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2010-05-06 Analyse/Kommentar:

Zur Griechenland-/Euro-Krise

 

Die Lüge vom Schlaraffenland
für "die Griechen"
 
 
ape. Es ist furchtbar einfach, in Sachen Griechenland-/Euro-Krise zu einer klaren (und selbstgerechten) Position zu gelangen. Man muss sich dafür nur die Anschauung zu eigen machen, wonach die Griechen ein faules Volk sind, seit Jahren auf Pump weit über ihre Verhältnisse leben und sich ihr Schlaraffendasein jetzt von uns bezahlen lassen. Medienmainstream und Volksmeinung in Deutschland folgen dieser Betrachtung. Aber "die Griechen" als summarische Gesamtperson zu betrachten, ist ebenso unsinnig wie von  "dem Deutschen" oder "uns" zu sprechen.

Nachfolgend ein paar geschwind zusammengetragene Griechenland-Zahlen, die in der derzeitigen öffentlichen Diskussion hierzulande leider keine Rolle spielen. Dort wird vorrrangig mit den Milliarden-Krediten hantiert respektive mit gezielten Beispielen aus den oberen, nur kleine Minderheiten betreffenden Randbereichen der griechischen Einkommensstruktur Stimmung gemacht. Tatsächlich sieht es im vermeintlichen Schlaraffenland folgendermaßen aus:

- Laut Eurostat liegt das durchschnittliche Lohnniveau  in Griechenland bei 73% des deutschen, das Rentenniveau bei 55% gegenüber dem deutschen. 25 % der griechischen Beschäftigten verdienen weniger als 750 Euro/Monat.

- Laut deutsche Bundesanstalt für Arbeit (BA, 2008) verdient ein Vollzeitangestellter in Griechenland im Durchschnitt nur 41 % eines Angestellten in Deutschland, während die Lebenshaltungskosten in beiden Ländern annähernd gleich hoch sind.

- Laut Ifo verdienen griechische Lehrer im Schnitt 40 % weniger als ihre deutschen Kollegen.

- Laut Gewerkschaftsangaben verdienen 3/4 der Beamten und Staatsangestellten Griechenlands  zwischen 700 und 1500  Euro/Monat netto.

- Mehrere Quellen beziffern die tatsächlich gezahlte griechische Durchschnittsrente auf 600 bis 700 Euro/Monat (14 % der Bezieher kommen auf mehr als 1000 Euro, 66 % auf weniger als 600).

Damit soll nicht der selbstverschuldete Anteil Griechenlands an der Krise weggeredet werden. Aber, erstens, machen solche Zahlen verständlich, woher der sich in Streiks und Demos entladende Zorn vieler Griechen rührt: Das angekündigte Lohnsenkungs- und Steuererhöhungsprogramm trifft weite Teile der Bevölkerung sehr heftig.  Zweitens: Von besagtem Schlaraffenland hat die Mehrheit der Griechen nicht allzuviel abgekriegt, wohl aber soll sie nun die Folgen ausbaden. Drittens: Bei der Frage, wo denn nun Griechenland so viel mehr Geld ausgegeben hat als eingenommen, gerät man offensichtlich in arg trübes Wasser, wenn man pauschal auf "die Griechen" zeigt.
Könnte es sein, dass man jetzt auf genau die falschen Griechen einprügelt?

Was indes das internationale Notprogramm angeht,  müsste uns ein ständig wiederkehrender Satz schrill in den Ohren klingen: "Die staatlichen Finanzhilfen für Griechenland sind notwenig, UM DIE FINANZMÄRKTE ZU BERUHIGEN."  Das heißt doch nichts anderes als: Es wird Staatspolitik betrieben der psychologischen Stimmung im Kasino wegen. Das wiederum heißt: Die Finanzmärkte bestimmen, was Politik, was die Staaten zu tun und zu lassen haben.  Und das nun bedeutet schlussendlich: Das Finanzkapital hat de facto die Macht im Staate, in der Staatengemeinschaft, übernommen. Anders und drastisch formuliert: Wir werden von einem unberechbaren, durch nichts legitimierten, regellosen und moralfreien, (scheinbar) unkontrollierbaren, ganz und gar dem wilden Spiel  um Spekulationsrendite hingegebenen Mechanismus regiert. Kurzum: Wir werden von einem Irrenhaus beherrscht, für das die Politik die Rolle der Dienerschaft übernimmt.

Diese Erkenntnis schwant jetzt wohl auch Barroso und BaFin-Chef Jochen Sanio, die gestern davon sprachen, dass die Griechenland-Krise als Einfallstor für einen "Angriffskrieg gegen den Euro-Raum" benutzt wird. Und die deshalb (mal wieder) den Finanzjongleuren mit drastischen Marktregulierungen drohten.
 Ja dann macht's doch endlich!!! Worauf wollt ihr denn noch warten???                                                                      Andreas Pecht

 





 
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