Thema Musik
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2009-12-13 Konzertkritik:

Daniel Raiskin geht volles Risiko: Aufregendes letztes Konzert im alten Jahr beim Musik-Institut Koblenz
 

Rheinische glänzt mit barockem Furor, das Pianoduo Stenzl mit Mozarts Schalk 

 
 
ape. Koblenz.  Das letzte 2009er-Anrechtskonzert beim Musik-Institut Koblenz bot vor vollem Haus erstaunende bis entzückende Momente: Joseph Haydns Sinfonie Nr. 37 in barockem Furor glänzend; Wolfgang Amadeus Mozarts Konzert für zwei Klaviere als schalkhaftes Spiel mit Fallstricken; die 3. Sinfonie von Felix Mendelssohn Bartholdy zwischen pastoraler Melancholie und  riskantem Überschwang auf schottischem Tanzboden.


Die Rheinische Philharmonie ist richtig gut drauf an diesem Abend. Motiviert, konzentriert, der ganze Klangkörper unter Hochspannung. Nur so auch lässt sich überhaupt realisieren, was Chefdirigent Daniel Raiskin gleich zu Beginn mit der Haydn-Sinfonie vorhat. Entstanden wohl 1757 ist sie eine der frühen Sinfonien des Komponisten, trägt noch reichlich Barock-Gestus in sich. Auf den hat es Raiskin offenbar abgesehen. Und zwar in der scharf akzentuierenden, extrem schnellen Spielweise, die in den vergangenen 30 Jahren als historisch authentisch ausgeforscht wurde.

Das für Haydn auf schlanke Streicherbesetzung mit zwei Obeon und zwei Trompeten reduzierte Orchester nimmt das Presto für den ersten Satz beim Wort. Zu erleben ist ein entfesselter Temporitt, der indes kein Jota am Präzisionsanspruch nachgibt, deshalb in knackender, kristallener  Transparenz rüberkommt. Kein Schlummer im Saale; auch die Hörer sitzen senkrecht, bestaunen die hier impulsstark umgesetzte hohe Kunst des barocken Rock'n'Roll. Ruhiger das Menuett,  nicht minder prägnant: Kopf hoch, Brust raus, entschlossen die Schritte gesetzt – so die Aufforderung der Musik an den höfischen Tanz.

Raiskin liebt Stimmungs- und Klangfarbenkontraste, lässt sie vom Orchester scharf herausarbeiten.   Haydns Andante-Satz führt auf eine Insel zart-poetischer Besinnlichkeit. Wie umgekehrt nachher in Mendelssohns „schottischer“ Sinfonie der zweite Satz (vivace) die naturmalerisch inspirierte  Elegie des Werkes mit zu schierer Ekstase aufschäumender Folklore durchbricht. Die Rheinische geht volles Risiko. Über das Irrsinnstempo in dieser Passage ließe sich durchaus strittig diskutieren – wäre das Ergebnis nicht so aufregend.

Zwischen Haydn und Mendelssohn das einzige Konzert von Mozart für zwei Klaviere; life selten zu hören. Wie Hans-Peter und Volker Stenzl als Gastsolisten das Werk anpacken, ist faszinierend und irritierend zugleich. Gefälliges Glätten kommt für das renommierte Brüder-Duo nicht infrage: Pointiert wird der übermütige Spielwitz herausgearbeitet, mit dem der junge Mozart rhythmische Stolpersteine und harmonische Seltsamkeiten in das Stück hineingeschrieben hat.  Vermutlich lachte Wolferl dabei laut, war die Komposition doch einem „Scheusal“ von Klavierschülerin zugedacht. Dies Lachen klang im Stenzl-Vortrag nach. Famos.
                                                                                        Andreas Pecht

(Erstabdruck am 13. Dezember 2009)

Musik-Institut Koblenz, 4. Anrechtskonzert, Rheinische Philharmonie unter Daniel Raiskin, Solisten: Gebrüder Stenzl
 
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