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2010-04-19e Hintergrund:

Das etwas andere "Landesfestival" startet am 7. Mai in seine 19. Saison – Motto: „Über Grenzen“
 


Der „Kultursommer“ macht(e) so
allerhand erst möglich

 
ape. Rheinland-Pfalz. 250 Projekte quer durch alle Kultursparten und verteilt übers gesamte Rheinland-Pfalz, im Mai beginnend, im Oktober endend. Diese Ansage signalisiert der Kulturszene und dem kulturinteressierten Publikum zwischen Südpfalz und Oberwesterwald seit 1992 alle Jahre wieder: der „Kultursommer Rheinland-Pfalz“ kommt. Der 2010er-Jahrgang steht unter dem Leitmotto „Über Grenzen“ und wird am Wochenende 7. bis 9. Mai in Idar-Oberstein eröffnet.


Die Presse nennt den vom gleichnamigen Verein in Mainz getragenen „Kultursommer“ gern „Landesfestival“, obwohl der Begriff am Wesen der Unternehmung etwas vorbeigeht. Denn das Festival ist gar keines im gewöhnlichen Wortsinn. Der Verein –  dem der/die Kulturminister/in des Landes (derzeit Doris Ahnen) qua  Amt vorsteht – legt nur einige Veranstaltungen selbst auf. Ansonsten ist der  „Kultursommer“ unter der operativen Leitung von Jürgen Hardeck Partner, Unterstützer, Ideengeber, Anschieber, Netzwerker, Finanzförderer. Kurzum: Er ist Ermöglicher an der Seite diverser kultureller Institutionen und Initiativen im ganzen Land.

Gäbe es die Partnerschaften mit veranstaltenden Vereinen, Verbänden, Einrichtungen der öffentlichen Kunstpflege und der freien Kulturszene nicht, es gäbe auch keinen „Kultursommer“ in der bekannten Art. Das gilt allerdings auch und gerade umgekehrt: Ohne die Impulse und die finanzielle Förderung durch den „Kultursommer“ würde manch vertrautes Sommerereignis gar nicht, nicht mehr oder in nur unscheinbarerer Form existieren. Das sommerliche Kulturleben in Rheinland-Pfalz wäre um einiges ärmer, wenn wegfiele, was der „Kultursommer“ seit 1992 angestoßen, motiviert, finanziell gestützt hat und stützt.

Hardeck führt dafür eine Fülle von Beispielen an. Eines der gewichtigen in der direkten Nachbarschaft des Mittelrheins ist das Mosel Musikfestival (MMF), früher Moselfestwochen genannt. Mit heute rund 60 Konzerten zählt die das Moselland von Oberfell und Treis-Karden über Trier bis Luxemburg bespielende Reihe zu den großen deutschen Klassikfestivals. Zwar schon 1985 von Hermann Lewen gegründet, war das MMF anfangs in zwei-jährigem Rhythmus nur ein Lokalereignis für Bernkastel-Kues. Erst aus Diskussionen zwischen Lewen und „Kultursommer“ entwickelte sich die Idee zum Flächenfestival. Finanzspritzen aus Mainz brachten die Sache in Schwung. Das von Juni bis Oktober dauernde Festival ist ein Kulturpfund fürs gesamte Mosellandes geworden. Indes: Auch im jetzt 25. Jahr käme das MMF ohne den Zuschuss des „Kultursommers“ kaum aus.

Für einen anderen Jubilar war/ist der „Kultursommer“ nicht nur stets anregender Partner, sondern jüngst sogar Lebensretter: das in diesem Jahr (24./25.9) seinen 30. Geburtstag feiernde Bluesfestival Lahnstein. Als vor ein paar Jahren der SWR als Hauptveranstalter ausstieg und das auch überregional renommierte Festival vor dem Aus stand, stockte der „Kultursommer“ seinen Finanzbeitrag kräftig auf – um die Basis zu schaffen, dass die Lahnsteiner Musikszene mit Unterstützung auswärtiger Blues-Freunde die Veranstaltung in eigener Regie weiterführen kann.

Es gibt eine Menge auch großer, inzwischen quasi alteingesessener Kulturevents, wo die Öffentlichkeit nicht weiß oder wahrnimmt, dass der „Kultursommer“ mit Ideen, Geld und anderweitiger Unterstützung beteiligt ist. Etwa das Eifel-Literaturfestival: Das begann 1994 als winzige Lokalunternehmung in Prüm, „bespielt“ heute sämtliche Eifel-Kreise, und gilt mittlerweile als eines der Schwergewichte unter den deutschen Literaturfestivals. Nobelpreisträgerin Herta Müller, Martin Walser, Martin Suter, Frank Schätzung, Elke Heidenreich... gehören zum diesjährigen Gästeaufgebot. In Koblenz war der „Kultursommer“ Vater, Geburtshelfer oder ist noch immer Partner beispielsweise des „Gauklerfestes“(6.-8.8. 2010), des Weltmusikfestivals „Horizonte“ (30.7./1.8. 2010), des Jugendtheater-Festivals „Impulsiv“ (14.-20.6.2010).

In der Regel gilt das Prinzip: Der „Kultursommer“ hilft örtlichem Engagement geistig und materiell. Allerdings nicht bedingungslos – Förderung, nur damit irgendwo irgendwas abgeht und  halt Besucher strömen, ist nicht im Sinne der Erfinder. Erstens sind kulturelle Qualität, Werthaltigkeit und Sinnhaftigkeit der Vorhaben unter Beweis zu stellen. Zweitens müssen örtliche oder regionale Kräfte diese Vorhaben schultern. Ist beides erfüllt, können mit Unterstützung des „Kultursommers“ kleine und große Projekte gedeihen – ob im Koblenzer Konradhaus, bei Musik in alten Dorfkirchen des Westerwaldes, beim Hildegard-Festival in Bingen, beim Krimifestival „Tatort Eifel“, bei „Brot und Spiele“ in Trier, beim Westerwälder Bläsersommer ….

Zwischen all dem setzt der „Kultursommer“ stets auch ganz eigene Duftmarken. Sei es als federführender Mitveranstalter oder als Eigenveranstalter. Denkwürdige Reihen sind so entstanden. Etwa die Internationalen Orgelfestwochen, die 2010 bei ihrer 19. Saison mit rund 40 Orgelkonzerten schwerpunktmäßig die Eifel-Ahr-Region bespielen. Oder der Festivalstern Jugendtheater, der Produktionen aus aller Welt durchs Land schickt. Oder die Festivals und Gastspiele im Bereich Figurentheater, der nicht zuletzt dank des „Kultursommers“ in Rheinland-Pfalz intensive Pflege erfährt. Dazu kommen schließlich  hochspannende soziokulturelle Projekte wie zuletzt am Mittelrhein „Spurwechsel“, oder großformatige Sonderevents a la „Kathedral-Klänge“ in den Domen des Landes.

Der „Kultursommer“ durchdringt Rheinland-Pfalz wie ein großes Adernnetz. Er sorgt für Belebung  des Flächenlandes, ohne sich selbst dabei groß in den Vordergrund zu drängeln. Die regionale Öffentlichkeit hat jeweils bloß ein paar Verzweigungen des Netzes im Blick. Allenfalls lässt die landesweite Berichtserstattung über das jährlich in einem anderen Ort stattfindende Eröffnungswochenende momenthaft die Ahnung vom wirklichen „Landesfestival“ aufkommen. Das startet 2010 in Idar-Oberstein mit einem Programm, dem anzumerken ist, dass in Mainz im Vorfeld des 20. „Kultursommer“-Geburtstages 2011über Modifiaktionen für die  Zukunft nachgedacht wird.

Zwar wird Straßen- und Figurentheater ebenso wieder dabei sein wie in den Vorjahren. Aber das Kulturfest verschiebt sich doch mehr auch in Innenräume und auf die Abendstunden. Im Stadttheater Idar-Oberstein wird gemäß dem Jahresmotto „Über Grenzen“ die Uraufführung einer modernen Version von Haydns „Schöpfung“ die Grenzen zwischen Klassik und Rock überwinden. Und des nachts zeichnet eine Licht-Installation des Theaters Anu den Weg des Flusses Nahe nach, den die Neuzeit unter einer vierspurigen Stadtmagistrale beerdigt hat. Licht ist auch das Stichwort für 2011: Dann nämlich werden der „Kultursommer Rheinland-Pfalz“ und die Bundesgartenschau Koblenz mit einer Illumination der Festung Ehrenbreitstein gemeinsam in einen Sommer starten, der Natur und Kultur kreativ vereinen soll.
                                                                                    Andreas Pecht

Info: www.kultursommer.de


(Erstabdruck Woche 17 im April 2010)


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