt. Ein Freiherr-vom-Stein-Straßenfest in Verbindung mit dem traditionellen Kulturfestival „Spass in Nass“ soll die Menschen auf die Nassauer Straßen holen: Mit Themenmärkten, Kleinkunst, Filmvorführungen und Vorträgen feiern die Nassauer am 11. und 12. August den berühmten Sohn ihrer Stadt.

Geschichte wird lebendig, ob in Nassau, Bad Ems oder dem Mühlental im Taunus. Aber Impulse für die Zukunft sollen folgen, denn: „Die Menschen öffnen, ist immer das Anliegen ernsthafter Künstler“, bringt es Birgit Weidmann von der Neuwagenmühle auf den Punkt.                                                                         Marco Pecht
 
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Infos zu den vorgestellten Veranstaltungen im Internet:
 
„Die Russen kommen“: www.neuwagenmuehle.de
„Unverzagt, Das Hotel Balzer!“: www.balmoral.de
Freiherr-vom-Stein-Straßenfest: www.freiherr-vom-stein-nassau.de
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