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2008-06-10 Interview:
Daniel Raiskin bis 2013 verlängert

Chefdirigent des Staatsorchesters Rheinische Philharmonie über seine kurz- und mittelfristigen Pläne

 
ape. Koblenz. „Das Staatsorchester Rheinische Philharmonie hat in den zurückliegenden drei Jahren unter der Leitung von Daniel Raiskin weiter an Ansehen gewonnen. Deswegen freut es mich sehr, dass Herr Raiskin sein Können und seine Reputation unserem Staatsorchester und damit einem der kulturellen Leuchttürme unseres Landes auch in den kommenden Jahren zur Verfügung stellen möchte.“ Mit diesen Worten begrüßte die rheinland-pfälzische Kulturministerin Doris Ahnen die Vertragsverlängerung zwischen dem Land und dem Chefdirigenten des SRP. Danach wird das von Raiskins 2005 begonnene Engagement beim Koblenzer Orchester bis zum Juli 2013 fortgeschrieben. Wir sprach aus diesem Anlass mit dem Chefdirigenten über sein Pläne für die kommenden Jahre.
 
Frage: Herr Raiskin, eine persönliche Frage vorweg. Die Vertragsverlängerung bindet sie für  ziemlich lange Zeit an Koblenz. Denken Sie jetzt nicht doch an eine  Übersiedlung ihrer Gattin und Kinder von den Niederlanden an den Mittelrhein?

Raiskin:  Das ist ein großer Schritt, weshalb wir uns für die Entscheidung auch Zeit ließen. Erst wollten wir mal sehen, ob ich hier nach zwei, drei Jahren überhaupt noch erwünscht bin. Da alle Anzeichen dafür sprechen, haben wir in der Tat beschlossen, mit der ganzen Familie nach Koblenz umzuziehen. 2009 ist es soweit.

Frage: Ist die Vertragsverlängerung mit neuen Aufgabenstellungen verbunden?

Raiskin: Nein. Es geht um die Fortführung einer erfolgreichen und weiter viel versprechenden Arbeit. Allerdings unterstrich das Ministerium gegenüber der Stadt Koblenz noch einmal die Bereitschaft des Chefdirigenten zur verstärkten Mitarbeit am örtlichen Musiktheater. Seit 2005 hat das Stadttheater dieses Angebot erst ein Mal wahrgenommen, bei „Carmen“. Mainz würde eine Intensivierung begrüßen. Ich stehe zur Verfügung.

Frage: Wo steht nach ihrer Einschätzung das Orchester, nachdem es jetzt rund drei Jahre mit ihnen hinter sich hat und mindestens fünf weitere vor sich ?

Raiskin: Einer meiner wichtigsten Gründe, der Verlängerung zuzustimmen war: Ich habe das Gefühl, es läuft gerade so gut mit dem Orchester, dass man einfach dranbleiben muss. Die Atmosphäre ist hervorragend, die Musiker kommen gerne zur Arbeit. Das Orchester hat sich verjüngt, etliche Stimmführer-Positionen wurden neu besetzt, demnächst bekommen wir zwei Stiftungs-Stipendiaten. Das alles bringt frische Impulse. Jeder kann die Fortschritte spüren, die gewachsene Klarheit der Partiturvorstellung oder das Durchschimmern dessen, was man einen „Koblenzer Klang“ nennen könnte. Das haben wir geschafft, und dürfen nun auch  genießerisch an die Feinheiten der Musik gehen, ohne uns ständig Sorgen um die Grundausstattung machen zu müssen.

Frage: Wäre das nicht der rechte Zeitpunkt, das Orchester mal für ein paar Tage aus dem engen Korsett dicht auf dicht folgender Konzertproben und Auftritte herauszunehmen? Quasi in Klausur zu gehen, um in Ruhe einen weiteren Qualitätssprung anzusteuern?

Raiskin: Das wird kommen, früher oder später. Denn jeder Dirigent weiß, wie außerordentlich fruchtbar Arbeitsphasen sein können, die nicht der direkten Konzertvorbereitung dienen. Ähnlich bedeutsam für die Spielkultur ist es, wenn dieselben Werke zeitnah mehrfach aufgeführt werden. Wir haben in der Saison 2007/08 etwa mit Beethovens 8. Sinfonie erlebt, wie solche Wiederholungen das Orchester voranbringen.

Frage: Wie sehen ihre nächsten Projekte kurz- und mittelfristig aus?

Raiskin: In der kommenden Saison werden wir natürlich Schwerpunkte setzen anlässlich des  200. Geburtstag von Felix Mendelssohn Bartholdy sowie des 200. Todestag von Joseph Haydn. Auch weitere CD-Aufnahmen sind in Planung. Dann geben wir wieder viele Konzerte auswärts, sowohl im regionalen Umfeld wie international, etwa in Salzburg, Antwerpen, Amsterdam und Mailand. Für Arbeit und Profil des Orchesters ist beides gleichermaßen wichtig. Und schließlich werden die rheinland-pfälzischen Staatsorchester auch die zweite Seite ihrer ‚inneren Kooperation’ in die Tat umsetzen: Statt sich nur gegenseitig mit einzelnen Musikern auszuhelfen, kommen die kompletten Orchester zu ausgewählten Großprojekten zusammen. Im März 2009 werden wir mit dem Mainzer Orchester die 4. Sinfonie von Schostakowitsch bestreiten, im Herbst 2009 dann zusammen mit den Ludwigshafenern die Alpensinfonie von Strauss.

Frage: Und welche Pläne verfolgen sie hinsichtlich zeitgenössischer Musik, die ihnen ja bekanntermaßen sehr wichtig ist?

Raiskin: Sie wissen, es ist schwierig, die richtige Balance zu finden zwischen Publikums-Vorlieben und dem Wunsch, auch Werken der Moderne Gehör zu verschaffen. Wir hatten zuletzt bei den Orchesterkonzerten im Görreshaus einen ziemlich starken Anteil zeitgenössischer Stücke. In der nächsten Spielzeit wird es wieder etwas weniger sein. Was ich persönlich gerne 2010 ins Leben rufen möchte, ist ein ‚Festival neuer geistlicher Musik’. Die verstärkte Hinwendung der Menschen zu Seelenhaftigkeit, Transzendenz, Geistigkeit – ob in religiösem oder weltlich-humanistischem Sinne -, die spiegelt sich in der zeitgenössischen Musik vielfach auf sehr innige Weise wider. Deshalb liegt mir ein solches Festival am Herzen. Und lieber würde ich damit in die Kirche gehen. Das wäre ein passenderer Raum als der Konzertsaal und würde den Menschen wohl auch den Zugang zu dieser Musik erleichtern.              


Die Fragen stellte Andreas Pecht
(Erstabadruck 23. Woche im Juni 2008)


Interview mit Daniel Raiskin, Vertragsverlängerung als Chefdirigent Rheinische Philharmonie   
 
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