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2008-02-05b Musikpädagogik:
Mit Flöte und Fagott in die Schulen

„Musikalisches Klassenzimmer“: Tausende Kinder haben Niko Maler und Wolfgang Jablonski erlebt  -  Pioniere der Orchester-Jugendarbeit

 
ape. Mittelrhein. Es können 10 000 oder schon 13 000 Schulkinder gewesen sein, die ein „Musikalisches Klassenzimmer“ mit Wolfgang Jablonski und Niko Maler erlebt haben. Die beiden Musiker – der eine Soloflötist, der andere Solofagottist beim Staatsorchester Rheinische Philharmonie (SRP) – zählen ihr kindliches Publikum so genau nicht durch. Aber nach siebenjähriger Rundreise vor allem zu Grundschulen und 138 Auftrittsvormittagen vor 276 Schülergruppen zu je 40 bis 60 neugierigen Köpfen sind die Effekte dieses kontinuierlichen Engagements unverkennbar: „Dich kenn ich“ oder „du warst bei uns in der Schule“ rufen kleine Besucher beim Tag der offenen Tür oder beim Kinderkonzert im Koblenzer SRP-Domizil Görreshaus dem einen wie dem anderen immer wieder zu. Die Berührungspunkte zwischen Schulen und SRP nehmen zu, die Schwellenangst oder Gleichgültigkeit der Schüler gegenüber der klassischen Musikwelt nimmt ab.
 
Unter dem halben Dutzend Formationen von SRP-Musikern, die sich aus eigenem Antrieb neben ihren Orchesterpflichten derzeit der musikalischen Kinder- und Jugendarbeit widmen, ist das Bläser-Duo Jablonski/Maler das wohl meistgereiste. Seit 2001 schlagen sie zwischen Mainz und Bad Neuenahr, Cochem und Altenkirchen mit ihrer launigen, kurzweiligen, warmherzigen und pädagogisch versierten Art Kinder in den Bann der Musik. Anknüpfen an der Lebenswelt dieses speziellen Publikums ist dabei der Grundsatz, demzufolge film- und fernsehbekannte Melodien als Entree, Motivation und Stoff genutzt werden: Kindliche Evergreens von Heidi und der Augsburger Puppenkiste über die Sendung mit der Maus bis zu Pippi Langstrumpf kommen in Eigen-Arrangements für Querflöte und Fagott zum Einsatz, werden vom Publikum rasch aufgegriffen: gesummt, gesungen, geklatscht.

„Aber man muss dranbleiben, verfolgen, was in dieser Generation musikalisch abgeht und welche neuen Musikmotive als Ansprache im Musikalischen Klassenzimmer dienen können“, erklärt Jablonski im Gespräch mit D:U:O. So kommt seit einiger Zeit der Soundtrack der Harry-Potter-Filme zu pädagogischen Ehren. Und Nico Maler prüft im Moment, ob und wie die Filmmusik von „Fluch der Karibik“ für ihre Zweier-Besetzung nutzbar gemacht werden kann. Die Brücke schlagen von der massenmedial geprägten Klangwelt im Kinder-Alltag zu den weniger bekannten oder ganz unbekannten Ufern der klassischen Orchesterwelt, darum geht es. Akustik, Instrumentenkunde, Musikgeschichte: Aus Ratespielen, Gesangsrunden, Klangexperimenten und immer wieder konzertanten Einlagen der beiden Bläser wird ein erstes Netz musikalischer Grundlagen sinnlich erfahren.

Nicht zuletzt geht es um Spaß, um Freude an der Musik und am Musizieren – für die Kinder, aber auch für Jablonski und Maler. „Der Spaßfaktor ist hoch, ist selbst nach all den Jahren hoch geblieben“, so die beiden Musiker übereinstimmend. „Immer wieder erleben wir tolle Kinder, die uns überraschen, auch fordern. Und natürlich ist das für uns auch eine schöne Abwechslung vom Orchesteralltag; eine wertvolle obendrein.“ Am 24. Februar 2008 findet das Musikalische Klassenzimmer mal nicht in einer Schule statt, sondern öffentlich im Görreshaus (11 Uhr).  Diese Matinee unter dem Titel „Kinderstunde“ ist die fünfte in einer Reihe von Benefizveranstaltungen für Ruanda, die Wolfgang Jablonski nach einem Besuch 2002 in dem afrikanischen Land ins Leben gerufen hat. Damals ließ die Begegnung mit einem beinamputierten, bettelnden Kind in ihm den Wunsch aufkommen, „etwas zu machen“. Seither gibt es diese Benefizkonzerte in wechselnden Besetzungen zugunsten Kinderprojekten in Ruanda.

49 Jahre alt und seit 1980 Orchestermitglied, ist Jablonski einer der Pioniere der heutigen  musikalischen Kinder- und Jugendarbeit beim SRP. „Vor zwölf Jahren etwa wurde überlegt, ob man neben den Matinee-Konzerten ‚Stunde der Philharmonie’ nicht auch mal was für Kinder machen könnte.“ Man konnte – und der Flötist wurde nicht nur zum Initiator und Inspirator zahlreicher Kinderkonzerte, sondern schlüpfte dabei in allerlei das junge Publikum motivierende Rollen: Über die Jahre führte er durch ein Tierstimmen-Panoptikum, servierte „musikalische Buchstabensuppe“, steht derzeit in Blaumann und mit Bauhelm einer „musikalischen Wanderbaustelle“ vor. Wolfgang Jablonski freut sich und ist zurecht auch ein bisschen stolz darauf, dass Kinder- und Jugendarbeit inzwischen beim SRP einen sehr hohen Stellenwert einnimmt – nicht zuletzt dank Musikalischem Klassenzimmer und „seiner“ Konzerte fürs junge Publikum.    
                                                                                         Andreas Pecht

(Erstabdruck: 6. Woche, Februar 2008)
 
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