Thema Politik
Thema Gesellschaft
homezur Startseite eMail an Autor • eMail to author • contact auteureMail an den Autor Seitenübersicht • sitemap • Plan du siteÜbersicht sitemap Seite drucken • site print • imprimer siteArtikel drucken

2009-12-09 Kommentar:

Zum "InternationalenTag der Menschenrechte"
am 10. Dezember
 

"Kein Land ist frei von Diskriminierung"
 
ape. Kein Land ist frei von Diskriminierung.“ Mit diesen Worten legt UN-Generalsekretär Ban Ki Moon anlässlich des morgigen Internationalen Tages der Menschenrechte den Finger auf eine offene Wunde der zivilisatorischen Entwicklung:  Noch immer werden, selbst in den fortgeschrittenen Demokratien, tagtäglich Menschenrechte missachtet.

„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren“, heißt es im ersten der 30 Artikel der Menschenrechtscharta. Heute vor 61 Jahren von der UNO-Vollversammlung verabschiedet, wurden damit erstmals in der Geschichte unveräußerliche Rechte des Individuums durch eine internationale Vereinbarung festgeschrieben und bindend unter Schutz gestellt.

Doch der tägliche Blick in die Weltnachrichten macht rasch deutlich, dass Papier geduldig ist und der Weg von guten Absichten zu Verbesserungen der Realität weit. Die in diesen Tagen wieder virulente Unterdrückung der iranischen Opposition verstößt gegen die Menschenrechte. Ebenso der Umgang der Pekinger Führung mit chinesischen Dissidenten oder die jahrelange Arrestierung der Friedensnobelpreisträgerin Aung Sa Suun Kyi durch die Junta in Birma.

Die Ablehnung solch augenfälliger Repression ist uns so selbstverständlich geworden wie der Abscheu gegenüber Genitalverstümmelung von Mädchen in Afrika, Kinderarbeit in Indien oder Ehrenmorden an Frauen in Anatolien. Richtig und falsch, gut und schlecht liegen in solchen Fällen auf der Hand: Dort wird Unrecht begangen, werden die Menschenrechte mit Füßen getreten.

Wie aber verhält es sich mit den Menschenrechten bei der Bekämpfung von echten oder vermeintlichen Übeltätern und Verbrechern? Der mexikanischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen die  Drogenmafia zu foltern, willkürlich zu töten und Menschen verschwinden zu lassen. Diese Methoden erschrecken ähnlich wie so manches „Zupacken“der US-Geheimdienste während der vergangenen Jahre im „Krieg gegen den Terror“ oder die Quälereien in Abu Ghuraib. Auch das Gefangenenlager Guantánamo ist noch immer  nicht geschlossen.

Kann der Zweck die Mittel heiligen? Nein. Die Menschenrechte sind unteilbar. Sie schließen das Rache-Prinzip ebenso aus wie ein Vorgehen im Sinne von Auge um Auge. Denn Unrecht kann nicht mit Unrecht, sondern nur mit Recht bekämpft werden. Was du nicht willst, das man dir tut, das füg auch keinem andern zu – selbst wenn jener sich einen feuchten Kehricht um diese menschliche Grundregel kümmert.

Für die Bundeswehrsoldaten in Afghanistan ergibt sich ein sehr praktisches Problem: Dürfen sie von ihnen gemachte Kriegsgefangene an afghanische Behörden ausliefern, wenn bekannt ist, dass dort gefoltert wird. Ein Problem, mit dem auch deutsche Ermittler mehrfach bei der Zusammenarbeit mit dem US-Geheimdienst konfrontiert waren. Die deutsche Politik kann diese Fragen nicht in einer ungeklärten Grauzone belassen. Die Soldaten müssen wissen, woran sie sind. Und es gilt für Deutsche allemal: Der Zweck heiligt nicht die Mittel.

UNO-Chef Ban Ki Moon sprach davon, dass „kein Land“ von Diskriminierung frei sei. Er meint damit auch, dass der Verweis auf die Untaten anderer anderswo die eigenen Verfehlungen nicht relativieren kann und darf. Der zweite Artikel der Menschenrechtscharta verlangt, dass jeder Mensch alle Rechte und Freiheiten ausüben darf, „ohne irgendeinen Unterschied etwa nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Überzeugung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand“.

Der Blick in den Alltag verdeutlicht, dass wir auch hierzulande von der Realisierung dieser Prinzipien noch weit entfernt sind. Nach wie vor verdienen in Deutschland Frauen für die gleiche Arbeit meist weniger als ihre männlichen Kollegen. Nach wie vor kommt der sozialen Herkunft de facto entscheidender Einfluss auf den Bildungsweg der Kinder zu. Nach wie vor gibt es in unserem Land Rassismus und Antisemitismus in Wort und Tat. Und keineswegs entschieden ist, dass ein Volksentscheid über Minarett-Verbote bei uns anders ausginge als in der Schweiz.

Es frage sich am Tag der Menschenrechte ein jeder auch mal aufrichtig selbst: Sehe ich im Anderen ohne Vorbedingung den vollwertigen, gleichberechtigten Mitmenschen – im Einwanderer, Flüchtling, Hungerleider, im Afroamerikaner, Asiaten oder Indio, im Andersgläubigen oder Ungläubigen, im Kind, Greis oder Behinderten, im Angestellten und Untergebenen? Die Menschenrechtscharta ist nicht nur auf ferne Diktaturen und staatliches Handeln gemünzt. Sie zielt auf das Zusammenleben der Menschen rund um den Erdball – den eigenen Wohnort inklusive.                                                                      Andreas Pecht


(Erstabdruck 10. Dezember 2009)
 
Diesen Artikel weiterempfehlen was ist Ihnen dieser Artikel
und www.pecht.info wert?
 
eMail an Autor • eMail to author • contact auteureMail an den Autor
eMail an webmaster • eMail to webmaster • contact webmastereMail an webmaster Seitenanfang • go top • aller en-hautan den Anfang Seite drucken • site print • imprimer siteArtikel drucken