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2009-10-28 Feature:

Gespräch mit dem designiertem Oberbürgermeister Joachim Hofmann-Göttig und
dem amtierendem Kulturbeigeordneten Detlef Knopp

 

Neues Tandem strampelt
für Koblenzer Kultur

 
ape. Koblenz. Die Zwei kennen sich, schätzen sich, sind per Du miteinander: Joachim Hofmann-Göttig und Detlef Knopp. Ersterer ist zurzeit noch Kulturstaatssekretär des Landes Rheinland-Pfalz, am 1. Mai 2010 tritt er das Amt des Koblenzer Oberbürgermeisters an (Amtszeit bis 2018). Der andere ist im Stadtvorstand Koblenz seit 1999 Beigeordneter, verantwortlich u.a. für die Kultur. Vom Hauptfach her (Kultur) sind sie also Kollegen. Vom Parteibuch her sind sie einigermaßen kompatibel – zumal der Sozialdemokrat Hofmann-Göttig als unparteiischer Kandidat in die OB-Wahl ging, und Knopp wohl eher als Realo-Grüner gelten darf. Wir haben die beiden zum Gespräch gebeten, um herauszufinden, welche Perspektiven sich für die Kultur am Ort aus der ungewöhnlichen Konstellation ergeben, dass ein vormaliger Kulturstaatssekretär am Rhein-Mosel-Eck Oberbürgermeister wird.


Die erste Perspektive ergibt sich aus dem Treffen selbst: Der designierte OB hatte auf Teilnahme des Kultur-Beigeordneten bestanden; die Sekretärinnen der beiden Herren hatten die Zusammenkunft in Knopps Koblenzer Rathausbüro arrangiert. Bedeutet: Entgegen diverser Spekulationen interessierter Kreise wird Hofmann-Göttig das Kulturressort nicht an sich ziehen, sondern es in den Händen von Knopp lassen. „Wir sind Freunde“, sagt er, „und was die Kultur angeht, ganz ähnlich gestrickt. Das hier ist unser gemeinschaftliches Projekt, und wir werden es gemeinsam ohne hierarchischen Krampf energisch verfolgen.“ Knopp haut in diesselbe Kerbe: „Ich habe mich für Hofmann-Göttig eingesetzt, weil ich über die Jahre sehen konnte, dass sich mit seiner Hilfe die Kultur im Land gut entwickelt hat. Auch für Koblenz haben wir einiges gemeinsam erreicht, beispielsweise die Theatersanierung oder bei der Orchesterfinanzierung. Ich bin überzeugt, dass seine Wahl zum OB die Kultur in Koblenz stärkt.“

Sind die beiden kulturpolitisch also ein Paar, zwischen das kein Blatt passt? Man muss genau hinhören, dann lassen sich hinter weitreichenden Übereinstimmungen hinsichtlich großer Linie und Projekte  – BUGA, Mittelrheinforum am Zentralplatz oder Erschließung des Koblenzer Festungsringes als europäisches Alleinstellungsmerkmal – doch unterschiedliche Nuancen der Schwerpunktsetzung ausmachen. Hofmann-Göttig denkt Kultur stärker als Faktor der Wirtschaftschaftsentwicklung. Einerseits sei Kultur wesentlich für die Attraktivität der Stadt; das nutze der örtlichen Wirtschaft. Andererseits bedeute eine florierende Mittelstandswirtschaft am Ort Einnahmensicherung für die Kommune. Was nicht zuletzt der Kultur zugute komme und helfe, „finanzielle Grausamkeiten“ ihr gegenüber zu vermeiden. Ein „Streichkonzert“ wollen beide auf keinen Fall.

Strategie: "Koblenz in der Region"

Daraus ergibt sich für den künftigen OB eine zentrale Frage über 2011 hinaus: „Wie kriegen wir es hin, einen Teil der Besucher, die wegen der BUGA einmal hierher gekommen sind, auch nach der BUGA als Wiederholungsgäste zu gewinnen?“ Hofmann-Göttig, als Staatssekretär das Denken in Regional-Zusammenhängen gewohnt und als Netzwerker bekannt, will dabei auf ein strategisches Gesamtpaket setzen. „Koblenz in der Region“ heißt der Arbeitstitel dafür und meint: Mit seinem Kultur-, Geschichts-, Freizeit- und  Einkaufsangebot, mit seiner natürlichen Lage am Zusammenfluss von Rhein und Mosel sowie an der Nahtstelle der vier Mittelgebirge ist Koblenz urbanes Zentrum („Hauptstadt“) einer kulturtouristisch höchst attraktiven Region. Dieses überlokale Pfund gilt es zu entwickeln und zu vermarkten –  dazu gehören Sicherung und Steigerung der örtlichen Kulturqualität ebenso wie der Schulterschluss mit den Nachbarn vom Westerwald über die Ahr bis hinüber nach Trier, hinauf nach Bingen,  über Loreley und Lahnstein den Mittelrhein herunter wieder bis Koblenz.

Detlef Knopp steht dem positiv gegenüber. Und doch setzt er wiederholt, auch, einen anderen Akzent. Er hebt auf die Bedeutung der Kultur für die heimische Bevölkerung ab. Museen,  Stadtbibliothek, Stadttheater, Philharmonie, Musikschule, Jugendkunstwerkstatt, Jugendtheater... das alles liegt ihm unter dem Stichwort „kulturelle Bildung für die Bevölkerung“ mindestens ebenso sehr am Herzen wie das Gesamtkonzept seines künftigen Chefs. „Das eine tun und das andere nicht lassen“ insistiert Knopp. Hofmann-Göttig würde das seinerseits  unterschreiben: Weil ohne lebendiges, hochwertiges örtliches Kulturleben Koblenz eine ziemlich triste „Hauptstadt“ wäre, sein Konzept also nicht funktionieren könnte; und weil ihm bewusst ist, dass Kultur für die Menschen auch einen Wert an sich hat.

Von Miesepetrigkeit zum Aufbruchsklima

Am Ende könnten sich in der Kulturpolitik Hofmann-Göttig und Knopp gegenseitig befruchten: Im Großen und Ganzen am selben Strang ziehend, einander aber zur rechten Zeit doch mal ein „Bedenke!“ zurufend. Zum angekündigten Stil des neuen OB würde das passen, denn der soll offen, parteiübergreifend, der Sache dienend, produktiv und bürgernah sein. Wie sagt Hofmann-Göttig: „Das Koblenzer Binnenklima muss weg von der Miesepetrigkeit und sich in Richtung Aufbruchsklima entwickeln.“

Ergeben sich aus dem Umstand, dass der Kulturstaatssekretär zum OB wird, Vorteile für die Koblenzer Kultur? Eine Frage, die gewiss nicht in dem Sinne beantwortbar ist, dass Hofmann-Göttig künftig nur mal kurz in Mainz anrufen müsste, um für Koblenz Milliönchen locker zu machen. Aber, gibt er zu verstehen: Er saß dann lange genug auf der anderen Seite des Schreibtischs, um gut zu wissen, was wie gehen könnte, wenn man an diese oder jene Tür klopft. Obendrein dürfte sein Standing in Mainz dank seines Koblenzer Wahlergebnisses derzeit  recht stark sein. Wie lange das hält, weiß niemand. Also wird er  im Verhältnis Mainz-Koblenz vor allem in den nächsten zwölf Monaten ein paar Dinge auf die Schiene setzen müssen. Das ist ihm bewusst –  verständlicherweise mag er sich aber nicht vorfristig in die Karten schauen lassen. Ein Karte indes ließ er sehen: Planungssicherheit für die Rheinische Philharmonie auf dem bisherigen Niveau will er organisieren.

Zunächst geht vom 1. Mai an der Neue mit den (allen) alten Beigeordneten in die Vorbereitung des Jahrhundert-Events und der „Riesenchance“ BUGA. Doch sein und Knopps Grübeln gilt auch bereits der Zeit danach. Gut so.                                   Andreas Pecht



(Erstabdruck 44. Woche im Oktober 2009)

Hofmann-Göttig, Knopp, Gespräch, Kultur Koblenz, Perspektiven
 
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