Thema Kultur
Thema Menschen / Initiativen
homezur Startseite eMail an Autor • eMail to author • contact auteureMail an den Autor Seitenübersicht • sitemap • Plan du siteÜbersicht sitemap Seite drucken • site print • imprimer siteArtikel drucken

2008-04-29b Gastbeitrag von map:
Wo Bücher - nur beinahe - alles sind

Landesbibliothekszentrum in Koblenz hat eine kleine,
 aber hochwertige Veranstaltungsreihe etabliert        
 
map. Leseratten sind komische Menschen: Sie vergraben sich in gedruckten Seiten, stöbern in Büchereien und wollen zumeist ihre Ruhe vor allem und jedem haben. Natürlich sind sie Dauergast in der örtlichen Bibliothek. Dort gehe es, meint der Volksmund, langweilig zu, weil: Reden verboten! Leise, hier wird gelesen! Seltsam, das Bild passt so gar nicht zum Landesbibliothekszentrum (LBZ) in Koblenz. Dort wird geplaudert, gibt es guten Wein aus der Region, spannende Vorträge, lustige Lesungen, interessante Ausstellungen und manchmal sogar Musik.

Das rheinland-pfälzische Landesbibliothekszentrum gleich am Koblenzer Hauptbahnhof hat sich nicht nur der Druckware verschrieben. Vereint haben sich im LBZ die Bibliotheca Bipontina  Zweibrücken, die Pfälzische Landesbibliothek Speyer, die Rheinische Landesbibliothek Koblenz und die Büchereistellen Koblenz sowie Neustadt. Diese großen Fünf wollen, so heißt es auf der Homepage, „ein leistungsstarkes Kompetenzzentrum für alle Fragen der Medien- und Informationsvermittlung“ sein. Und dazu gehören, da ist sich LBZ-Direktor Dr. Helmut Frühauf sicher, auch Veranstaltungen.

So gibt es im Gebäude der ehemaligen Koblenzer Hauptpost, das jetzt Sitz des LBZ ist, mehrmals im Jahr Vorträge, Lesungen und Ausstellungen. „Das Konzept ist einfach“, erklärt Frühauf. „Wir machen Veranstaltungen, die im weitesten Sinne mit unserem Kulturauftrag zusammenhängen.“ Dazu gehört neben der Entwicklung eines leistungsfähigen Bibliothekssystems für das Land unter anderem das Sammeln und Bewahren von rheinland-pfälzischer Literatur. Fachbücher und Schriftenreihen zählen ebenso dazu wie Belletristik oder Landkarten. Das spiegelt sich dann etwa bei den Vorträgen wider: Da geht es ums Mittelrheintal, die Geschichte des Landes, heimische Dichter und Denker oder um Wein.

Der Blick ins Programm der ersten Hälfte dieses Jahres zeigt den roten Faden: Im Januar stand der Jahrestag der Machtübernahme Hitlers aus Koblenzer Perspektive an. Inhalte eben, die einen Bezug zur Region haben und sich im Bestand der Bibliotheken finden lassen. „Für uns sind solche Aktionen auch ein Marketinginstrument“, erklärt Dr. Barbara Koelges, die die Veranstaltungen im Haus organisiert. Mittlerweile habe man so neue Stammgäste gewinnen können. Das lässt sich an steigenden Besucherzahlen in den Lesesälen oder an der Ausleihquote ablesen. „Die Hemmschwelle für eine Gang in die Bibliothek muss überwunden werden“, sagt Koelges. Interessante Themen seien der beste Schlüssel dazu.

Vernetzung von Theorie und Praxis

Ein weiteres Beispiel ist die Leseförderung: Die Büchereistelle Koblenz hat bereits mehr als hundert Schmökerecken in Ganztagsschulen eingerichtet und betreut diese nun. Beim Vortrag unter dem Titel „Lesespaß und gute Noten“ wird im LBZ am 15. Mai die Thematik auf die wissenschaftliche Ebene gehoben. Christine Kranz von der Stiftung Lesen spricht und diskutiert über Leseförderung im Kindergarten- und Grundschulalter. Dahinter stecke ein Vernetzungsgedanke von Theorie und Praxis, so Direktor Frühauf.

Eine Leitidee, die sich gleichfalls in den Ausstellungen findet, die mehrmals im Jahr in der Bibliothek organisiert werden. Im Januar ging es um die Gleichschaltung der Gewerkschaften 1933. Aber auch Koblenzer Stadtgeschichte stand schon auf der Agenda. Vergangenes Jahr hieß es in Kooperation mit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz „Vernichtet, verschwunden, verloren – Koblenzer Kirchen, Klöster, Synagogen“. Auf solche Zusammenarbeit ist das LBZ immer wieder angewiesen. Das Finanzbudget für Veranstaltungen ist nämlich eher bescheiden: Einen eigenen Topf gibt es nicht, Geld muss vom laufenden Betrieb abgespart werden. Bei eigenen Ausstellungen macht daher Barbara Koelges die Schautafeln selbst. Das mag laienhaft klingen, funktioniere bisher aber ganz gut, wenn auch nicht die Maßstäbe von großen Museen angelegt werden dürften. „Das ist nicht unser Kerngeschäft“, begründet Helmut Frühauf. Mehr als ein Mal im Monat sei so etwas weder finanziell noch personell zu realisieren. Trotzdem sei Qualität wichtig.

Kompetenz ist im Haus

Vielleicht ist gerade deshalb das LBZ ein passender Ort für solche Kulturveranstaltungen, fern ab vom großen Eventcharakter. Die Kompetenz und das Wissen ist schließlich in unzähligen Büchern gleich im Hause zu haben. Aus diesem Gedanken heraus sind auch die ersten Vorträge gewachsen: 2005 startete eine Schriftenreihe, die sich einem bestimmten rheinland-pfälzischen Thema aus bibliothekarischer Sicht annimmt. In Band 3, dem jüngsten aus der Reihe, beschäftigt sich Ekkehard Langner mit individuellen handschriftlichen Zeugnissen bekannter Persönlichkeiten, die in der mittelrheinischen Region gewirkt haben. Der langjährige wissenschaftliche Mitarbeiter der Rheinischen Landesbibliothek hat unter dem Titel „Mit der Versicherung meiner vollkommensten Hochachtung“ Autographen aus drei Jahrhunderten unter anderem von Baedecker, Brentano, Görres, Freiligrath und Offenbach zusammengestellt und interpretiert. Natürlich gab es passend dazu eine Veranstaltung, die hin zur Thematik führte. Wissen aus Büchern wird verbalisiert – mit Erfolg.

Einiges ist im LBZ mittlerweile zum Selbstläufer geworden: Dazu zählen die Lesungen. Helmut Frühauf und  Barbara Koelges holen immer wieder rheinland-pfälzische Autoren in die Bibliothek, die dort ihre Neuerscheinungen vorstellen. „Es fragen heute Autoren an, die wir gar nicht alle nehmen können“, freut sich Koelges über den Stellenwert der Lesungen. Die Kriterien, die das LBZ anlegt sind hoch: Autoren müssen aus Rheinland-Pfalz kommen oder über die Region schreiben. Das sei ebenfalls ein Teil des Kulturauftrags. Im kommenden Jahr wird das Glaser-Preisträgerin Dagmar Leupold, die aus Lahnstein stammt, im LBZ  sein. Gerechnet wird dann wieder mit um die hundert Besucher. Eine schöne Zahl für die Bibliothek, die damit bestimmt einige Leseratten mehr gewinnen kann.                                    Marco Pecht   

Infos: www.lbz-rlp.de

(Erstabdruck 18. Woche, April 2008)

Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz, Feature, Programmkonzept
 
Diesen Artikel weiterempfehlen was ist Ihnen dieser Artikel
und www.pecht.info wert?
 
eMail an Autor • eMail to author • contact auteureMail an den Autor
eMail an webmaster • eMail to webmaster • contact webmastereMail an webmaster Seitenanfang • go top • aller en-hautan den Anfang Seite drucken • site print • imprimer siteArtikel drucken