Kritiken Theater
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2008-09-25b Schauspielkritik:

Kleists „Amphitryon“ wird in Frankfurt seinen Intellektualismus nicht los

 
Wenn im Ehebett ein Gott liegt
 
ape. Frankfurt. „Ach“. Der von einer schönen Frau hingehauchte Laut beschließt bekanntlich Heinrich von Kleists Lustspiel „Amphitryon“. Dies durchaus vieldeutige „Ach“ entströmt dem Herzen Alkmenes, da es sich entscheiden muss: Liebe ich nun den in Gestalt des Ehemanns lockenden Jupiter oder doch eher  das irdische Original Amphitryon. Am Schauspiel Frankfurt spielt jetzt Aljoscha Stadelmann zugleich den Gott und den Gatten; mal reizend-himmlischer Verführer, mal miesepetrig-diesseitiger Feldherr.
 
Die Trennschärfen sind schön herausgespielt.  Das spiegelbildliche Jauchzen, Zweifeln, Verwirrtsein, Verzweifeln der Alkmene liegt bei Sabine Waibel in guten Händen. Auch das übrige Personal gefällt mit intensivem Spiel. Und doch wird einem der zweistündige Abend bald lang – obwohl er ausgesprochen kurzweilig begann. Die Bühne (Maria-Alice Bahra) mit einer Wand aus Schaumstoffquadern verrammelt. An der Seite eine Zwei-Mann-Kombo. Mit der stimmen Anfangs Alkmene, Zofe Charis (Julia Penner) und deren Mann Sosias (Sebastian Schindegger) im schönsten Romantik-Chorus „Wohlauf Kameraden, aufs Pferd“ an. Das stammt, wenn die Erinnerung nicht täuscht, aus Schillers „Wallenstein“ und passt so recht zu Amphitryons Kriegsaufruf an Theben.

Der entsprechenden Brandrede lässt die Musik Höllenlärm nebst „Paint it black“ von den Rolling Stones folgen. Will sagen: Krieg ist. Aus dem kehrt Sosias zurück mit dem Auftrag, Alkmene die baldige Heimkunft des siegreichen Gatten zu künden. Den Weg zur hohen Dame wie der zum eigenen, zänkischen  Weibe versperren besagte Schaumstoffwand und viel böswilliger Olympier-Schabernack. Wie Jupiter anstelle des Amphitryon in dieser Nacht die Alkmene beglückt, so scharwänzelt Merkur (Christian Kuchenbuch) um  Charis herum. Dem armen Sosias nötigt das allerlei Slapstick-Kunststückchen in Stummfilm-Manier ab. Ihm trägt das Tohuwabohu nachher obendrein jede Menge Prügel von allen Seiten ein.

Am Morgen fällt die Mauer, mutiert zum riesenhaften Lotterbett. Worauf eben noch im Verborgenen Gott und Menschemaid sich hemmungslo vergnügt hatten, wandelt von nun an der Intellektualismus. Kleists hochgeistige Dialoge über Täuschung und Wahrheit, Sein und Schein, Treue und Vertrauen übernehmen streng das Regiment.

Nach saftigem Beginn treibt Florian Fiedler dem Lustspiel so die Spiellust wieder aus. Entweder  wollte der Regisseur die fürs Theater schon immer schwierigen Endlos-Disputationen des Stücks pur in den Vordergrund rücken. Oder er hat sie szenisch einfach nicht in den Griff gekriegt. Jedenfalls passiert die letzten 90 Minuten kaum etwas, das eine Inszenierung  auf der gewaltigen Bühne des großen Frankfurter Schauspiels rechtfertigen würde. Ach!                                        Andreas Pecht


Karten/Info: www.schauspielfrankfurt.de 


(Erstabdruck am 25. September 2008)


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