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2010-04-01 Ausblick:

Musik-Institut Koblenz muss nächste Saison mit sechs Konzerten in die Sporthalle Oberwerth umziehen
 

Starkes Programm im Ausweichquartier

 
ape. Koblenz. Wenn Sie diesen Artikel lesen, sollten Generalsanierung und Umbau der Rhein-Mosel-Halle Koblenz bereits begonnen haben. Der Start der auf Gesamtkosten von 25 Millionen Euro veranschlagten Baumaßnahme war für diesen März vorgesehen. Die letzten beiden Anrechtskonzerte der laufenden Saison beim Koblenzer Musik-Institut im April 2010 finden demnach in einem Saal statt, dessen weiteres Umfeld bereits die Bauarbeiter übernommen haben. Reichlich 47 Jahre hat die Halle seit Einweihung im Dezember 1962 auf dem Buckel. Es ist tatsächlich an der Zeit, dass die „gute Stube“ von Koblenz zeitgemäß aufpoliert wird.


Doch die dafür nötige Bauzeit stellt für eine der historisch ältesten sinfonischen Konzertreihen Deutschlands ein erhebliches Problem dar. Zumal die jährlich zehn Anrechtskonzerte des Musik-Instituts keine kleinen Veranstaltungen sind: Mit heute gut 800 Abonnenten und regelmäßig mehr als 1000 Besuchern je Konzert ist die Reihe ein Riese im klassischen Musikbetrieb der weiteren Umgebung. Als vor sechs Jahren deutlich wurde, die Sanierung der Rhein-Mosel-Halle ist unausweichlich, schwante dem Vorstand des Musik-Instituts: „Da kommt gleich nach dem Jubeljahr zu unserem 200. Geburtstag (das war 2008) eine sehr schwierige Phase auf uns zu.“

Konkrete Problemlage für die nächste Spielzeit 2010/2011: Die Rhein-Mosel-Halle steht wegen des laufenden Umbaus mindestens für die ersten vier Anrechtskonzerte von Oktober bis Dezember 2010  nicht zur Verfügung. Obendrein ziehen sich die Baumaßnahmen höchstwahrscheinlich ins neue Jahr hinüber und können deshalb auch die ersten beiden Konzerte 2011 noch nicht am angestammten Platz stattfinden. Vor einer solchen Ausnahmesituation stand das Musik-Institut seit Jahrzehnten nicht mehr. Was tun? Darüber sprachen wir mit Rolf Wegeler, Bernhard Riebling und dem Ende 2008 neu in den Vorstand gewählten Dr. Olaf Theisen.

Nicht zu spielen, kommt nicht infrage

„Wir haben viele Optionen diskutiert“, erklärt Wegeler, „darunter auch diejenige, eine ganze Saison auszusetzen oder nur die halbe zu spielen.“ Eine gewagte Idee, „die wir auch sehr bald wieder fallen ließen“, so Riebling. Denn: „Eine derartige Ausfallzeit würde uns viele Abonnenten kosten; und einmal verlorenes Terrain wiedergewinnen, ist eine schwierige Sache.“ Letzten Endes blieb nur eine Möglichkeit: Das volle Programm anbieten – und also für die ersten vier bis sechs Konzerte der Umbau-Phase eine Ausweichspielstätte finden. Für Veranstaltungen in der Größenordnung der Anrechtskonzerte ist die Auswahl in Koblenz allerdings sehr klein. Genau genommen gibt es am Ort dafür nur eine einzige Alternative: die Sporthalle Oberwerth.

Und so wird es nun sein: Die ersten sechs Anrechtskonzerte der kommenden Saison werden in der Sporthalle Oberwerth stattfinden. Geänderte Anwege, ungewohnte Örtlichkeit, ein nicht eben umwerfend schöner „Konzertsaal“, eine für klassische Konzerte kaum ideale Akustik: Faktoren, wie sie gerade der langjährige Konzertabonnent nicht besonders schätzt. „Wir sind uns dieser Einschränkungen bewusst und wollen mit einem besonders attraktiven Programm und einer Konzentration überragender Solisten einen gewissen Ausgleich schaffen“, erläutert Olaf Theisen.

Erste-Sahne-Besetzung in der Sporthalle

Tatsächlich lässt einem der Blick in die Planungen für die ersten vier Anrechtskonzerte schier den Atem stocken. Am 8. Oktober 2010 sind mit dem Cellisten Mischa Maisky und dem Geiger Julian Rachlin gleich zwei Vertreter der Weltspitze ihres Faches aufgeboten, um zusammen mit der Rheinischen unter Daniel Raiskin das Publikum vergessen zu lassen, dass das Konzert notgedrungen in einem Ausweichquartier über die Bühne geht. Am 29. Oktober übernimmt Catherine Rückwardt den Dirigentenstab, kommen zum Koblenzer Staatsorchester dasjenige aus Mainz und die dortige Domkantorei hinzu. Dann stehen Mozarts Violinkonzert Nr.5 und Mahlers Auferstehungs-Sinfonie auf dem Programm. Und wieder sind Solisten aus den vordersten Reihen dabei: Isabelle Faust (Violine), Kerrie Sheppard (Sopran) und Mareike Braun (Alt).

Der 12. November bringt von Chopin das 2. Klavierkonzert und von Brahms das Deutsche Requiem. Raiskin dirigiert die Rheinische und einen großen Chorapparat bestehend aus dem Chor des Musik-Instituts und der Domkantorei Mainz. Das Solisten-Aufgebot an diesem Abend ist erneut von einer Klasse, als handle es sich bei der Sporthalle Oberwerth um das Gewandhaus zu Leipzig oder die Berliner Philharmonie: Ewa Kupiec (Klavier), Christiane Oelze (Sopran), Rudolf Rosen (Bariton). Schließlich bietet der vierte Anrechtsabend am 10. Dezember 2010 ein in dieser Art in Koblenz noch nie erlebtes dreiteiliges Konzert. Erster Teil: Das Orchester gibt unter Raiskin amerikanische Klassik von Bernstein, Copland und Gershwin. Zweiter Teil: Die Bigband der Rheinischen, das „Rhine Phillis Orchestra“, schlägt den Bogen zu Swing und Brass-Jazz. Dritter Teil: „Sinfonie in Bildern“ – das Orchester spielt Dvoráks Amerika-Sinfonie „Aus der neuen Welt“, die gleichzeitig optisch hinterlegt wird mit dazu passenden Fotoimpressionen von Tobias Melle.

Rhein-Zeitung hilft mit Kulturspende

Ein Ausnahme-Saisonprogramm wie dieses hat seinen Preis. Und der übersteigt die hauseigenen Finanzen des Musik-Instituts deutlich. Zumal auch Akustik-Fachleute beauftragt sind, technische Möglichkeiten für einen Klassik-adäquaten Raumklang in der Sporthalle zu erarbeiten und für die Anrechtskonzerte zu realisieren.  Woher kommen die zusätzlichen Mittel für das außerordentliche, Unterfangen?  Rolf Wegeler zeigt auf Olaf Theisen: „Seinem honorigen Engagement ist es danken, dass dies möglich wird.“  Will sagen: Theisen, Spross einer alteingessenen Koblenzer Verlegerfamilie, hat bewerkstelligt, dass die Rhein-Zeitung dem Musik-Institut in dieser schwierigen Phase mit einer größzügigen Spende für die besagten vier Konzerte zur Seite springt. Daneben kommt die Koblenz-Touristik als städtische Herrin über Rhein-Mosel-Halle und Sporthalle Oberwerth dem Musik-Institut bei den Saalkosten entgegen, übernimmt zudem die Logistik für die Konzerte fünf und sechs mit dem Beethoven Orchester Bonn und dem SWR-Orchester Baden-Baden.

So ist die Grundlage geschaffen, dem „Umbau-Notstand“ womöglich noch Positives abzugewinnen. Das Vorstands-Trio hofft nämlich, dass die besondere Attraktivität des Ausweichprogramms nicht nur das Stammpublikum versöhnt, sondern darüber hinaus neue Konzertbesucher anzieht. Besucher, von denen mancher vielleicht den Anrechtskonzerten nachher treu bleibt, wenn diese im Frühjahr 2011 in ihr angestammtes Domizil Rhein-Mosel-Halle zurückkehren.  Andreas Pecht

Infos: www.musik-institut-koblenz.de

(Erstabdruck 13. Woche 2010)  
 
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