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2009-09-22a Porträt: 

Frauke Bernds, allseits geschätzte Orchesterdirektorin,  verlässt nach zehn Jahren Koblenz
 

Beste Wünsche für den „Tapetenwechsel“

 
ape. Koblenz. „Es wurde einfach Zeit für einen Tapetenwechsel“ beantwortete Frauke Bernds die während ihrer letzten Koblenzer Tage oft gestellte Frage, warum sie ihre Stellung als Orchesterdirektorin beim Staatsorchester Rheinische Philharmonie (SRP) aufgibt. Manchmal sprach die 1974 geborene Lübeckerin auch von einem „Moment des Innehaltens“ oder einer „Phase der Orientierung“. Wenn dieser Artikel erscheint, ist die junge Frau bereits auf dem Weg nach Neuseeland. Dort, auf der anderenb Seite der Erde, will sie  während eines langen Urlaubs die Anspannung abstreifen, Abstand gewinnen – um hernach für eine Weile in Berlin ihre Zelte aufzuschlagen, und von da aus zu sehen, welche anderen Herausforderungen Welt und Leben für sie noch bereithalten.

Im Orchester und dessen Umfeld ist das Bedauern über Frauke Bernds Weggang groß. Denn sie war ein Gewinn, und ihr Fehlen wird nun als Verlust empfunden. „Sie war der richtige Mensch auf der richtigen Position“ meint Daniel Raiskin, das Wort „Mensch“ betonend. Sie habe immer mehr gemacht als sie musste, „weil sie Spaß an der Sache und eine wirkliche Leidenschaft dafür hat“. Und der SRP-Chefdirigent fügt hinzu: „Frau Bernds verstand es einfach, unter den gegebenen Bedingungen den bestmöglichen Arbeitsrahmen zu schaffen. Ohne sie wäre in meinen ersten vier Koblenzer Jahren wohl kaum die Hälfte unserer künstlerischen Ambitionen realisierbar gewesen.“


Dennoch missgönnt ihr niemand den Umstieg in eine neue Lebensphase; beste Wünsche für ein erfolgreiches Innehalten und anschließendes Fortschreiten waren beim Abschied in den letzten Tagen zahlreich. Frauke Bernds' bisheriger beruflicher Weg ließ schließlich kaum Raum für ausgreifendes Nachsinnen über den eigenen Werdegang. Sehr bald nach Abschluss des Schulmusik- und Germanistikstudiums in Heidelberg/Mannheim kam sie als Volontärin zur Rheinischen Philharmonie. Das war anno 2000 im Februar. Als Rainer Neumann zusätzlich zur Koblenzer Intendanz auch diejenige der Staatsphilharmonie in Ludwigshafen übernahm, wurde Bernds im Dezember 2001 erst kommissarische, im August 2002 dann ordentliche Orchesterdirektorin, damit faktisch Statthalterin des Intendanten in Koblenz.


Ja, zu Beginn gab es beim einen oder andern Zeitgenossen durchaus auch Bedenken, nach der Devise: Ob dieses Mädchen, noch in den 20ern, das kann? Ich selbst gehörte als berufsmäßig skeptischer Beobachter des Orchesters zu den Zweiflern. Allerdings nicht lange. Vor der ebenso unaufdringlichen wie effektiven, offenherzig-freundlichen wie entschlossen-strukturierten Art und Arbeitsweise der hellwachen, klugen Frau verblassten die Bedenken rasch. Im Rückblick ist klar: Frauke Bernds hat über ihre fast zehn Jahre in Koblenz einen sehr guten Job gemacht. Das attestiert auch der Orchestervorstand. Dessen Sprecher Lothar Hänsel beschreibt es so: „Sie hatte Kontakt zu den Veranstaltern, Stadt, Theater, Freundeskreis usw. Ihre charmante Art hat bestimmt so manche Tür geöffnet. Sie war für alle Ansprechpartner, also auch für uns (Vorstand ), aber auch für alle anderen Orchestermitglieder. Immer ein offenes Ohr und dabei fast immer freundlich, nie böse und schon gar nicht nachtragend, wenn es Konflikte gab.“


Ganz ähnlich sieht es Herbert Grohe, Vorsitzender des Orchester-Freundeskreises. Seine Worte unterstreichen den Eindruck vieler, dass diese Orchesterdirektorin auch eine Vertrauen schaffende und inspirierende Kommunikatorin von hohen Graden war: „So sehr wir die Entscheidung von Frau Bernds verstehen, so sehr bedauern wir sie. Frau Bernds war für den  Freundeskreis bereitwilliger verständnisvoller Ansprechpartner, Berater, Ideengeber auch und insbesondere in der schwierigen Zeit der sogenannten Orchesterstrukturreform.“ Jene turbulente Phase „war für mich die einzig wirklich problematische Zeit in Koblenz“, erinnert sich Bernds bei einem unserer letzten Gespräch am Ort. Im Herzen beim Orchester, im Kopf nicht überzeugt von der Reform, aber in ihrer Funktion doch dem Mainzer Dienstherrn zur Loyalität verpflichtet, war sie „ziemlich unglücklich so zwischen allen Stühlen.“

Im gewöhnlichen Orchesteralltag indes fiel ihr der Spagat zwischen freundschaftlicher Kollegialität und Vorgesetztenfunktion erstaunlich leicht. Die beiden Ebenen auseinander halten, sie wechselseitig keinen Einfluss aufeinander, keine Macht übereinander gewinnen lassen: Was in vielen Unternehmen und Institutionen schier unmöglich scheint, Frauke Bernds konnte es, wird es weiter können. Denn die Fähigkeit dazu liegt in ihrem Naturell, das sie nicht unter fehlgeleiteten Eitelkeiten oder überbordendem persönlichen Ehrgeiz verschüttet hat. Meine Frage nach ihrer Gesamtbewertung der Koblenzer Zeit wurde ebenso schlicht wie eindrücklich beantwortet: „Ich habe unendlich viel gelernt im Umgang mit Menschen; das Größte aber war, die Entwicklung dieses Orchesters über eine so lange Zeit miterleben zu dürfen – und dabei ein kleines bisschen helfen zu können.“
Alles Gute auf den Weg, liebe Frauke!                         Andreas Pecht                                              
 
(Erstabdruck im Oktober 2009)
 
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