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2009-12-16 Feature:

Rheinisches Landesmuseum Trier hat eine gut gemachte  neue Dauerausstellung

 

Spannende Zeitreise durch Trier

 
ape. Es gibt in Rheinland-Pfalz drei Landesmuseen. Eines in Mainz mit kunstgeschichtlichem Schwerpunkt. Eines in Koblenz, dem Technikgeschichte besonders am Herzen liegt. Und eines in Trier, das sich als Forum für archäologische Funde versteht. Alle drei Häuser befinden sich in einer Phase der Neugestaltung. Die wird in Mainz 2010 abgeschlossen, beginnt in Koblenz eben erst  –  und hat Trier jüngst eine runderneuerte Dauerausstellung beschert. Dorthin richtet sich für diesmal der Blick.


„Rheinisches Landesmuseum Trier“: Der 1889 im Renaissance-Stil errichtete, im Zweiten Weltkrieg zerstörte, stilistisch verfremdet wiederaufgebaute, vielfach erweiterte Bau hat prominente Nachbarn. Hüben kurfürstliches Palais und Konstantinbasilika, drüben die römischen Kaiserthermen; alle zu erreichen in nur zwei, drei Fußminuten durch hübsche Grünanlagen. Auch zu anderen berühmten Geschichts-Zeugnissen in der Moselstadt sind es vom Museum aus allenfalls kleine Spaziergänge: Viehmarktthermen, Dom, Porta Nigra...

In kaum einer anderen deutschen Stadt muss man die Baggerschaufel so vorsichtig ansetzen wie hier. Denn Trier steht allüberall auf  uralten Zivilisationsrelikten. Von den modernen Staatsgrenzen zwar etwas an den Rand gedrängt, war das trierische Land in der Geschichte doch ein bedeutender Siedlungsraum und die Stadt lange urbanes Zentrum der römischen Welt nördlich der Alpen. Trier und Umland sind deshalb ein Dorado für archäologische Entdeckungen und Forschung.

Das "grabende Museum"

Diese Arbeit wird dort seit mehr als 200 Jahren systematisch betrieben, brachte bedeutende Sammlungen hervor, die von der Verwaltung der preußischen Rheinprovinz 1877 im eigens gegründeten Provinzialmuseum Trier zusammengefasst wurden. In dessen Nachfolge hat das Landesmuseum die große archäologische Tradition am Ort übernommen und gilt deshalb heute als eines der wichtigen Archäologie-Museen in Deutschland.

„Wir verstehen uns als grabendes Museum“, betont dessen Direktor Eckart Köhne beim Rundgang durch die im Oktober 2009 eröffnete neue Dauerausstellung. Gut 90 Prozent der 3000 Exponate dieser Schau sind archäologische Entdeckungen aus dem Heimatraum.  Viele davon haben jetzt erstmals ihr dunkles Lager im Depot gegen das Licht der Öffentlichkeit getauscht. Alle Stücke wurden aufgefrischt und zu ästhetischen wie sinnfälligen Präsentationen zusammengestellt. Die Ausstellung umfasst etwa 300 000 Jahre Regionalgeschichte von der Steinzeit über keltische Besiedlung, römische Epoche und christliches Mittelalter bis in die Neuzeit.

Der Aufbau folgt der historischen Chronologie, was den Rundgang zur spannenden Zeitreise macht. „Diese schnell erfassbare Überblicksstruktur haben wir wegen unseres sehr stark touristisch geprägten Publikums gewählt“, erläutert Höhne. Geführt vom Audio-Gide dauert die Zeitreise eineinhalb Stunden. Sie beginnt  in den Kindertagen der Zivilisation mit Knochenfunden, frühzeitlichen Steinwerkzeugen und ersten Kunstzeugnissen in Form von Schmuck aus Mammut-Elfenbein und Hirschzahn. Von dort geht es durch die Epochen der Jäger und Sammler zu den Ackerbaukulturen mit ihren sich rasch entwickelnden Verarbeitungstechniken auch von Holz, Ton und Metallen.

Edle und erhellende Präsentation

Dem Auftrag des Museums gemäß ist die Ausstellung auf archäologische Fundstücke konzentriert. Auf die Inszenierung historischer Lebensszenen wird weitgehend verzichtet, stattdessen erlauben zehn Videostationen interessante Einblicke in die Arbeit der Archäologen. Erhebliche Mühen wurden bei der Neugestaltung auf eine ansprechende Präsentation der Stücke verwandt. Die Epochen sind mit  Hintergrundfarben gegeneinander abgehoben. Formen und  Anordnung der Ausstellungsvitrinen folgen einem innenarchitektonischen Gesamtkonzept. Das wirkt nicht nur edel, sondern steigert den Erkenntniswert des Museums für den Besucher.

Überzeugend etwa ist, wie Pfeilspitzen, Äxte und andere Exponate nicht einfach in Vitrinen liegen, sondern so aufgehängt und ausgeleuchtet sind, dass eine dreidimensionale Betrachtung möglich wird. Faszinierend die Zusammenstellung von kompletten Grabbeigaben aus keltischer Zeit, gefunden in unberührten, nicht von Plünderern verwüsteten Gräbern. Waffen,  Hausrat, Pferdegeschirr, Schmuck – in den Totengaben spiegelt sich keltische Lebenskultur wider. Und die macht Staunen, verweisen doch Materialhandhabung, Gestaltungskraft und Einbindung von Motiven selbst aus der fernen Griechenkultur die römische Bezeichnung  „Barbaren“ ins Reich imperialer Propaganda.

Natürlich nimmt auch in den neugestalteten elf Räumen das römische Erbe von „Augusta Treverorum“ wieder eine zentrale Stellung ein. Das kann nicht anders sein am dereinst wichtigsten Standort des Imperium Romanum im nordwestlichen Europa. Trier war römische Kaiserresidenz, die Stadt galt in ihrer spätantiken Blütezeit als zweites Rom. Davon legen im Museum neben zahlreichen anderen Exponaten gewaltige Gabmale beredtes Zeugnis ab, die sich Patrizierfamilien hier hatten bauen lassen. Doch die fast erdrückende Dominanz römischer Exponate in der alten Dauerausstellung ist jetzt gemildert worden zugunsten einer ausgewogeneren Systematik der Gesamtgeschichte.

Filmisch-museales Geschichtserlebnis

Besagte Grabmale sind zum weiten Halbrund angeordnet. Mit dieser „Gräberstraße“ hat Eckart Köhne in der nächsten Ausbaustufe etwas sehr Spezielles vor: Animationsprojektionen sollen in die Steine gemeißelte Szenen zum Leben erwecken. Ein filmisch-museales Raumerlebnis wird in 45-minütigen Sonderveranstaltungen die Kolosse zum Sprechen bringen, sie in Bild und Ton Geschichten aus ihrer Geschichte erzählen lassen. Ab Sommer 2010 soll diese in bislang noch keinem Archäologie-Museum benutzte Technik der Erlebnis-Präsentation laufen.

Die Zeitreise führt weiter durchs nachrömische Mittelalter hinein in die Epoche der Stadt als Bischofs- und Kurfürstenresidenz, endet in einem Kabinett mit trierischen Gemäldeansichten aus dem 19. Jahrhundert. Unterwegs dorthin begegnet man dem Nachbau einer Senkgrube aus historischer Zeit. Das ist ein lehrreicher Fingerzeig der Archäologen: Kaum eine andere Fundstelle verrät Nachgeborenen mehr über die Altvorderen als deren Müllhalde.                                                                      Andreas Pecht

Infos: www.landesmuseum-trier.de

 
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