Kritiken Bücher
homezur Startseite eMail an Autor • eMail to author • contact auteureMail an den Autor Seitenübersicht • sitemap • Plan du siteÜbersicht sitemap Seite drucken • site print • imprimer siteArtikel drucken

2007-09-05 Romankritik:
Schlüssellochblick auf einen
frustriert-egoistischen Nach-68er

Robert Menasses Roman "Don Juan de la Mancha"
 
ape. Robert Menasse hat einen Roman geschrieben, der „unanständig“ beginnt und ebenso endet: mit Liebesspielen unter Zuhilfenahme von Gemüse. Nun kann Unanständigkeit für die Literaturkritik kein Kriterium sein, sie hätte sonst die Mehrzahl aller je bedeutenden Schriftsteller/innen nie aufs Ehrenpodest heben dürfen. Weshalb Menasses „Don Juan de la Mancha“ auch nicht wegen zweckentfremdenden Gebrauches von Chili-Saft und Meerrettich-Wurz zu kritisieren ist.
 
Liebe in all ihren Ausblühungen ist die Würze des Lebens. Folgerichtig gehört auch Sex, selbst sonderbarer, zu den Ur-Stoffen von Literatur; mag er als nur angedeutete Fantasie oder als detailreiches  Leibsgemenge durch die Seiten geistern.  Wenn nur dessen Darstellung gelingt und literarischen Sinn macht. Wenn nicht, wär´s Pornografie. Die ist vor allem eines: Stinklangweilig und ganz unerotisch, wie Romanheld Nathan in einem der besseren Kapitel beim Betrachten einschlägiger Filmchen feststellt.

Obwohl Menasses Buch überwiegend von Sex handelt, ist es nicht pornografisch. Potenzielle Leser seien gewarnt: Außer den beiden mehr skurrilen als animierenden Gemüseeinlagen findet sich  da kaum was. Zwar paradiert durch Nathans Erinnerungen ein Heerzug von Bettgesellinnen, doch die bleiben so oberflächlich geschildert wie Stelldicheins und Beziehungsgerangel auch. Denn dieser Lebemann und Redakteur einer Zeitungsbeilage namens „Leben“ kriegt eine Sache gar nicht hin: Leben. Also auch Lieben nicht. All die Frauen, mit denen er darniederliegt, sie verschaffen ihm nie, was er sucht: Befriedigung, Erlösung gar.

So landet der Nach-68er – wir unterstellen den Jahrgang des Autors, 1954 – als gut 50-Jähriger bei einer Therapeutin. Die heißt ihn eine Reportage über sein Leben schreiben. Das Ergebnis soll wohl dieser Roman sein. Der verquirlt Männerfantasien, Lebensfrust und schnöselige Egozentrik mit mal banalen, mal klugen Lebenserkenntnissen zu einem angeblichen Schlüssellochblick aufs letzte halbe Jahrhundert. Schlüsselloch ja,  Jahrhundert eher nein. 

„Don Juan de la Mancha“ ist so unaufgeräumt wie es die Titel-Chimäre aus größtem Frauenverführer und aus größtem Fantasten der Weltliteratur befürchten lässt. Es ist ein Vater-Sohn-Buch, ein Mutter-Sohn-Buch, ein Nostalgiebuch in Sachen Jugendrebellion, erster eigener Bude, erstes Mal, ein Ehescheitern-Buch, ein Liebhaber-Notizbuch, ein Selbstbespiegelungsbuch... Alles munter zu 83. Kapitelchen verrührt und mit einer dicken Kruste aus cool daher schlenderndem Unernst überzogen.               

Keine Frage: Robert Menasse kann schreiben, hat auch schon wichtige Bücher verfasst. Das jetzige ist weder gekonnt, noch wichtig, kann allenfalls als grinsgesichtiger Zeitvertreiber durchgehen. Ein Rätsel, wie der Roman es auf die Kandidatenliste für den Deutschen Buchpreis geschafft hat.                                                                                                                                  Andreas Pecht

Robert Menasse: „Don Juan de la Mancha“; Suhrkamp, 275 S., 19,40 Euro.

 
Diesen Artikel weiterempfehlen was ist Ihnen dieser Artikel
und www.pecht.info wert?
 
eMail an Autor • eMail to author • contact auteureMail an den Autor
eMail an webmaster • eMail to webmaster • contact webmastereMail an webmaster Seitenanfang • go top • aller en-hautan den Anfang Seite drucken • site print • imprimer siteArtikel drucken