Thema Vortrag
homezur Startseite eMail an Autor • eMail to author • contact auteureMail an den Autor Seitenübersicht • sitemap • Plan du siteÜbersicht sitemap Seite drucken • site print • imprimer siteArtikel drucken

2008-03-02 Konzerteinführung:
Drittes Orchesterkonzert im Görreshaus
der Saison 07/08

Programm: Deutsche Erstaufführung 14. Sinfonie von Kalevi Aho, 25. Sinfonie von Mozart, Burlesken von Sibelius, Romanze op. 26 von Johan Severin Svendsen.

Ausführende: Staatsorchester Rheinische Philharmonie, Jaakko Kuusisto
 
(Unkorrigiertes Manuskript der Konzerteinführung am 2.3.08)  


Meine sehr verehrten Damen und Herrn, liebe Musikfreunde,

ich darf sie recht herzlich zum dritten Orchesterkonzert im Görreshaus für die Saison 2007/08 begrüßen. Und ich hoffe, Sie haben alle die Konfrontation mit Orkan Emma leidlich unbeschadet überstanden

Während der Vorbereitung für diesen Vortrag erwischte ich mich immer wieder beim Fremdgehen. Statt konzentriert aus Musiklexika und einschlägigen fachwissenschaftlichen Werken das Nötige zusammenzusuchen, büchste ich ständig zur Abteilung Literatur und Literaturwissenschaft meiner Regale aus und las mich dort fest. Das hatte  weder mit Drückebergerei vor der Arbeit für den heutigen Nachmittag zu tun, noch mit etwaigen Vorlieben für die eine Kunst gegenüber der anderen. Es war das heutige Konzertprogramm selbst, das mit mannigfachen Bezügen zum literarischen Fach spartenübergreifende Aufmerksamkeit erzwang. Für diejenigen unter Ihnen, die am Vormittag bereits die Literatur-Matinee im hiesigen Stadttheater genießen durften, heißt das: Der heutige  Sonntag bleibt weiter in enger Verbindung zur geschriebenen Kunst.

Die Werke von vier Komponisten stehen uns nachher ins Haus, immerhin drei davon wurzeln auf die eine oder andere Art im literarischen Metier. Vorweg seien sie nur mal kurz angedeutet.
Da hätten wir zum Konzertbeginn Mozarts Sinfonie Nr. 25 g-Moll. Wolfgang Amadeus hat sie 1773 als 18-Jähriger in Salzburg komponiert. Von seiner Machart her, mehr noch wegen seines Geistes nimmt das Werk eine markante Sonderstellung im frühen Schaffen des Genius ein. Verständlich wird die Besonderheit der 25. aber erst beim Blick auf die literarische Strömung des „Sturm und Drang“.
Da hätten wir als nächste Nummer im Konzertprogramm vier Humoresken von Jean Sibelius, dem finnischen Nationalkomponisten. Nun ist die Humoreske allerdings ursprünglich keine musikalische, sondern eben eine literarische Gattung, aufgekommen zur Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert. Erst Robert Schumann hat den Begriff sowie die damit verbundene Denkart und Ästhetik 1839 aus dem Reich der Dichtung in das der Musik übernommen.
Schließlich hätten wir als Drittes die Romanze G-Dur opus 26 für Violine und Orchester vom Norweger Johann Severin Svendsen. Mit der Romanzen-Gattung verhält es sich ganz ähnlich wie mit der Humoreske, nur dass die zeitlichen Dimensionen etwas größer sind. Auch sie entstammt dem literarischen Feld: Die Romanze wurzelt in der romanischen Volkssprache und in der spätmittelalterlichen Lyrik des spanisch-portugiesischen Kulturraumes.

Bevor wir die einzelnen Werke mitsamt ihren Bezügen zur Literatur näher in Augenschein nehmen, lassen sie mich auf den vierten und jüngsten der heute vertretenen Komponisten eingehen. Denn Kalevi Aho und seine 14. Sinfonie  mit dem programmatischen Titel „Rituaaleja“ (=Rituale) tanzen in mehrerer Hinsicht aus der Reihe.
 
Erstens: Mozart starb 1791, Svendsen 1911 und Sibelius 1957. Im Gegensatz zu diesen dreien lebt der 1949 im finnischen Forssa geborene Aho noch. Es handelt sich also um einen unserer Zeitgenossen.
Zweitens: Rituaaleja hat, soweit ich es erkennen kann, mit Literatur eher wenig zu tun, dafür umso mehr mit Ethnologie und Mystik.

Schließlich, drittens, nimmt diese Komposition Ahos in unserem Konzert nachher schon deshalb eine Sonderstellung ein, weil das  Musikstück bisher noch niemals live in Deutschland gespielt wurde. Wir erleben demnach die Deutsche Erstaufführung seiner 14. Sinfonie, die erst im November vom Lapland Chamber Orchestra uraufgeführt wurde – in Rovaniemi, der kleinen Regional-Hauptstadt des Distriktes Lappland, dort, wo es im Winter nie hell wird und auch heutzutage noch ziemlich kalt ist.

Kalevi Aho ist als quasi sinfonischer Nachfahre seines Landsmannes Sibelius im hohen Norden Europas ein bekannter Mann. Er wird in Finnland als vielfach engagiertes Element der heimischen Musikszene erlebt, gilt dort als einer der bedeutendsten Komponisten der Gegenwart. Und musikalisch gesehen, ist er ein wirklich interessanter Zeitgenosse: Aho wird meist als Polystilist charakterisiert, also einer, der das kompositorische Arbeiten mit mehreren ganz unterschiedlichen Musikstilen beherrscht – und auch keine Scheu davor hat, diese Stile in seinen Werken miteinander zu verschmelzen.

Fusion (engl.) nennt man das im Jazz, wenn die Jazzer auch Elemente etwa aus Rock, Funk, Reggea, Klezmer oder Rap verarbeiten. Bei Kalevi Aho gehen Barock, Klassik, Romantik, Neoklassik, Moderne und Postmoderne Verbindungen miteinander ein, die bei seinen Orchesterwerken und Opern häufig zu Monumentalität neigen. Kritik und Musikwissenschaft sehen in seinem Oeuvre Affinitäten ebenso zu Schostakowitsch wie zu Gustav Mahler, zu Alfred Schnittke, zur Zweiten Wiener Schule um Schönberg wie zur Neuen Musik.

Dieser Mann beherrscht das klassische Kompositionshandwerk aus dem ff, mag aber dennoch nicht dabei stehen bleiben. Er reißt die ganze klangliche Welt an sich, geht musikalisch außerordentliche Wagnisse ein und bewegt sich bisweilen hart an der Grenze zum Scheitern.

Hören wir einmal, was Aho kurz nach Fertigstellung seiner 6. Sinfonie 1980 selbst über dieses, sein vielleicht modernstes, Werk, sagte:
„Ich wollte die virtuosen Möglichkeiten des Orchesters und seine individuellen Kräfte erforschen. Es endete in einer rechten Überforderung, egal für welches Orchester: Es ist höllisch für die Streicher, fast jede Stimme ist schwieriger als die großen Violinkonzerte! Als Geiger wußte ich zwar, was für das Instrument möglich ist; ich hatte alle Fingersätze und Bogenstriche bei der Niederschrift im Kopf, aber es wäre vielleicht besser gewesen, die Ausführungsvorschläge gleich mit zu notieren. Im Kopfsatz ereignet sich eine Katastrophe. Das kommt bei mir ja öfter vor. Aber ich habe keine katastrophischen Ideologien. Es gibt einfach so ungeheure Spannungen, etwas muss dabei passieren, und die Struktur zerbricht daran." 

 Das liegt jetzt rund drei Jahrzehnte zurück. Der inzwischen fast 60-Jährige landet nur noch selten im „organisierten Chaos“ einer „Apotheose der Tragödie unserer Zivilisation“, wie der Finne beispielsweise das Finale seiner 4. Sinfonie beschrieb. Wir bekommen es heute mit der 14. Sinfonie zu tun, die sich durch ganz andere Eigentümlichkeiten auszeichnet. Schon der Titel – „Rituale“ – weist hin auf die Richtung, in die es musikalisch geht. Diverse  Rhythmen insbesondere aus den Kulturkreisen des Ostens spielen eine zentrale Rolle. Das Schlagwerk unseres Orchesters hat ordentlich zu tun.

Die Sinfonie gliedert sich in sechs Teile, von denen die beiden Eckteile und ein Mittelstück als Loitsu bezeichnet sind, als Zaubersprüche. Eingeschoben werden zwei Zwischenspiele und eine so genannte Prozession. Jeder Zauberspruch bezieht sich auf einen anderen Gemütszustand. Loitsu I auf Ereiferung, Loitsu II auf Wehmut und Wut. Loitsu III ist als Schluss-Mantra angekündigt. Was immer darunter konkret zu verstehen sein mag, das Wort Mantra deutet im Rahmen der vorgestellten Dramaturgie des Werkes auf einen eher beruhigend-meditativen Abschluss hin. Lassen Sie sich überraschen. 

Eines jedoch hat dieses jüngste Werk von Aho mit seinen zahlreichen Vorläufern gemeinsam: Obwohl Satzfolge und Satzbezeichnungen eigentlich ein recht klar definiertes Programm skizzieren, bleibt dennoch völlig offen, was wir uns darunter vorzustellen haben. Das ist Absicht. Der Komponist gibt zwar eine dramaturgische, eine beinahe erzählerische STRUKTUR vor, überlässt es aber jedem Zuhörer, seine eigene Geschichte hinein zu interpretieren. Aho nennt dieses Prinzip, dem er seit seiner 1. Sinfonie treu geblieben ist: „das imaginative Programm ohne konkrete Handlung“, das in ein „psychologisches Drama“ einmündet.

Drama? Hatten wir nicht schon in der Schule gelernt, dass das Drama eine literarische Form ist? Neben Lyrik und Epik sogar eine der drei Hauptformen der Literatur. Stimmt! Weshalb ich meine Aussage von vorhin relativieren muss, Ahos 14. Sinfonie habe im Gegensatz zu den übrigen Stücken des heutigen Konzerts mit Literatur eher wenig zu tun. Relativieren dahingehend: „Rituaaaleja“ muss  beim Hören in unserem Kopf erst zum Drama werden. Die literarische Dimension dieser Musik ist bloß als Möglichkeit vorhanden, als Potenzial. Wirklichkeit wird sie erst dann, und auch NUR dann, wenn unsere Fantasie sie herstellt.

Anders die Werke von Mozart, Sibelius und Svendsen: Bei den beiden Skandinaviern sind literarische Bezüge schon an den Titeln festzumachen – Humoreske und Romanze. Im Falle von Mozarts Sinfonie Nr. 25 haben ihn Generationen von kulturhistorisch kundigen Rezipienten und Wissenschaftlern unzweifelhaft fixiert.

Betrachten wir die Mozart-Sinfonie etwas näher. Vielleicht erinnert sich der eine oder andere von Ihnen - mag sogar sein: mit einigem Stirnrunzeln - an meinen Vortrag an dieser Stelle im Januar 2006. Damals legte ich anlässlich des Mozart-Jahres das provozierende Geständnis ab, persönlich an Mozart allzu oft ehrliche, ernsthafte Tiefe zu vermissen. Zugleich versprach ich an jenem Sonntag, das Mozart-Jahr nutzen zu wollen für die Suche nach eben solchen Tiefen in des Meisters Werk. Im Rahmen jener Suche kam mir unter anderem die Sinfonie Nr. 25 g-Moll vor Ohren – und ich blieb sofort daran hängen. Denn schon nach wenigen Takten war klar: Diesem Werk fehlt der verspielte, galante, apollinisch geglättete Zug der sonstigen  Frühsinfonien Mozarts. Stattdessen treibende, fast tragödienhaft insistierende Rhythmen, dichtgedrängte, dramatische Tonwiederholungen, scharfe chromatische Einwürfe und insgesamt ein expressiver, beinahe schroffer, für Mozartsche Verhältnisse geradezu düsterer Klang.

Keine seiner vorherigen Sinfonien strahlt eine derartige ernste Seelenberührung aus wie die 25. Die musikalischen Formanalytiker würden hinzufügen: Keine seiner vorherigen Sinfonien hat auch ein solche Reife in der sinfonischen Kompositonstechnik vorzuweisen. Das Satzbild kompakt und bis in die letzte Nebenstimme gekonnt durchgestaltet. Drei der vier Sätze in entfalteter Sonatenhauptsatzform. Zwischen den Sätzen raffinierte Themen-Beziehungen und nicht minder raffiniert die Verwendung der Tonarten usw usf.

„Leidenschaftlichen Pessimismus“ oder enormen „seelischen Druck“ schreibt man der 25. zu. Weshalb bisweilen auch eine psychische Krise des Komponisten angenommen wurde, die in diesem Werk zum Ausdruck komme. Dafür jedoch gibt es keine biografischen Belege. Wohl aber finden wir bei mehreren von Mozarts zeitgenössischen Kollegen - beispielsweise bei Joseph Haydn oder Johann Christian Bach – zu gleichen Zeit ebenfalls eine markante Hinwendung zu ähnlich seelenvoll gestalteten Moll-Sinfonien.

Dieser Umstand wiederum verweist auf einen Geistestrend, der seinerzeit, etwa von 1769  bis 1785, die europäische Kulturszenerie regelrecht aufwühlte: den so genannten „Sturm und Drang“ als Aufstand eines subjektiv-vitalen, dem Genialischen verschriebenen Künstlertums gegen die Vernunftdisziplin der Aufklärung. Schillers „Räuber“ machen in jenen Jahren Furor, mehr noch der Goethe-Roman „Die Leiden des jungen Werther“. Die literarisch grundierte Geistesströmung des Sturm und Drang wurde als historisch vorgezogener Prolog zum romantischen Aufbruch von einer nie dagewesenen individuellen Exzentrik geprägt. Einer Exzentrik, die sich in ihrer dramatisch-tragischen und abgründigen Gefühligkeit kaum mehr für gesellschaftliche Konventionen interessierte. Und eben dazu passt Mozarts 25. Sinfonie haargenau.

So gesehen ist es kein Zufall, dass diese Sinfonie mit den Humoresken von Sibelius und mit der Romanze von Svendsen eines gemeinsam hat: den Willen, sich von vorgegebenen Formvorschriften der jeweils traditionellen  Kompositionslehre möglichst wenig beengen zu lassen. Robert Schumann entlieh sich von der Literatur die Humoreske, um seiner Fantasie unabhängig von irgendwelchen Formschemata musikalisch freien Lauf lassen zu können. Ein Befreiungs-Ansatz, der im 19. Jahrhundert zu einer Haupttendenz in allen Künsten wurde - ohne die überhaupt nicht denkbar wäre, was nachher Romantik genannt wird.

Was also ist eine Humoreske? Das Literaturlexikon definiert sie als  kurze und heitere, anfänglich bloß harmlose und liebenswürdige Geschichte aus dem bürgerlichen Lebensumfeld. Die allerdings sehr bald einen starken Zug zur durchaus auch böszüngigen Satire entwickelte. Jean Paul, Charles Dickens und Anton Tschechow mit seinen herrlichen frühen Kurzerzählungen seien als typische Vertreter der Literatur für die Humoreske genannt.

Ein Tip am Rande: Wenn Sie mal schlechte Laune haben und dringend einer aufheiternden Lektüre bedürfen, besorgen Sie sich Tschechows frühe Erzählungen. Geistreich, hintergründig und mit meisterlicher Schreibe nimmt sich darin der hierzulande leider nur als schwermütiger Dramatiker bekannte Russe des Menschlichen und Allzumenschlichen an. Die vor drei oder vier Jahren bei Diogenes wieder in deutscher Sprache aufgelegten Erzählungen entsprechen auf wunderbare Weise dem, was Ringelnatz über den Humor sagt: „Humor ist der Knopf, der verhindert, dass uns der Kragen platzt.“

So wenig wir in Deutschland gewöhnlich Tschechow mit Schmunzeln machender Literatur in Verbindung bringen, so wenig Sibelius mit leichter, mit verspielter Musik. Der Schriftsteller gilt uns als Beobachter einer untergehenden, bis zum schieren Stillstand der Zeit in ihrer Nichtsnutzigkeit verharrenden Gesellschaftsschicht. Der finnische Musiker gilt uns als Schöpfer von großen, schweren, in  einsamer Melancholie schwelgenden Nordland-Elegien. Wie man sich doch täuschen kann, wenn man immer bloß dem folgt, was auf deutschen Bühnen gewohnheitsmäßig gespielt wird. Heute also mal mit Humoresken eine ungewohnte Seite von Jean Sibelius: Vielfarbige Stimmungsszenen, in denen die Musik auch mal heiter das Tanzbein schwingt - verschiedentlich sogar, man höre und staune, als spöttischer Widerpart zur nordischen Melancholie.

Nun noch ein Blick auf die Romanze für Violine und Orchester G-Dur von Johan Severin Svendsen. 1840 in Kristiania, dem heutigen Oslo, zur Welt gekommen, ist Svendsen ein Landsmann und ein Altersgenosse des 1843 geborenen Komponisten Edward  Grieg. In Skandinavien nennt jedes Schulkind beide in einem Atemzug, im übrigen Europa ist Svendsen fast vollständig im Schatten Griegs verschwunden. Und das, obwohl die beiden Norweger über viele Jahre  immer wieder eng zusammenarbeiteten. Edward Grieg wurde auf den drei Jahre älteren Svendsen 1867 in Oslo bei der dortigen Uraufführung von dessen 1. Sinfonie aufmerksam. Grieg tat, was in der Kulturgeschichte zwar nicht üblich war, aber immer wieder mal vorkam: Er schrieb unter Pseudonym eine begeisterte Kritik über das Werk des Kollegen, in der er vor allem dessen Frische und Originalität   
hervorhob.

Svendsens Laufbahn als Dirigent und Komponist begann übrigens in Deutschland. 22 Jahre war er alt, da strandete der durch Europa reisende Junggeiger völlig abgebrannt mitten im Winter des Jahres 1862/63 in Lübeck. Hilfesuchend wandte sich Svendsen an das norwegische Konsulat. Zwecks Prüfung, ob es sich bei dem dahergelaufenen Kerl um einen nichtsnutzigen Vagabunden oder um den behaupteten ernsthaften Musicus handle, ließ sich der Herr Konsul vom Bittsteller erstmal vorspielen. Dabei geriet seine Exzellenz so sehr ins Staunen über die geigerischen Fertigkeiten des jungen Landsmannes, dass Svendsen alsbald mit einem königlich norwegischen Stipendium in der Tasche vier Jahre lang das renommierte Konservatorium zu Leipzig besuchen konnte. Glück muss man haben – und was können.


Die Romanze opus 26 aus dem Jahr 1881, die wir nachher hören werden, ist das international wohl bekannteste und bliebteste Werk Svendsens geworden. Angeblich hat er es in nur zwei Tagen niedergeschrieben und angeblich fand er dazu auch nur Gelegenheit, weil einer seiner Meisterschüler den Unterricht geschwänzt hat.

Was die Gattung der Romanze angeht, so ist diese, wie schon erwähnt, literarischen Ursprungs. Im 14. Jahrhundert auf der iberischen Halbinsel entstanden, kann man sie als eine etwas heiterere Verwandte der germanischen Balladendichtung betrachten. In lyrischen Versen werden darin historische Episoden, Heldensagen oder Ritter- und Fräuleinliebeleien „besungen“. Wie später die Humoreske, so erlebte auch die Romanze nicht selten burleske bis satirische Anwandlungen. Und diese lassen an Spitzzüngigkeit wie Deftigkeit unsere modernen Kabarettisten bisweilen wie Waisenknaben aussehen.

Für die Musik der Romantik bedeutet Romanze - wie Humoreske auch: Einerseits eine atmosphärische Richtungsangabe; andererseits, auf der formalen Ebene, die Freiheit des kompositorischen Fantasierens, ohne sich an vorgegebene Formschemata halten zu müssen. Svendsens opus 26 wird als einsätziges Werk mit der Satzkennung „Andante“ ausgewiesen. Hörbar sind allerdings drei Teile: Ein ruhiger, lyrischer zu Beginn, der in einen schnellen, unruhigen übergeht, um schließlich mit der zurückgenommenen Innerlichkeit des Anfangs zu enden.

So startet also unser Konzert gleich mit einem vom Geist des „Sturm und Drang“ infizierten Mozart, führt uns dann mit vier Humoresken von Sibelius und der Romanze von Svendsen zur unerträglichen Leichtigkeit des Seins in skandinavischer Lesart. Der Nachmittag schließt mit einem Ausflug zu Skandinaviens musikalischer Moderne in Form der Deutschen Uraufführung von Kalevi Ahos 14. Sinfonie. Ein Österreicher und drei Nordländer, da liegt es nahe, die Leitung des Konzertes ebenfalls einem Nordländer anzuvertrauen: Dirigat und violinistischen Solopart hat der Finne Jaakko Kuusisto übernommen.

So  bleiben mir nur noch die üblichen Schluss-Hinweise:
Sollten Sie meinen Vortrag noch einmal nachlesen wollen, können Sie das von Morgenmittag an auf der Internetseite www.pecht.info

Das nächste Orchesterkonzert im Görreshaus ist auf den 20. April terminiert, wird von Daniel Raiskin dirigiert und bietet Mendelssohn Bartholdys 8. Sinfonie sowie zum Abschluss unseres violinistischen Saison-Schwerpunktes Beethovens berühmtes Violinkonzert opus 61.

Und nun wünsche ich viel Freude mit dem Staatsorchester Rheinische Philharmonie und Jaakko Kuusisto. Danke.       
         
 
                                                             Andreas Pecht

Konzerteinführung: Mozart, Aho, Sibelius, Svendsen bei Görreshauskonzert Koblenz
 
Diesen Artikel weiterempfehlen was ist Ihnen dieser Artikel
und www.pecht.info wert?
 
eMail an Autor • eMail to author • contact auteureMail an den Autor
eMail an webmaster • eMail to webmaster • contact webmastereMail an webmaster Seitenanfang • go top • aller en-hautan den Anfang Seite drucken • site print • imprimer siteArtikel drucken