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2008-05-02 Ausstellungskritik:
Tradition und Moderne arabischer Kunst am Deutschen Eck

Ludwigmuseum Koblenz stellt vielgestaltige Arbeiten
von 34 Künstlern aus dem Emirat Sharjah vor


 
ape. Schon der Ort der Ausstellung "Emirates Contemporary"  (2.5.-15.6.2008) darf als positiver Audruck einer toleranten , offenen, von beiden Seiten mit Interesse verfolgten Begegnung der Kulturen begriffen werden: Zeitgenössische Kunst aus dem Arabischen Emirat Sharjah im Deutscherrenhaus, dem einstigen Sitz des Deutschherrenordens und heutigen Domizil des Ludwigmuseums Koblenz.
 
 Fasziniert und irritiert schaut der Westen auf  jüngste Pläne arabischer Herrscher. Dubai und Abu Dhabi haben den Bau der zwei größten Kulturzentren weltweit in Auftrag gegeben. Mit Dependancen des Guggenheim, des Louvre und einer beispiellosen Museumsdichte, mit zahllosen Theatern, Opernhäusern, Akademien könnten in wenigen Jahren Khor Dubai und Sandiyat  Kulturmetropolen wie New York oder Paris auf die Plätze verweisen.

Bei ihrem Weg in die Moderne, auch in die Zeit nach dem Öl, setzen die Scheichs der Arabischen Emirate auf die globale Begegnung der Künste. So auch der Emir von Sharjah, Dr. Sultan Bin Mohammed Al Quassimi. Allerdings begann in seinem nur 700 000 Einwohner zählenden Emirat die Hinwendung zu Kunst und Kultur  wesentlich früher. Sie folgt auch einem anderen Konzept als die Nachbarn Dubai und Abu Dhabi. Das macht von diesem Sonntag an eine spannende Ausstellung im Koblenzer Ludwigmuseum deutlich.

Vor dem Museum am Deutschen Eck tanzen Männer im weißen Kaftan zu den Klängen von Trommeln und Lochtrompete im Beduinenstil. Drinnen führen zuvorderst Wüstenpanoramen, Zeugnisse arabischer Kaffeekultur und Kleidung zur traditionellen Lebensweise in Sharjah. Folklore? Das auch. Aber mehr noch Hinweis, worin die dortige Kunst, selbst die zeitgenössische, wurzelt.

„Unsere Kulturpolitik  geht von der Pflege der Traditionen aus, entwickelt von dorther eine eigene Moderne und einen eigenen Zugang zur globalen Gegenwartskunst.“ So umreißt Hisham Al Madhloum, Leiter des Museums für moderne arabische Kunst in Sharjah, die dort schon  in den 1970ern begonnenen Bemühungen. Folgerichtig nimmt in der zweiten Abteilung der „Emirates Contemporary“ betitelten Schau die Kalligraphie breiten Raum ein. Was in der Schriftreligion Islam vor allem meint: die hohe Kunst des schönen Schreibens von Koran-Versen.

Gezeigt werden Beispiele althergebrachter Praxis. Zugleich werden Übergänge deutlich zu jüngeren Sichtweisen, in denen die Schrift zum bildnerischen Motiv mutiert. Dennoch bleibt das mannigfach Geschwungene, fein Verästelte jener Schrift auch in Werken der jüngsten arabischen Künstlergeneration präsent, denen der dritte Teil der Schau gewidmet ist.

Zeitgenössische Fotokunst aus Sharjah bannt Impressionen aus einer Welt im Übergang vom traditionellen Beduinenleben zum automobilen und computerisierten Dasein in globalen Zusammenhängen. In den Schatten von Wolken oder über Autobahnlichter montiert, auf Männergesichter oder Frauenschleier gezeichnet, wirkt die alte Schriftkultur fort.

Alltag spielt eine zentrale Rolle in der jungen arabischen Kunst. Da formt ein Installationskünstler aus dem in der Wüste so wertvollen Material Holz – Strünken von Dattelpalmen – und Naturkordel eine archaisch anmutende Figurengruppe. Dahinter Fotos, die mit solcher Kordel gefesselte Füße zeigen. Ein Hinweis auf düstere Zeiten? Da wird fotografisch eine  Installtion dokumentiert, die Produkte des Alltags buchstäblich auf die Waage legt: Zeitungen, Computer, Küchenutensilien, Lebensmittel.

An den Wänden hängen jüngste Ergebnisse einer in Arabien traditionslosen Sparte: der Malerei. Sie meidet das Figürliche. Menschen tauchen, wenn überhaupt, nur als vage Schatten auf oder theoretische Möglichkeit eines abstrakten Bildes. Wirklich fremd kommt uns die moderne Kunst aus Sharjah nicht vor. Doch  „zwischen den Zeilen“ geben die Bezüge zum anderen Kulturkreis   einige Rätsel auf.                                                           Andreas Pecht


„Emirates Contemporary“, 4.5. – 15.6.2008, Ludwigmuseum Koblenz. Infos, auch zum umfangreichen Rahmenprogramm in den ersten Tagen: www.ludwigmuseum.org

(Erstabdruck am 3. Mai 2008)

Gespräch mit Museumsleiterin Beate Reifenscheid im Vorfeld:

2008-04-29a Vorbericht:
Gespräch über junge Kunst Arabiens im Ludwigmuseum Koblenz

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Ludwigmuseum Koblenz, Ausstellungsbesprechung "Emirates Contemporary", Moderne Kunst und Kalligraphie aus Sharjahi
 
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