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2007-07-25 Kultur:
„Sommerclassics“ feiern ihren
zehnten Geburtstag


Kammermusik-Festival im Kreis Mayne-Koblenz mit charmantem Konzept, aber ungewisser Zukunft

 
ape. Kreis Mayen-Koblenz. So ist das nunmehr seit zehn Jahren „im jungen Landkreis mit Tradition“: Wenn die „Sommerclassics“ beginnen, weiß im Kreis Mayen-Koblenz nicht nur der Musikfreund, dass der Sommer dem Ende entgegen geht. In diesem Jahr beginnt das Festival am 26. August mit einem Jubiläumskonzert zum zehnten Geburtstag in Burg Namedy. Mit einem ebensolchen endet es am 9. September auf Schloss Sayn.
 
Die Terminierung entspricht derjenigen der Vorjahre, weshalb die „Sommerclassics“ quasi traditionell die Rolle des spätesten klassischen Musikfestivals der Sommersaison im nördlichen Rheinland-Pfalz spielen. Mit kompromisslos lupenreinen Programmen klassischer Kammermusik schlagen sie die Brücke zu den regulären Konzert- und Abonnementsreihen der Herbst- und Wintersaison.

Die Konzerte in Namedy und Sayn stehen unter dem Motto „Best of Gililov and friends“, bieten aber unterschiedliche Besetzungen mit unterschiedlichen Programmen. Dem Motto entsprechend bei beiden dabei: Gililov. Gemeint ist Pavel Gililov, Jahrgang 1950, Künstlerischer Leiter der „Sommerclassics“ von Anbeginn, im Hauptberuf Pianist von internationalem Rang und Professor an der Musikhochschule Köln. Der russische Meisterpianist greift also bei zwei der sechs Konzerte des diesjährigen Festivals selbst in die Tasten. Das ist Usus bei diesem Festival wie auch die Verteilung der Konzerte auf diverse Spielstätten quer durch den Landkreis. Die liegen dieses Jahr in Mertloch, Spay, Kobern-Gondorf, Weitersburg und eben in Andernach-Namedy sowie Bendorf-Sayn.

Denn dies war die charmante Idee des Ursprungskonzeptes, mit dem die „Sommerclassics“ 1998 als Projekt des Kreises Mayen-Koblenz an den Start gingen: In jeder der acht Verbandsgemeinden und drei freien Städte des Kreises sollte es jedes Jahr ein Konzert geben. Der sozialkulturelle Gedanke dahinter war: Klassische Musik geht in die Fläche, kommt zu den abseits der Metropolen wohnenden Menschen und nutzt als Konzertraum die am Ort vorhandenen baulichen Kleinode. Ausgeheckt hatten dieses Konzept Hans-Josef Koggel, damals als 1. Kreisbeigeordneter für die Kultur zuständig, und eben Pavel Gililov. Der Kommunalpolitiker und der Künstler lernten sich bei einem Konzert der Villa Musica kennen. Von der gemeinsamen Sache begeistert, bildeten sie bald ein freundschaftlich verbundenes Gespann, ohne das ein solches Festival kaum auf die Beine gekommen wäre.

Koggel kannte die Region, ihre Menschen, ihre Eigenarten, und er wusste sich im Labyrinth der kulturpolitischen Erfordernisse zu bewegen. Obendrein agierte er schon seit den 1980er-Jahren als versierter Konzertveranstalter in seiner Heimatgemeinde Kobern-Gondorf. Dort organisiert er die Reihe KIS = Konzerte im Schloss, dorthin holte er erste Regionalkonzerte der Villa Musica. Bis zu 15 mal klassische Musik pro Jahr gehen in dem kleinen Moselörtchen auf Koggels Engagement zurück. „Und ausverkauft waren meine Konzerte immer“ bemerkt der seit 2002 pensionierte, aber anhaltend aktive Kulturförderer im Gespräch nicht ohne Stolz. Gililov brachte den musikalischen Sachverstand und seine reichhaltigen Kontakte in die Musikwelt ein. Gemeinsam zogen sie durch die Kirchen, Burgen, Säle im Kreis, prüften Ambiente und akustische Qualität.

Gililov konzipierte die für den jeweiligen Raum geeigneten Musikprogramme und engagierte die passenden Künstler. Koggel organisierte die Unterstützung örtlicher Kräfte: „Die Leute vor Ort müssen das Konzert als ihr Konzert begreifen, sonst funktioniert es nicht.“ Beispiel: Als die „Sommerclassics“ erstmals in die Pfarrkirche St. Marien zu Weitersburg kamen, warb der Pfarrer vor der Gemeinde für das Konzert, übernahmen Pfarrgemeinde und Vereine Vorbereitung und Pausenbewirtung, baute die Ortsfeuerwehr das Bühnenpodest auf. Und als kurz vor Konzertbeginn auffiel, dass  der Bühne der Blumenschmuck fehlt, schaffte eine Nachbarin kurzerhand ihre Fenstergeranien herbei.

 Klassische Musik kommt aufs Dorf, aber es ist dennoch klassische Musik von Welt, realisiert durch Musiker von Rang. „Wir wollen auch und gerade hier vor Menschen, die eher selten oder gar erstmals klassischer Kammermusik live begegnen, möglichst hohe Qualität bieten“, umreißt Gililov den Anspruch für das Festival. Und das Publikum dankt solches Bemühen mit gespannter Aufmerksamkeit und Hingabe. „Meine Erfahrung mit den Zuhörern nicht zuletzt in den kleinen Orten des Kreises ist: Sie haben einen regelrechten Hunger danach, die Sphäre der Kunst zu betreten. Hier springt der Funke zwischen Künstlern und Publikum am ehesten über“, schwärmt der mit den großen Konzertsälen wohl vertraute Pianist.

Mit vier Konzerten begannen 1998 die „Sommerclassics“. In Folgejahr waren es sechs, von 2000 bis 2003 wurde das angestrebte Optimum von elf Konzerten erreicht. Danach stand die Fortexistenz des Festivals auf Messers Schneide. Grund: Die Haushaltmisere der Öffentlichen Hand schlug auf die Finanzierung des Festivals durch, die anfängliche Vollfinanzierung durch den Kreis wurde erst halbiert, sank dann auf unter 10 Prozent. Die anfangs von der Kreisverwaltung, inzwischen vom Zweckverband KulturForum Mayen-Koblenz veranstalteten „Sommerclassics“ speisen sich heute finanziell aus Sponsoren- und Eintrittsgeldern, Zuwendungen des Kultursommers Rheinland-Pfalz, des Kreises sowie dessen Kulturstiftung. Infolge des Zuschussrückganges sank die Zahl der Konzerte 2004 auf fünf, liegt heute bei sechs, allerdings zum Teil an wechselnden Spielorten.

Was die Zukunft des Festivals angeht, treiben Gililov Sorgen um. Die finanzielle Decke sei ziemlich dünn geworden, und nicht allerorten gebe es etwa von den Bürgermeistern die Unterstützung, die wünschenswert sei. Wie weiter? Eine Frage, die noch keine abschließende Antwort erlaubt. Der Künstlerische Leiter wälzt diverse Überlegungen hin und her. Die reichen von einer zeitlichen Streckung der Konzerte übers Jahr bis hin zur Umstellung der Finanzierung auf Sponsoringbasis. All diese Überlegungen stünden jedoch erst am Anfang, so Gililov. „Es muss etwas geschehen“, meint auch Klaus Bell. Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Pellenz ist neuer Vorsitzender des KulturForums und damit der politisch Verantwortliche für die „Sommerclassics“. Das Festival „muss wirtschaftlicher werden“, so Bell. „Wir arbeiten daran, es zukunftsfest zu machen.“ Dazu „muss uns noch einiges einfallen“, räumt er ein, ist aber insgesamt optimistisch. „Schließlich bin ich angetreten, um die Sommerclassics zu erhalten.“


Programminfos/Karten: www.sommerclassics.de 

 
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