Thema Kultur
Thema Menschen / Initiativen
homezur Startseite eMail an Autor • eMail to author • contact auteureMail an den Autor Seitenübersicht • sitemap • Plan du siteÜbersicht sitemap Seite drucken • site print • imprimer siteArtikel drucken

2008-04-25 Feature/Porträt:
Die Foto-Passion des
Wolfgang Horbert 

Ehrenamtlicher Spiritus Rector der fotografischen
Sammlung
im Landesmuseum Koblenz
 
ape. Koblenz. Die Geschichte der Fotografie in Rheinland-Pfalz zu dokumentieren hat Wolfgang Horbert sich zur Aufgabe gemacht – und in ehrenamtlicher Arbeit einen Schatz für das Landesmuseum Koblenz auf der Festung Ehrenbreitstein zusammengetragen.
 
Einst als Student in Saarbrücken und Mainz hatte er eine Vorliebe für renitente Aktionskunst. Nachher wirkte das Urgestein des neuzeitlichen Kulturlebens am Mittelrhein über Jahrzehnte als Kunstlehrer, inspirierte daneben die freie Kunst- und Theaterszene der Region mit den Mitteln seines persönlichen Kreativmediums, der Fotografie. Dass in fortgeschrittenem Alter das mühselige Sammeln, Forschen, Bewahren, Vermitteln der Museumsgeschäftes seine Passion geworden ist, darüber staunt Wolfgang Horbert  selbst ein bisschen. Aber, die Fleißarbeit des gebürtigen Koblenzers hat schließlich ein beachtliches Ergebnis hervorgebracht: die „Landessammlung zur Geschichte der Fotografie in Rheinland-Pfalz im Landesmuseum Koblenz“.

Wir treffen Wolfgang Horbert – Gründer, Macher und Spiritus Rector besagter Fotosammlung mit dem umständlichen Namen – auf der Festung Ehrenbreitstein, wo das Landesmuseum Koblenz daheim ist. Dort beantwortet der bald 70-Jährige Fragen nach seinem Leben und führt spritzig, geistvoll und mit gelegentlich bissigem Humor durch die jüngste seiner Ausstellungen, „Bilder machen Leute“. Sagte man ihm, sein Lebenswerk solle gewürdigt werden, er würde missbilligend die Stirn in Falten legen. Horbert hält wenig von Schönrednerei. Er ist ein stiller, aber effektiver Macher mit eigenem Kopf, bisweilen sogar ein Querkopf. Den braucht es auch, soll ein Projekt wie eine fotografische Landessammlung realisiert werden. Denn die publikumsträchtige Verwertbarkeit liegt nicht sofort auf der Hand.

Start 1989 zum 150. Geburtstag der Fotografie

Die Sammlung umfasst heute einige zehntausend Fotos, von denen, so Horbert, etwa 5000 als künstlerisch oder fotohistorisch interessant gelten können. Die Ursprünge dieser Einrichtung gehen auf 1989 zurück – das Jahr, in dem die Fotografie ihren 150. Geburtstag feierte. Zentrum des Jubiläums war in Koblenz seinerzeit die Ausstellung „Spurensuche – frühe Fotografen am Mittelrhein“ im Landesmuseum. Dessen damaliger Direktor Ulrich Löber schrieb im dazugehörigen Katalog: „Die gezeigten Fotografien stammen, bis auf wenige Ausnahmen, aus Privatsammlungen.“

Will heißen: Bis dahin war das Museum in Sachen Fotografie eher ein weißer Fleck auf der Landkarte. Erst die Recherchen von Wolfgang Horbert und dessen Fotografenkollegen Klaus Lammai für „Spurensuche“ ließen den Gedanken an eine museumseigene Fotosammlung aufkommen.

Horbert erinnert sich an die Anfänge: „Lammai hatte den richtigen Riecher, wo und bei wem interessante Objekte zu finden sind. Mir fiel es dann zu, die Bestände zu sichten, nötigenfalls zu archivieren.“ Rund zehn Jahre nahm die Arbeit etwa im Falle des fürstlich-wiedschen Fotoarchivs in Anspruch, das die beide in einem vergessenen Neuwieder Abstellraum aufstöberten.
Der Erfolg der Ausstellung „Spurensuche“ brachte 1989 eine Frage mit sich: Wo wird in Rheinland-Pfalz eigentlich das Medium Fotografie und seine hiesige Entwicklung erforscht und dokumentiert? Horbert und der mit ihm befreundete Museumsdirektor Löber schauten sich ratlos an – und beschlossen flugs, die Sache selbst in die Hand zu nehmen.

Erster Zukauf: Fotos von August Sander

Der damalige Ministerpräsident Rudolf Scharping wurde für das Fotografie-Projekt gewonnen, woraufhin die Kulturstiftung des Landes eine or dentliche Anschubfinanzierung für die neue fotografische Landessammlung einbrachte.
Der erste prominente Zukauf, erinnert sich Horbert, waren Bilder des im frühen 20. Jahrhundert weltberühmt gewordenen Fotografen August Sander aus dem Siegerland. Der Künstler Erwin Wortelkamp hatte viele Sander-Fotos bei Westerwälder Bauern aufgesammelt, von denen nun etliche nach Koblenz wanderten. Andere Preziosen des Metiers ergatterte Horbert bei zahllosen Flohmarktstreifzügen. Später kamen Nachlässe und Konvolute von mehr und weniger prominenten Vertretern der fotografischen Zunft hinzu. Zu den namhaftesten zählen Jacob Hilsdorf, Toni Schneiders oder Max Jacoby.

Inzwischen werden der Landessammlung auf der Festung Ehrenbreitstein auch ohne eigenes Bemühen mancherlei Foto-Hinterlassenschaften angetragen. Nicht alles passt zur speziellen Ausrichtung der Sammlung. Die zielt weniger auf Fotodokumente über Geschichte, Lebensart und konkrete Menschen in der Region. Ihr vorrangiges Interesse gilt Bildern, die exemplarisch von der Entwicklung des Mediums Fotografie in der Region künden. „Der Unterschied war anfangs den anderen Fotoarchiven am Ort nur schwer vermittelbar“, erzählt Horbert. Weshalb sein und Löbers Unterfangen etwa beim Landes- oder beim Bundesarchiv nicht gerade auf die allergrößte Gegenliebe stieß. „Da wurde Konkurrenz befürchtet, wo es von der Sache her gar keine gibt.“

Eigensinniger Kunstlehrer

Horbert strebt eine engere Vernetzung an, damit alle Sammlungen und Forschungen für die jeweils speziellen Zwecke der unterschiedlichen Institutionen genutzt werden können. „Ziel der Landessammlung ist es, einen möglichst repräsentativen Überblick über die Entwicklung der Fotografie in Rheinland-Pfalz von den Anfängen bis heute zu geben“, erklärt der pensionierte Kunstlehrer, der sich eigensinnig gegen die Berufsbezeichnung „Kunsterzieher“ wehrt: „Ein fürchterliches Wort“, findet er, weil darin der Begriff „Zucht“ anklingt – also das genaue Gegenteil von seinem Verständnis künstlerisch-emanzipatorischer Arbeit mit Schülern. Die hat Horbert während der Dienstjahre als Lehrer am staatlichen Gymnasium Lahnstein und regionaler Fachberater für den schulischen Kunstunterricht immer sehr ernst genommen.

Sein Engagement für die Landessammlung nach 1989 war strikt auf die Freizeit konzentriert. Der Schuldienst durfte darunter nicht leiden. Diese Maxime galt Horbert auch schon zuvor – ob als Ausstellungsdesigner im Landesmuseum, während der Einrichtung des Bopparder Museums oder auch für das Mitwirken als Multimedia-Gestalter am Koblenzer „Tanztheater Regenbogen“. Dieser Mann war Kunstlehrer aus Passion, ist bis heute Kulturmensch aus Passion: Sein Engagement für die fotografische Landessammlung war und ist ein ehrenamtliches.
Die Sammlung selbst haust tief im steinernen Bauch der Festung, in einem Raum kaum größer als ein kleinbürgerliches Wohnzimmer. In grauen Schränken stecken die Foto-Schätze.

Schatzkammer ist eine Katakombenstube

Schier unfassbar, dass von dieser Katakombenstube aus Horbert für das Landesmuseum mehr als 16 Fotoausstellungen auf die Beine gestellt hat. Die jüngste, noch bis zum 18. Mai laufende Schau „Bilder machen Leute“, wird von Beobachtern als sein Meisterstück eingestuft. Die Ausstellung zeichnet eine faszinierende Genese der Menschenfotografie aus dem Schoß der Porträtmalerei heraus nach. Und deutlich wird: Von Urgroßmutters Hochzeitsfoto bis zum modernen Künstlerbild hat die Kamera stets Inszenierung provoziert statt Realität abgebildet.

Wolfgang Horbert will nicht ausschließen, dass diese Ausstellung seine letzte war. Er will wieder mehr zum eigenen fotokünstlerischen Schaffen zurück. Und was wird dann aus der fotografischen Landessammlung? Die ist inzwischen so umfangreich und gewichtig, dass ein Ehrenamtler – selbst wenn sich noch mal einer fände – die Arbeit allein gar nicht schaffen könnte, sagt Horbert.  „Eine hauptamtliche Betreuung der Sammlung wäre nicht schlecht“, lautet seine Antwort auf die Frage nach einer Zukunftsperspektive. Darüber wird nachzudenken sein – soll die großartige Arbeit des bescheidenen Querkopfes nicht demnächst verstauben.                                                 Andreas Pecht

Infos: www.landesmuseum koblenz.de

(Erstabdruck am 26. April 2008)
---------------------------------------------------------

Landesmuseum Koblenz, Festung Ehrenbreitstein, Fotosammlung, Wolfgang Horbert, Feature
 
Diesen Artikel weiterempfehlen was ist Ihnen dieser Artikel
und www.pecht.info wert?
 
eMail an Autor • eMail to author • contact auteureMail an den Autor
eMail an webmaster • eMail to webmaster • contact webmastereMail an webmaster Seitenanfang • go top • aller en-hautan den Anfang Seite drucken • site print • imprimer siteArtikel drucken