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2008/2009 Service für Studierende/Volontäre: 

Kurze Antwort auf ein paar oft gestellte Fragen


 Was ist und tut ein "Kulturjournalist"?
 
ape. 

Es häufen sich in jüngerer Zeit Anfragen von Oberschülern, Studierenden und Volontären aus allen Ecken Deutschlands nach Definition, Selbstverständnis und konkretem Schaffen eines „Kulturjournalisten“. So gerne ich mit den jungen Leuten plaudere, die schiere Masse der Gesprächswünsche übersteigt meine zeitlichen Möglichkeiten. Deshalb sei hier in Schriftform allgemein und knapp Auskunft gegeben. Es handelt sich dabei nicht um Ergebnisse systematischer Untersuchung oder akademischer Disputation, sondern um subjektive Thesen, abgeleitet aus mehr als 20-jähriger Berufspraxis als Kulturjournalist.


Der Begriff Kulturjournalist ist m.W. eine ziemlich junge Erscheinung (Verbreitung seit den 1990er-Jahren). Er wird landläufig zumeist als neuzeitlicher Ersatz für die überkommene Bezeichnung „Feuilletonist“ verwendet. Beide Begriffe werden im Alltag (unscharf) in doppelter Funktion gebraucht:

  1. Als übergeordneter Sammelbegriff für alle Journalisten, die sich schwerpunktmäßig mit Kunst und Kultur befassen. Dazu werden sämtliche Sparten-Kritiker gerechnet, ebenso Berichterstatter, Reporter, Kolumnisten, Moderatoren, Redakteure ohne spartenkritischen Ansatz.

  2. Als Bezeichnung für jene spezielle Sorte von (Kultur)Journalisten, die quasi als Generalisten das ganze weite Feld der Phänomene in den Blick nehmen, in denen gesellschaftliches und individuelles Bewusstsein zum Ausdruck kommt und durch die es geprägt wird. Das schließt auch ökonomische, ökologische, politische Aspekte ein. Wobei den Feuilletonisten weniger die tagespolitischen Dimensionen interessieren. Sein Augenmerk gilt vielmehr den sich dahinter verbergenden Einfluss-Tendenzen hinsichtlich des Zeitgeistes und der Lebenskultur.


Diese Doppelfunktion des Wortes Kulturjournalist spiegelt die beiden klassischen Kulturdefinitionen: a) Kultur als Oberbegriff für sämtliche Künste; b) Kultur als Ausdruck aller zivilisatorischen Lebensäußerungen.


Insofern wäre es wenig hilfreich (wie bisweilen vorgeschlagen) das Wort Kulturjournalist einfach durch „Kritiker“ oder „Kulturkritiker“ zu ersetzen, wenngleich das kritische Moment bei sehr vielen (jedoch nicht allen) Kollegen von erheblicher Bedeutung ist. Die meisten mir bekannten Kulturjournalisten betätigen sich AUCH als Sparten-Kritiker (bei mir: Theater, Literatur, klassische Musik).


Umgekehrt gibt es aber anhaltend Kollegen, die sich als reine Sparten-Kritiker verstehen, Spezialisten, die sich berufsmäßig für die Themen des weiten Kulturbegriffes jenseits der Künste kaum oder gar nicht interessieren. Wo heute noch das Wort Feuilletonist benutzt wird, schwingt vielfach als Subtext die Erweiterung „politischer Feuilletonist“ mit. In diesem Sinne verstehe ich meine Arbeit, andere Kulturjournalisten/Feuilletonisten bleiben lieber enger an den Künsten allein.


Wie wird man Kulturjournalist? Heute gilt wohl in der Regel: Auf dem gleichen Wege wie man Politik- oder Wirtschaftsjournalist wird. Also Abitur, Fachstudium (Literatur- Musik-, Theater-, Filmwissenschaft etc., wie ich höre gibt es inzwischen auch Publizistikstudiengänge mit Schwerpunkt Kultur), journalistisches Studium (ggf verknüpft mit Fachstudium), Volontariat. Und sowieso möglichst früh und ausdauernd freie Mitarbeiterschaft an der journalistischen Basis, also bei Lokal- und Regionalzeitungen oder -sendern.


Ich selbst kam in den 1980ern noch in den Genuss des – damals bereits im Aussterben begriffenen – Quereinstiegs nach Talent: Examinierter Lehrer für Deutsch, Musik und Politik mit reichlich Praxis im schreiberischen Tun.


Was sollte einer mitbringen, der Kulturjournalist werden will? Interesse, Sinn und Liebe für die Künste. Sofern er Sparten-Kritiker sein will: zusätzlich spezialisierte Kenntnisse UND Neigungen. Wen es in Richtung „politisches Feuilleton“ zieht, dem sollte obendrein ein gewisser universalistischer Interessenszug eigen sein; Philosophie, Geschichte, Psychologie inklusive. Wer gern brav dem Zeitgeist folgt, selten oder nie zu Widerspenstigkeit, Orginalität im Denken, Meinungsfreude und Lust an der eigenen Analyse neigt, sollte die Finger vom Kulturjournalismus lassen. Ebenfalls derjenige, der feste Feierabendzeiten liebt, die Abende und Wochenenden vornehmlich bei Ehegesponst und Kindern verbringen möchte.

                                                                           Andreas Pecht

P.S.

Und damit die angehenden Kollegen sich gleich an den Umgang mit dem Urheberrecht respektive mit ordentlichen Zunftgebräuchen gewöhnen:

Für Referate und Examensarbeiten von Schülern, Studierenden und Volontären sind Zitierungen aus diesem Text honorarfrei, sofern Autor und Quelle (www.pecht.info) angegeben werden und ein Belegeexemplar übersandt wird (per Mail genügt).

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