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Geschrieben im Juli/August 2009:
Guten Tag allerseits
 
27.8.

Hinweis in eigener Sache. Vor einiger Zeit stillschweigend eingestellt: die monatliche Vorschau auf die Premieren an den Theatern in Rheinland-Pfalz und in angrenzenden Städten. War offenbar eine Fehleinschätzung meinerseits hinsichtlich des Leserinteresses dafür. Auf Bitten und Anregung mehrerer Leser wird dieses Service-Element reaktiviert  und erscheint mit Beginn der Spielzeit 2009/10 wieder jeden Monat (siehe jeweils  im "Aushang" links oben auf der Startseite). Los geht's natürlich mit den ∇ Premieren September an Theatern zwischen Kaiserlautern und Köln

26.8.

Lasst die Kirche im Dorf! Was soll die Aufregung um ein paar Tausend Euro aus der Repräsentations- und Kontaktpflegekasse des Bundeskanzleramtes, die angelegentlich von Ackermännern und Merkelfrauen verfuttert und versoffen wurden. Besser die Wirtschaftsmogule werden bisweilen auf Staatkosten bewirtet, als die Staatsdiener mit Wirtschaftszuwendungen geschmiert. Wenn schon insistieren, dann bitteschön auf den Anlass selbst: Was geht das Kanzleramt überhaupt der Geburtstag eines Herrn Ackermann an? Und daraus abzuleitende Fragen: Wieviel Nähe zwischen Politikern und Wirtschaftsmächtigen ist der Republik zuträglich? Ab wann schlagen auf welche Weise  notwendige Kontakte um in Richtung Ausformung einer vom Volk abgehobenen Herrschaftsklasse?  Wie ist auf diversen Ebenen von der Kommune übers Land bis zum Bund der heutige Stand  derartiger Hautevollee-Bildung? Kurzum: Wessen Gedanken denkt, Interessen verfolgt, Lieder singt welcher Politiker warum? Kleinbürgerlicher Spartanismus steht der Beantwortung eher im Wege.  

25.8.

"Trotz der ständigen Neuerungen in der Finanzwelt der letzten 350 Jahre geht es grundsätzlich immer um Hebelwirkung ("leverage"), das heißt um Investitionen mit geborgtem Geld. Das Risikoniveau wird hochgedreht, weil dabei weit höhere Renditen locken. Es gibt jede Menge Investoren, die glauben, hohe Renditen seien ganz ohne Risiko zu haben. Doch Jahrhunderte von Finanzkrisen lehren, dass nichts umsonst ist - besonders hohe Renditen gibt es nur um den Preis einer besonders hohen Wahrscheinlichkeit, dass alles verlorengeht. Leider wird diese elementare Einsicht der Finanztheorie immer wieder kollektiv vergessen oder verdrängt. (...)  Auch wenn ich es nicht besonders gern zugebe, muss ich einräumen, dass der Markt zur Selbstregulierung wenig geeignet ist - von der Behebung der Kollateralschäden ganz zu schweigen. Bei dieser Aufgabe hat er bereits massiv versagt. Weil es aber immer wieder Finanzkrisen geben wird, müssen wir zumindest dafür sorgen, dass die dabei entstehenden Schäden auf die dafür Verantwortlichen beschränkt bleiben. Wir brauchen eine intelligente Regulierung."

Ökonom Michael C. Burda heute in einem - lesenswerten, obwohl vielfach angreifbaren - Essay auf Spiegel online zur Finanz- und Wirtschaftskrise.

24.8.

Während der Arbeit am heute fertig- und eingestellten Artikel zur CCS-Technologie schweifte das Auge immer wieder mal hin zu einem kleinen, noch verschweißten Bändchen, das zuoberst auf dem Rezensionsstapel der Herbstbücher liegt. Der eigentümliche Titel ist es, der die Aufmerksamkeit auf sich zieht und das Hirn auf Abwege führen will:
"Glück ist ein vorübergehender Schwächezustand ",
hat Tankred Dorst das Büchlein, das nur eine Erzählung enthalten soll, betitelt. Der Titel allein möchte allerhand Nachdenken motivieren. Was wohl mag die Lektüre kommende Woche erbringen?
 

22.8.

Bei Meinungsumfragen mache ich schon länger nicht mehr mit. Grundsätzlich nicht. Egal, ob irgendein Institut via Telefon abfragen will oder ob Papierzeitungen und Internet-Newsdienste um Antworten bitten. Warum diese Verweigerung? Zwei Gründe:
1.
Die Erfahrung zeigt, dass ein beträchtlicher Teil der Umfragen Meinungsforschung nur vorschieben, sie tatsächlich aber als Vehikel für kommerzielle Zwecke dienen. Oft genug erlebt: Nach der dritten Frage will der Telefonumfrager plötzlich etwas verkaufen, oder am Ende der Umfrage wird um Personendaten und Einverständnis für regelmäßige Übermittlung "weiterer Informationen und Angebote" ersucht. Dies gar nicht selten verbunden mit einem mehr oder minder dubiosen Gewinnspiel. Zunehmend begeben sich selbst als seriös geschätzte Zeitungen und Verlage in derartige Niederungen - die neuzeitlichen Marketingdenker sind offenbar kaum mehr sensibel dafür, dass sie mit solch durchsichtiger Plattheit dem eigenen Haus möglicherweise mehr Renommeeschaden zufügen als wirtschaftlichen Nutzen erbringen.

2.
Vollends verleidet hat mir Meinungsumfragen die Feststellung: Sehr viele Fragen gehen am eigentlichen Problem vorbei, oder aber die gebotenen Antwortmöglichkeiten beinhalten meine   Auffassung zum Thema nicht mal im Ansatz. Heute mit der Frühstückszeitung ins Haus geflattert beispielsweise die Frage: "Glauben Sie, dass genügend gegen die Wirtschaftskrise getan wird?" Angekreuzt werden kann Ja, Nein oder Egal. Was in drei Gottes Namen soll man da ankreuzen, wo doch weder zu viel noch zu wenig, sondern einfach das FALSCHE gegen die Wirtschaftskrise getan wird. Würde ich jetzt "egal" votieren, geriete meine Stimme bei der Auswertung widersinniger Weise in die Gesellschaft derer, denen die Krise völlig am Arsch vorbeigeht.  Nächste Frage: "Wird sich die Wirtschaftskrise auf Sie und Ihre Familie auswirken?" Was soll das ? Natürlich wird sie sich auswirken, so oder so. Sollten wir ungeschoren davon kommen, wird uns ein Stein vom Herzen fallen. Ist das keine Auswirkung? Kreuzte ich jetzt "Ja" an, wäre das eine aus meiner Sicht zwar zutreffende Antwort, die allerdings von den Auswertern inhaltlich völlig anders interpretiert würde.

Ein blödes Spiel, an dem ich also nicht mehr teilnehme. Was mir für die redlichen Studenten diverser Fächer leid tut, die sich zB für Seminararbeiten auf eigene Erhebungen stützen müssen und ein ums andere Mal sich ein Bein ausreißen, um telefonisch einen Mindestzensus zusammenzukratzen.  Das ist, wie man hört, ein richtig mühseliges Geschäft geworden, wegen des spürbar   wachsenden Widerwillens bei den Leuten, sich von fremden Menschen oder unbekannten Instituten befragen zu lassen.
    

21.8.

Luft, Luft, hurra, frische Luft! Nach dem gestrigen Sommerrekord tut die nächtens herbeigewitterte Abkühlung gut. Ist schon seltsam mit dem menschlichen Wetterempfinden: Hört man hinein ins Land, gibt es gewissermaßen fast gar kein "richtiges" Wetter. Noch bis Anfang August ging uns die Unstetigkeit des Sommers auf die Nerven, nachher hob schon nach wenigen Hitzetagen das Stöhnen darob an. Gemutmaßt sei: Als ideales Wetter würde wohl gelten, herrschten zwischen Mitte April und Ende Oktober tagsüber sonnige 23 bis 25 Grad und fiele der notwendige Regen unter der Woche in den Nachtstunden von 2 bis 5 Uhr. Bekämen wir dieses Ideal, es möchte uns nach längstens drei Wochen wohl als langweilig aus dem Halse hängen.

Gewöhnlich nicht sehr empfindlich gegen ein paar ordentliche Wärmegrade, überstieg der Hundstag gestern dann schließlich doch auch meine Verträglichkeit. Als am Nachmittag in der Journalistenklause unterm Dach das Thermometer auf schier 42 Grad kletterte, gab ich - am ganzen Leib triefend, im Hirn nur noch dumpf-leeres Brüten - auf und schloss das Büro. Rückzug in die rolladenverschattete Kühle der unteren Etage, dort Fortsetzung der Lektüre von Rüdiger Safranskis neuem Buch "Goethe & Schiller - Geschichte einer Freundschaft".

Ein angenehmes Lesen, weil unaufgeregt, kundig, lehrreich, in ebenso gepflegtem wie ungekünsteltem Deutsch spannender Stoff ausgebreitet ist. Am Betrachten der legendären Freundschaft zwischen den beiden Weimarer Klassikern entzündet sich  beim Leser manches Nachdenken über das Wesen von Freundschaft generell sowie über eigene Freundschaften speziell. Schon aus der ersten Hälfte des Buches darf man mitnehmen: Freundschaft braucht nicht zwingend den Gleichklang der Herzen und Hirne; eher sind Unterschiede, Reibungsflächen, ja Gegensätze im Denken und Naturell der Verbindung zuträglich. Mehr dazu alsbald.
   

17.8.

Sommerpause beendet. Auf dem Schreibtisch ein Berg von Post, der durchgesehen sein will. Die aufgelaufenen Zeitungen in den Frühstunden durchflogen. Erster Eindruck: Kaum was  verpasst in den zurückliegenden dreieinhalb Wochen. Von neuen Regulativen für die Finanzmärkte keine Spur; der Durchmarsch zum Status Quo ante hält an. Die SPD steckt nach wie vor im Loch, die CDU hat nach wie vor nichts Substanzielles zu sagen.... Politik as usual. Das einschneidenste Ereignis dieser Zeit war wohl der Tod von Theaterregisseur Peter Zadek, ohne den die Bühnenkunst heute anders aussähe als sie aussieht.

Dreieinhalb Wochen Urlaub fast ganz ohne Fernsehen und Internet sowie bei extrem reduzierter Zeitungslektüre: Diesen Luxus gönnte ich mir. Er tat Hirn und Seele ausgesprochen gut,  brachte auch die Maßstäbe für Wichtigkeit mal wieder ins Lot. Gedanken, die man nur für sich selbst denkt, ohne stets ihre publizistische Verwertung im Auge zu haben. Überlegungen, die langsam durch die Hirnwindungen kriechen, mal hierhin, mal dorthin mäandern, gemächlich reifen und sich beinahe mehr als Gefühl denn als klar umrissene Denkgebilde setzen können. Man möcht' sich daran gewöhnen - würden nicht alsbald die profanen Notwendigkeiten und schlussendlich auch der (wohl illusorische) Wunsch nach Veränderung des Gangs der Dinge einen zurückzwingen ins Gewusel.

Zum Wiedereinstieg in den Alltag habe ich drei bereits Anfang August in der Zeitschrift "KulturLand Rheinland-Pfalz" erstabgedruckt Artikel eingestellt:

2009-08-17b Vorbericht:
Ausblick auf die Spielzeit 2009/2010 an den Dreispartentheatern Mainz, Koblenz, Trier, Kaiserslautern


2009-08-17a Porträt:
Hüter unserer Altertümer - die Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE)


2009-08-17 Vorbericht:
Tag des offenen Denkmals am 13. September


     

9.8. ff

Statt einer Ansichtskarte. Entspannter Zuruf des urlaubenden Autors an die geneigte Leserschaft: Noch ein paar Tage Geduld, dann ist auch diese Sommerpause (leider) vorbei.  Am 16.8. spitze ich die Federn und fülle das Tintenfass frisch auf. Bis dahin noch eine gute Zeit allerseits.

18.7. ff

Es wird sich nun ein Weile auf dieser Website ziemlich wenig tun, denn der Autor macht Sommerpause. Zwischendurch werde ich ein paar bereits fertige, aber noch an Sperrfristen gebundene Artikel einstellen - zu finden dann über nebenstehende (linke) Spalte "Neue Artikel/Texte". Aktuelle Anmerkungen zum Tage dürfte es aber bis in den August hinein kaum mehr geben.  

Was dem interessierten Leser die Möglichkeit eröffnet, vielleicht mal geruhsam durchs Archiv zu surfen.  Den Archiveingang finden Sie am Kopf der Startseite. Mit dem Kursor auf den Button "Archiv/Backlist" gehen, dann öffnen sich vier Abteilungen; den Kursor auf eine davon bewegen, dann öffnen sich weitere thematische Unterabteilungen. Den interessierenden Bereich  jetzt angeklickt, und sofort  wird die Spalte "Neue Artikel/Texte" durch das Inhaltsverzeichnis der gewählten Unterabteilung ersetzt. Von dort geht es durch Anklicken der Titel zu den einzelnen Artikeln.

Sie können aber auch über die Suchmaschine am Kopf der Startseite im Archiv gezielt nach Stichworten suchen lassen.  Das Archiv umfasst vor allem Artikel/Texte/Vorträge, die seit dem Januar 2005 entstanden sind. Nur vereinzelt sind bislang Beiträge aus den Jahren davor eingespeichert.

Viel Vergnügen beim Stöbern. Ansonsten sei ein schöner(er) Restsommer gewünscht. 

  

17.7.

Was soll man nun davon halten? E.On ist eines der zwölf deutschen Unternehmen, die sich für das Desertec-Projekt (Solarstrom  aus afrikanischen Wüsten) stark machen. Zugleich suchte E.On gerade eben den Schulterschluss mit dem französischen  Energiekonzern EDF zwecks gemeinsamen Zeterns gegen die jüngsten Energieplanungen der britischen Regierung. Die sehen vor, bis 2020 rund 40 Prozent des Energiebedarfs in Großbritannien aus CO2-armer oder -freier Erzeugung zu decken. Genannt werden: Eneuerbare Energien, Atomkraftwerke und "saubere" Kohlekraftwerke. Allerdings soll nur ein knappes Drittel dieses Paketes auf die Erneuerbaren entfallen. Will sagen: Britanniens Regierung setzt weiter stark auf Kohle und Kernkraft, der Bau von 12 neuen AKWs und 4 CCS-Kohlekraftwerken ist avisiert. Doch E.On, EDF und dem britischen Industrieverband CBI passt selbst das nicht. Gemeinsam drängen sie in London darauf, den geplanten Anteil der Erneuerbaren deutlich zu reduzieren und stattdessen u.a. 15 neue AKWs zu bauen.

Wie passt das zum Desertec-Projekt? Wie die Faust aufs Auge, würde unsereiner sagen. Für die Energiekonzerne hingegen ist das nichts als "umweltfreundlicher Pragmatismus": Der europäische Energiemix der Zukunft, bestehend aus vielleicht 25 Prozent erneuerbarer Energie und aus 75 Prozent Atomstrom nebst "sauberer" Verbrennungsenergie. Die Linie gleicht derjenigen der Automobilindustrie: Hier ein Filterchen, da ein etwas verbrauchsärmeres Motörchen, dort aber viel Tamtam um Brennstoffzellen- und Elektroantrieb - der Rest ist Flottendurchschnittsschönrechnerei; also Täuschen, Mauern, Verzögern, Hinhalten. Von effektivem Richtungswechsel, von durchgreifend systemischer Wende keine Spur. Ich fürchte, es bleibt dabei, dass wir von dieser Seite freiwillig keinen entscheidenden Impuls für die Energiewende erwarten dürfen, sondern vor allem mit bloß grün geschminktem Weiter-so rechnen müssen. Ökonomisch ist das bloß die logische Fortführung des Prinzips kurzfristiger, allenfalls noch mäßig mittelfristriger Gewinnmaximierung. Psycholisch nennt man das Kognitive Dissonanz, wenn im vorliegenden Fall die Herrschaften partout nicht begreifen wollen oder können, dass auf dem hochindustrialisierten Planeten mit bald 10 Milliarden Bewohnern die Epoche des Feuers und sonstiger verbrauchender Energieerzeugung (darunter auch Atomstrom) sich objektiv überlebt hat.

Desertec ist im Grundsatz eine schöne Idee, aber für die Zukunftsfähigkeit der Menschheit völlig nutzlos, wenn die Konzerne sie nicht als Einstieg in eine zügig verfolgte systemische Energiewende auch ihrer selbst verstehen und anpacken. Noch ein Feigenblatt, hinter dem sich dann doch bloß wieder das sture Festhalten am Primat von Kernkraft, Kohle, Öl, Gas und Monopolistenprofit verbirgt, hält den unausweichlichen Epochen-Wechsel nur auf.      


16.7.

Zehn festangestellte Kollegen/innen meiner regionalen Frühstückszeitung (Rhein-Zeitung, für die auch ich sehr viel schreibe) haben jetzt eigene Blogs im Internet gestartet
(http://blog.rhein-zeitung.de). Schöne Sache, jedenfalls interessanter und ergiebiger als die Twitterei. Keine Einwände also, aber ein ganz praktisches persönliches Problem: Fast alle Medien haben inzwischen Internet-Auftritte, die sich auch inhaltlich teils erheblich von ihren Print- oder Sendeausgaben unterscheiden. Dazu kommen die reinen Internet-Zeitungen und jetzt sehr schnell auf breiter Front obendrein die Blogs. Selbst nach Ausblendung sämtlicher unsinnigen, halbseidenen oder inhaltschwachen Angebote, bleibt eine schier unfassbare Fülle substanziell spannender und auch wichtiger Auftritte übrig. Was jetzt tun, da allein die Sichtung der tagesaktuellen Inhaltsverzeichnisse in ausgewählten Netz-Medien bald mehr Zeit verschlingt als die morgendliche Selektivlektüre von Rhein-Zeitung, FAZ, Süddeutsche und TAZ? 

Guter Rat ist teuer, und noch habe ich keine Patentlösung für dieses Dilemma gefunden. Wenig originelle Praxis bis dato: Medienlektüre entlang einer wohl erwogenen, aber immer  umfänglicher werdenden Titelliste - bis unaufschiebbare Brotarbeit an eigenen Artikeln und Vorträgen jeden Tag aufs Neue den radikalen Abbruch der Presseschau erzwingt. Ja, ja, ich weiß schon: Letztlich werden nur Konzentration auf weniger Themen, noch strengere Medien-Auswahl und also Input-Reduzierung helfen.  Das sagt sich leicht, ist aber für einen u.a. Interdisziplin-Journalisten, für einen  Diskurs- und Geisteslebenbeobachter wirklich schwierig. Denn nach jedem Lektüreabbruch stellt sich unweigerlich das unangenehme Gefühl ein, Wichtiges könnte einem entgehen, woraus nachher möglicherweise unstatthaft verkürzende oder schräge Eindrücke und letztlich Aufsätze erwachsen. Es braucht wohl noch ein bisschen, den angemessenen Umgang mit der Info-Flut zu finden. 

Trotzdem konnte ich es mir nicht verkneifen, zum Start des Rhein-Zeitungs-Blogs eine knappe Erwiderung auf die dortige Polemik von Joachim Türk (http://blog.rhein-zeitung.de/?p=666 ) wider die Kritiker der Desertec-Initiative  zu schreiben. Mein  Einwand geht so: 

Sonnenenergie aus der Wüste. Wird Zeit, dass die schlafmützige Industrie diese uralte Öko-Idee endlich aufgreift. Ich begrüße die Desertec-Initiative, plädiere aber zugleich für misstrauische Beäugung, kritische Prüfung und kontroverse Diskussion. Nicht um ein angebliches "Freund-Feindbild" zu pflegen, sondern leidiger Erfahrungen wegen. Er wäre fatal, würden im Zuge der Realisierung einer im Grunde guten Idee alle Fehler blinder Großtechnik-Euphorie und verantwortungsloser Kolonialarroganz aus den vergangenen 200 Jahren noch einmal begangen.
Übrigens: So gigantisch ist die für Desertec avisierte Investitionssumme von 400 Milliarden Euro auch wieder nicht. Die Gesamtkosten für die 17 deutschen Kernkraftwerke werden inklusive aller öffentlichen Subventionen sowie Demontage und zweifelhafter "Endlagerung" schlussendlich locker deutlich darüber liegen.


13.7.

Lassen wir mal alle denkbaren Pferdefüße, Tricksereien, Hinterfotzigkeiten und Rücksichtslosigkeiten beiseite, die noch aufkommen können und werden, dann ist das Projekt "Desertec"  (http://www.spiegel.de/wirtschaft)
die erste wirklich gescheite Zukunftsidee großen Stils aus der konventionellen Wirtschaft: Solaranlagen mit einem Investitionsvolumen von 400 Milliarden Euro in den Wüsten Nordafrikas. Ein Flop wär's freilich, wenn Vattenfall, e.on, Siemens et tutti quanti sich das dann auf  ungehemmte Verschmutzungsrechte im Rest der Welt anrechnen lassen würden.
  
                                                    ***

Die jüngsten Krümmel-Pannen befeuern die AKW-Diskussion, und der Bundestagswahlkampf bläst ordentlich in die Glut. Gleich tanzen auch wieder die Angst-Versteher übers Diskurs-Parkett, also jene Politiker, Lobbyisten und Publizisten, die Verständnis zeigen für die "Angst vieler Menschen vor einer Technik, die sie nicht verstehen".  Interessant, dass die Mehrzahl der Angst-Versteher Befürworter der Kernkraft sind. Ihr Trick: Sie tun, als sei Angst der Hauptgrund für die anhaltende breite Ablehnung der AKWs in der deutschen Bevölkerung - mithin ein zwar natürlicher, aber letztlich doch kindischer, unvernünftiger, irrealer Reflex. Man sollte dem nicht auf den Leim gehen. Nicht blinde Angst ist der Grund für AKW-Gegnerschaft, sondern Vernunft. Warum tanke ich, wenn bei Gelegenheit das Benzin mal billiger ist, nicht 10 große Kanister voll und stell sie mir in den Keller? Weil's unvernünftig wäre, weil der Nutzen (Sparen) in keinem Verhältnis zu den Gefahren stünde, die ich für die Meinen und die Nachbarn heraufbeschwöre. Es gibt Leute, die das machen, aber die sind  weniger mutig als dumm. Genauso verhält es sich mit einer Energietechnik, bei der es technisches und menschliches Versagen wegen der alle Dimensionen sprengenden Folgen partout nicht geben darf. Denn technisches und menschliches Versagen kann niemals ausgeschlossen werden - der Einsatz, gar der massenhafte Einsatz solcher Maschinerie ist deshalb einfach unvernünftig. Von ungeklärter Abfallentsorgung, zweifelhafter Rentabilität und begrenzten Brennstoffvorräten mal ganz abgesehen.   
                                                     ***    

Die Roulette-Kugeln klickern, die Jetons klappern: Das große Finanzkasino hat wieder geöffnet - nachdem die Regierungen mit unserem und dem Geld unserer Kinder wie Kindeskinder dessen im Zockerfuror zertrümmerte Inneneinrichtung ersetzt und die Kassenschränke nachgefüllt haben. Es ist zum Haareraufen, miterleben zu müssen, wie das Finanzkapital grinsend das Büßergewand wieder in den Schrank hängt, wie es dem Staat und der Allgemeinheit mit wiederbelebtem Schwung nassforsch auf der Nase herumtanzt nach der Devise: Neues Spiel, neues Glück. Wie anders, wenn die Politik ihrem eben noch großmäulig vorgetragenen Verlangen nach Kontrolle, Regulierung, ja einem neuen Finanzsystem entsprechende Taten nicht folgen lassen will oder  sich nicht traut. Alles deutet darauf hin, dass schließlic am baufälligen Haus unserer Finanzordnung bloß die Fassaden frisch geweißt werden. 

Lesetips zum Thema:

http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,635506,00.html

http://www.zeit.de/2009/29/Regulierung   


9.7.

Am 23.6. war an dieser Stelle zu lesen:  Homo sapiens ist die dämlichste Spezies, die auf Gottes weiter Welt herumläuft. Warum? Menschen können logisch und vorausschauend denken, wissen also vorab, was passiert, wenn man den Ast absägt, auf dem man sitzt. Was tun sie deshalb? Den Ast absägen auf dem sie sitzen.

Silvio Berlusconi - der Regierungschef, der die Frauen liebt, und diese nebst ganz Italien als seine private Verfügungsmasse betrachtet - bestätigte obige These jetzt beim G-8-Gipfel mit dem umwerfenden Satz: "Es ist absurd, in der Krise über den CO2-Ausstoß zu reden. Das ist, als ob jemand, der Lungenentzündung hat, über eine Dauerwelle nachdenken würde." Diese Ansicht ist weiter verbreitet als man zu denken wagt, da mag einem Vernunft noch so sehr sagen, dass allenfalls umgekehrt ein Schuh draus wird: Es ist absurd, wegen der Finanz- und Wirtschaftskrise den CO2-Ausstoß nur noch als nachrangiges Thema zu behandeln. Das ist, als ob jemand, der Lungenentzündung hat, bloß an einer Prellung seines Schienbeines herumlaboriert.

                                            ***

Herrlicher Fund aus der neuen "Zeit", den Knieschuss von Bernie Ecclestone (Führer des globalen Formel-1-Zirkus) betreffend. Der Herr habe sich mit seinem Lob auf Hitler nun selbst erledigt, seine nachfolgende Selbsteinschätzung, "er sei ein Idiot" und "ein Dummkopf", stimme. Woraus die "Zeit" schlussfolgert: "Möge er fortan in den Kurven eines Boxenluders ruhen und die Klappe halten."  Dem ist nichts hinzuzufügen, außer vielleicht, dass man  den Esprit besagter Kurven nicht just mit Herrn Ecclestone verunstaltet sehen möchte.

                                            ***
Jedesmal, wenn es in Deutschland wieder markante Ereignisse aus dem weiten Feld Atomenergie/Kernkraftwerke gibt, erreichen mich seit einiger Zeit ebenso gescheite wie engagierte Stellungnahmen einer Gruppierung namens Bundesverband christlicher Demokraten gegen Atomkraft (CDAK), CDU/CSU-Mitglieder für die Überwindung der Kernenergie. Gestern Abend etwa kam von denen ein Statement herein unter der Überschrift "Vattenfall ist überall! / Billiger Atomstrom ist ein Ammenmärchen." Erstaunlich, aber schön zu wissen, dass es auch in den Reihen der Union Leute gibt, die sich in der AKW-Frage kein X für ein U vormachen lassen.

Weitere Infos zu dieser Gruppierung 
 http://www.amberger-bi.de/030605a.htm 
 

8.7.

Ja, Michael Jackson war ein bedeutender Pop-Musiker. Und ja, für etliche Millionen Zeitgenossen war sein Tod eine Nachricht der 1a-Kategorie, auch ein betroffen machendes Ereignis. Aber was da in den letzten Tagen und besonders gestern rund um die Trauerfeier medial abging, wies dann doch absurde Züge auf. Lifeübertragung zugleich bei ARD und ZDF sowie auf fast sämtlichen Nachrichten- und Musikkanälen, gar Verschiebung der Tagesschau deswegen. Steht diese mediale Gewichtung noch in irgendeinem angemessenen Verhältnis zum tatsächlichen  Gewicht des Jackson-Todes zumindest in der hiesigen Öffentlichkeit? Man wird den Verdacht nicht los, dass erst der Medienapparat selbst ein wichtiges Ereignis zum primären Weltereignis aufgeblasen hat.

                                           ****
Deubel und das Ring-Desaster - kaum jemanden scheint das gestrige Zwichenergebnis (Rücktritt des Ministers, Fehlereingeständnis des Ministerpräsidenten) dieser unendlichen Geschichte wirklich zu wundern. Man staunt allenfalls, dass der Krug so spät brach. Manchmal hilft es, bei solchen Sachen ganz einfach zu denken: Eine vom Staat betriebene Privatfinanzierung, die vom wichtigsten Beschluss- und Kontrollgremium, dem Parlament, nicht annähernd durchschaut wird, ist per se ein Unding; Gigantomanie ist kein gutes Element der Entwicklungspolitik für strukturschwache Regionen. Obendrein, und das wird vor allem für die Langzeitperspektive (unangenehm) relevant: Die Eifel ist nicht das Rheintal und nicht die Pfalz, weshalb die Grundannahme, der Ring-Park könne einen lukrativen Ganzjahres-Betrieb fahren, gesundem Menschenverstand auf Basis einfacher Orts- und Witterungskenntnis schlichtweg widerspricht. Will sagen: Das dicke Ende des Ring-Projektes kommt erst noch, wenn der Laden fertig ist, ein paar Jahre läuft - und die Herrschaften vom grünen Planungstisch feststellen müssen, dass zwischen Mitte Oktober und Mitte April die Lust der Massen nicht allzu groß ist, sich in die Wallachei durchzuschlagen, um dort auf der schnellsten Achterbahn der Welt einen kalten Arsch zu kriegen.
 

4.7.

Steigst am Samstagmorgen zerknittert aus dem Bett. Willst eine Wachmacher-Dusche nehmen. Und was ist? Es kommt kein Wasser aus der Leitung. Im Bad nicht, in der Küche nicht und sonst auch nirgends. Also raus auf die Straße, Nachbarn nach ihrem Wasserbefinden fragen. Der Notstand ist allgemein, zumindest die nächsten zehn Häuser weit, das Wasserwerk auch längst alarmiert. Wat nu? Erstaunlich, wie viele quasi automatisierten Alltagshandgriffe plötzlich ins Leere laufen. Den Zahnputzbecher vergeblich unter den Hahn gehalten, ebenso den Eier-Kochtopf; die Kaffeemaschine bloß mit (durchgeschütteltem = entsprudeltem) Mineralwasser munitioniert. Der Zeitplan zur Vorbereitung des abendlichen Grillfestes gerät durcheinander, weil's am Wasser fehlt, die Kartoffeln für den Salat zu putzen und zu kochen. Das Klo wird erst in Betrieb genommen, als einer an die Regentonne denkt und von dort zwei Eimer Wasser herbeischleppt. Zu Mittag bleibt die Küche kalt, und bis auf Weiteres die ganze Bagage ungeduscht.

Der Ausnahmezustand währt nur ein paar Stunden. Ursache: Blitzeinschlag ins Rohrnetz irgendwo im Umkreis von zwei Kilometern. Was die ganze Lebensart sogleich völlig aus dem Takt bringt. Man stellte sich vor, die Wasserhähne blieben mal für zwei, drei Tage trocken, oder der Strom fiele für einen ähnliche Zeitraum aus ....  

                                                 ***

Halbjahres-Besucherbilanz auf www.pecht.info:
Vom ersten Januar bis zum 30. Juni 2009 haben 50 037 Besucher reingeschaut. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es
43 800. 


 

3.7.

69 Prozent der Deutschen wünschen den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan. So eine neue Umfrage (ARD-Deutschlandtrend), die einmal mehr den Dissenz zwischen der Berliner Politik und der Bevölkerungsmehrheit in dieser Frage bestätigt. Unschöne Überraschung: Die größte Zustimmung findet der Einsatz nach dieser Umfrage noch unter den Anhängern der Grünen (43 %). Krieg als Mittel der Politik, demokratische Beglückung "zurückgebliebener" Völker durch "fortschrittliche" Truppen, Entwicklungshilfe unter Panzerbedeckung - was geht da in den Köpfen vor? Joschkas ungutes Erbe?!

Nachzutragen wäre:
Am Dienstagabend (30.6.) Martin Schläpfer und sein ballettmainz mit einer Träne im Knopfloch verabschiedet. Es enden 10 Jahre Tanzkunst von höchstem Niveau, wie es in Rheinland-Pfalz noch nie zu erleben war. Dafür sei Martin und den Seinen ein ganz persönliches "Danke" nachgerufen (beim Prominentenauftrieb während der Abschiedsgala im Staatstheater Mainz fand sich die Gelegenheit nicht). Und wenn es sich irgend einrichten lässt, werde ich kommende Spielzeit meinen Aktionsradius nach Düsseldorf ausdehnen, um zumindest noch eine Weile mit eigenen Augen zu verfolgen, wie sich sein Ballett an der neuen Wirkungsstätte dort entwickelt. Bericht darüber dann natürlich an dieser Stelle.

Tiefe Betrübnis, als während der Fahrt nach Mainz übers Autoradio die Nachricht vom Tode Pina Bausch' vermeldet wurde. Ein großer Verlust. Das Werk bleibt. Wir durften das Entstehen unsterblicher Klassiker miterleben.

 
Wünsche Erhellung und Anregung
bei der Lektüre nebenstehender neuer Texte
Andreas Pecht

2009-06 Guten Tag allerseits:
vom Monat Juni


2009-05 Guten Tag allerseits:
vom Monat Mai 2009


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