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2008-08-01 Buchkritik:
Der das Geld reitet und stürzt

"Kreuzungen", der neue Roman von Marlene Streeruwitz
 
ape. Was sie den Heldinnen ihrer beiden vorherigen Bücher „Jessica, 30“ und „Entfernung“ noch gewährte, verweigert die Autorin Marlene Streeruwitz der männlichen Hauptfigur  ihres jüngsten Romans „Kreuzungen“: Verständnis fürs Scheitern an Umständen. Der Mann ist vielfacher Milliardär, Börsenzocker, einer, der kraftvoll „das Geld reitet“, raffiniert dessen Ströme um die Erde lenkt – um der Vermehrung des Geldes sowie der eigenen Lust und Macht willen.
 
Max ist ein Planer, Lenker, Leiter hinter den Kulissen. In erdachten oder realen Spiegeln schaut er sich beim Planen, Lenken, Leiten zu. Was ihn im Business erfolgreich macht, überträgt er aufs Private: auf sexuelle Ausschweifungen mit „kleinen Asiatinnen“; auf den Trennungsprozess von der darob wenig amüsierten und deshalb ihrerseits ausschweifenden Gattin; auf den Versuch, dieser Lilli die beiden Töchter wegzunehmen; auf die Anstellung einer neuen Partnerin, deren eheliches Benehmen sich nach einem kunstvoll-makellosen Vertragswerk richten soll.

So wie der Mann das Geld reitet, will er auch das Leben reiten. Doch Streeruwitz lässt den Herrenreiter kaltschnäuzig vom Sattel fallen. Die Kinder kriegt er nicht; die Erstfrau lässt ihn von der Polizei aus dem Haus werfen; die Zweitfrau erscheint ihm bald als Agentin seines ärgsten Feindes im Geldgeschäft. Und die Lust auf Asiatinnen ist ihm obendrein vergällt. 

Dies zumindest lässt sich als Plot aus den 250 Seiten macht-männlicher Selbstbespiegelungen und kruder bis skurriler Fantasmen zusammenreimen, die die 58-jährige Österreicherin Streeruwitz ihrem Protagonisten aus dem Hirn wringt. Der für diese Autorin so typische Endlos-Sermon aus kurzen und kürzesten Sätzen in vielfach unvollständigem oder verdrehtem Aufbau passt hier zwar gut zum aus der Spur geratenen Denkhaushalt ihres Romanhelden. Eine Herausforderung bis hin zum manchmal entnervenden Ärgernis für den Leser ist dieser Stil allemal, ein Lektüreabenteuer aber nicht minder.

Aufs Handlungsgerüst verkürzt, ist „Kreuzungen“ eigentlich bloß ein weiterer Ehe-Middlife-Krisen-Roman. Hier trifft´s allerdings nicht nur einen x-beliebigen Chauvi, sondern einen auch noch der vermeintlichen Allmacht des Geldes verfallenen Krösus. Weshalb der Autorin Tenor keinen Zweifel lässt: Geschieht ihm recht, alles, was ihm auf seinen Fluchten von Wien über Zürich und Venedig nach London missrät. Er heißt Max, erfahren wir wohl nicht zufällig erst gegen Ende. Er hätte ebenso gut namenlos bleiben können: Ein Symbol für den neuen Menschen des neuen Börsenzeitalters – ein Ich-Mann ohne Eigenschaften, ein Menetekel.                                                                      Andreas Pecht

Marlene Streeruwitz: Kreuzungen. S.Fischer, 250 S., 18,90 Euro. 


(Erstabdruck am 1. August 2008)  

Marlene Streeruwitz: "Kreuzungen", Roman 2008, Buchkritik     
 
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