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2010-11-17:

 

Die Hardenburg bei Bad Dürkheim

 
Prolog/Kurzeinführung

ape.
 Burg, Schloss oder Festung? Diese Frage stellt sich dem Besucher der Hardenburg nahe Bad Dürkheim in der Pfalz rasch. Was da an der rechten Bergflanke des Isenach-Tals über dem Stadtteil Hardenburg prangt, ist zwar „nur“ eine Ruine. Aber was für eine! Diesen gewaltigen Komplex schlicht Burg zu nennen, kommt einem wie eine arge Untertreibung vor. In der Tat gilt die über vier Terrassenniveaus ansteigende Ruine als Zeugnis einer der größten und eindrucksvollsten Burganlagen in der Pfalz.

Anfang des 13. Jahrhunderts als noch vergleichsweise bescheidene Höhenburg errichtet, wurde die Hardenburg im 16. Jahrhundert zur wehrhaften Renaissance-Residenz ausgebaut. Mächtige Mauern und Bollwerke, Geschütztürme, Tore, Wehrgänge und Katakomben zeugen noch heute vom stark festungsähnlichen Charakter. Zugleich jedoch verweisen (Lust-)Gärten, die Überreste großzügiger Wohntrakte sowie einst prächtiger Saalbauten auf eine nicht minder bedeutsame zivile Nutzung als standesgemäßes Wohnschloss der Grafen von Leiningen.

Die Hardenburg fungierte als Festung UND als Schloss. Sie war ein „Festes Schloss“, wie es in der Fachsprache heißt – nach den Ausbauten im 16. Jahrhundert eines der gewichtigsten dieses Typus überhaupt in Deutschland. So überstand sie den Dreißigjährigen Krieg, wurde aber im Pfälzischen Erbfolgekrieg 1690 von den Franzosen besetzt, teils zerstört, dann von den Leiningern wieder aufgebaut.

Das Ende der Hardenburg kam mit der Eroberung Bad Dürkheims durch französische Revolutionstruppen 1794: Die Inneneinrichtung wurde vernichtet, das die Gesamtanlage überragende „Westbollwerk“ gesprengt. Danach gab die Besatzungsverwaltung das Areal zur Gewinnung von Baumaterial frei. Doch was vom einstigen „Festen Schloss“ blieb und seit dem späten 19. Jahrhundert gesichert oder wiederhergestellt wurde, stellt noch immer ein imposantes wie interessantes historisches Relikt dar.

Als heute sorgsam gepflegte Ruine im Besitz des Landes Rheinland-Pfalz repräsentiert die Hardenburg rund 800 Jahre Geschichte. Und mit ein bisschen Fantasie kann der Besucher vor seinem geistigen Auge aus den verbliebenen steinernen Zeitzeugen eine ebenso trutzige wie elegante Adels-Residenz von enormen Ausmaßen rekonstruieren. Vieles spricht dafür, dass hier einst das Leben üppig pulste, dass die Leininger Herrschaften oft sehr gut speisten und in eleganter Robe prachtvolle Feste feierten, die weithin von sich reden machten.

                                                      ***

Haupttext:


Von der Mittelalterburg zur
Renaissance-Residenz


Auch wenn von unten, vom Bad Dürkheimer Ortsteil Hardenburg her, die gleichnamige Burgruine nicht vollständig eingesehen werden kann, ist der erste Eindruck doch unmissverständlich: Starke, hohe Mauern, mit Schießscharten für Musketen und Kanonen bestückte, wuchtige Türme strahlen Macht und Wehrhaftigkeit aus. Die Hardenburg thront und droht in beherrschender Stellung über dem engem Tal. An dieser Wirkung ändert auch der Umstand wenig, dass etwa das bergseitig dominierende Westbollwerk oder der talseitig so auffällige Kugelturm viel von ihrer einstigen Mächtigkeit eingebüßt haben. Mit 6,80 Meter Mauerstärke und einer Höhe von 27 Metern ist das Westbollwerk  ein imposanter Bau. Die Vorstellung, dass er bis zur Sprengung durch die Franzosen  einmal fast doppelt so hoch war, ist atemberaubend.   

Rund fünf Jahrhunderte residierten die Grafen von Leiningen an dieser Stelle; das ist eine in der deutschen Geschichte recht seltene Standorttreue. Generation um Generation bauten sie die ursprünglich viel kleinere Burg – von der leider kaum etwas erhalten ist – zu jenem großen „Festen Schloss“ aus, von dem die heutige Ruine so eindrucksvoll zeugt. Was fanden die Leininger an diesem Platz? Warum engagierten sie sich hier derart stark und lange?

Schlüssel zu europäischer Handelsroute

Der Blick auf die Landkarte sowie auf die frühe Besiedlungsgeschichte der nahen Umgebung von Bad Dürkheim macht deutlich: Die Grafen von Leiningen hatten mit dem vom Mühlberg abfallenden Bergsporn im Tal der Isenach einen guten Platz für die Errichtung ihrer Hardenburg gewählt. Richtung südost erreicht das Flüsschen nach nur wenigen Wegminuten das historische Stadtgebiet von Bad Dürkheim, tritt damit aus dem Pfälzer Wald in die offene Landschaft der Rheinebene aus. Gegen Nordwesten stellt das Tal via Kaiserslautern die Verbindung nach Lothringen her.

Für heutige Augen bloß ein idyllisches kleines Waldtälchen, war das Isenach-Tal einst dank seiner natürlichen Lage einer der wichtigen Reise- und Handelswege  Mitteleuropas. Und vom Rhein her gesehen, erhebt sich just über der ersten Engstelle des Tales die Hardenburg. Wer sie besaß, hielt den Schlüssel zur Verbindung zwischen dem Rhein und Lothringen in der Hand. Das war ein dickes Pfund – mit dem die Leininger zum eigenen Nutzen dann auch trefflich zu wuchern verstanden: Die Geleitrechte auf der Handelsstraße durch den Pfälzer Wald waren ein überaus lukratives Geschäft.

Der Bau der Hardenburg zwischen 1206 und 1214 schließt an eine lange Siedlungstradition um Bad Dürkheim an. Bereits zum Ende der Hallstatt-Epoche um 500 vor Christus lebte hier eine recht starke keltische Volksgruppe. Das belegen ein großer Ringwall und zahlreiche keramische Funde. Schon diese Kelten unterhielten rege Handelsbeziehungen bis nach Italien und Griechenland. Auch die Römer waren nachher mehr als bloß Durchreisende. Davon zeugen die Überreste und teils rekonstruierten Teile eines großen römischen Landgutes, sowie der „Krimhildenstuhl“, ein von in Mainz stationierten Legionen Roms unterhaltener Steinbruch.

Die Burggründung: ein räuberischer Akt

Im 9. Jahrhundert errichteten schließlich die salischen Herzöge auf der linken Hangseite des Isenach-Tals eine Burg, die Kaiser Konrad II. im 11. Jahrhundert zum Kloster Limburg ausbauen ließ. Der Salier-Bau (heute eine Ruine) lag ähnlich strategisch günstig wie 300 Jahre später gegenüber die Hardenburg der Leininger. Die Geschicke des Klosters und der Hardenburg sollten bald auf recht unerfreuliche Weise miteinander verwoben sein. Anno 1205 erhielt Graf Friedrich I. Emich von Leiningen, seines Zeichens Landvogt im Speyergau, durch König Philipp von Schwaben die Schutzvogtei über das Benediktinerkloster Limburg. Alsbald begann der Graf auf dem Grund und Boden der Abtei die Hardenburg zu bauen – ohne Zustimmung des Abtes.

Mithin war die Gründung der Hardenburg ein räuberischer Akt.  Die Leininger scheinen nicht besonders zimperlich gewesen zu sein, wenn es um ihren Vorteil ging. Allein zwischen 1400 und 1525 waren sie an 20 größeren Fehden und Kriegen beteiligt. Daneben verstrickten sie sich ihre gesamte Herrschaftszeit hindurch in zahllose Streitigkeiten mit diversen Nachbarn, ja selbst mit Großmächten, oder innerhalb der eigenen weit verzweigten Familie.

Was die Landnahme für den Bau der Hardenburg betrifft, so leisteten die Leininger erst in der dritten Generation nach Friedrich I. Emich eine Wiedergutmachung für das Unrecht: Graf Friedrich III. versprach dem Kloster Limburg auf vier Jahre je 200 Malter Getreide und erließ einigen klostereigenen Gehöften die vogteilichen Abgaben. Was das Kloster nicht davor bewahrte, wieder einige  Generationen später, 1504, vom Leininger-Grafen Emich VIII. zerstört zu werden. Dieser Akt wird von Historikern als späte Folge eines lang andauernden politischen, teils kriegerischen Konfliktes zwischen den Leiningern und dem Kurfürsten Friedrich I. (dem „Siegreichen“) gedeutet. Emich VIII. verdankt die Burg hernach auch eine Belagerung durch den Kurfürsten Ludwig V., die mit einer achtjährigen Herrschaft des Herzogs Ulrich von Württemberg über die Hardenburg endete. 1519 eroberten die Leininger ihr Domizil im Isenach-Tal gewaltsam zurück.

Neue Waffen machten Umbauten nötig

Ihre Streitlust hat an der Hardenburg selbst manche Spuren hinterlassen. Wohl schon Mitte des 15. Jahrhunderts begann der Um- und Ausbau der wesentlich kleineren, vermutlich auf die Spitze des Felssporns beschränkten Ursprungsburg in Richtung einer Festung des Hauses Leiningen. Unter militärischen Gesichtspunkten wurde vor allem eine Anpassung an die sich ausbreitenden Handfeuerwaffen und Pulverkanonen notwendig. Unter anderem mussten die Mauern  gegen die Einwirkung durch Kanonenkugeln deutlich verstärkt werden. Zugleich war die Burg selbst mit  Musketen- und Geschützstellungen auszustatten, nebst dazugehöriger, gegen Fernbeschuss „gedeckter“ Logistik.

Kurzum: Größe, Infrastruktur und damit die gesamte Bauweise der Burg bedurften einer Neuausrichtung – das gebot die Entwicklung der Waffentechnik ebenso wie das stete Anwachsen von Macht und Reichtum in den Händen der Grafen von Leiningen-Hardenburg. Die umfangreichsten Bauaktivitäten zur Umwandlung der Mittelalterburg in ein „Festes Schloss“ konzentrierten sich auf die Jahre zwischen 1501 und 1564. Während dieser Zeit erhielt die Hardenburg wesentliche Teile jener Struktur, von der die Ruine heute kündet.

Ausbau zum „Festen Schloss“ im 16. Jahrhundert

Der Komplex wurde rundum zu einem unregelmäßigen Fünfeck erweitert. Dessen Eckpunkte markieren abgerundete, vorspringende Geschütztürme und gedrungenere wuchtige Rondelle.  Bergseitig entstand beispielsweise ein neuer Halsgraben und das bereits angesprochene Westbollwerk. Das wurde mit dem Kernbereich der Burg durch einen Verbindungsbau namens „Große Kommunikation“ verknüpft. Die Verteilung der Hardenburg auf vier unterschiedliche Terrassen-Niveaus ermöglichte zudem überirdisch, vor allem aber auch unterirdisch die Einrichtung eines fast labyrinthischen Netzes von Tunneln, Treppentürmen, gedeckten oder offenen Verbindungsgängen zwischen verschiedenen Burgteilen.

Ein Faszinosum für sich sind die mächtigen Keller der Hardenburg. Sie bestehen mal aus ganzen Fluchten kleiner Räume, mal unter weit gespannten Rippengewölben aus Saal-artigen Katakomben. Teils in den Fels gehauen, auf dem das obere Burgareal steht oder an den es sich schmiegt, haben diese Keller bis heute jeden Angriff auf die Hardenburg beinahe schadlos überstanden.

Eine häufig wiederkehrende Frage bei Besuchern betrifft den Kugelturm, auch Dicker Turm genannt. Mit einem Durchmesser von 18 Metern, einer heute noch verbliebenen Höhe von ebenfalls 18 Metern und einer Mauerstärke von bis zu 5,5, Metern zieht er an der talseitigen Burgfront das Augenmerk auf sich. Näher herangetreten, lösen zahlreiche aus den Quadern der äußeren Turmmauer herausgearbeitete Halbkugeln Verwunderung aus. Was sollen diese Ausbuchtungen?  Sie wirken wie in der Mauer steckengebliebene Kanonenkugeln –  und genau so sollen sie auch wirken. Man kann diese Seltsamkeit als eine Art psychologischer Kriegführung betrachten: Feind  und Verteidiger wird beschwörend signalisiert, dass Kanonen diesen Mauern nichts anhaben können. Ein Symbol nur, gewiss. Aber Symbolen kommt bekanntlich im Krieg enorme Bedeutung zu.

Hardenburg auch ein Ort feiner Lebensart

In jüngerer Zeit misst die Forschung dem Residenzcharakter der Hardenburg wachsendes Gewicht zu. Elegante Portale, aufwändig ausgearbeiteter Fenster, kunstvoll gestaltete Giebel oder Erker sprechen dafür, dass den Leiningern neben der Streitlust auch ein ausgeprägter Sinn für luxuriöse Lebensart eigen war. Der leider zerstörte große Saal der Burg, die einst reichlich mit Wohntrakten versehene Innenhofbebauung sowie weite begrünte Terrassen innerhalb und außerhalb der Mauern unterstreichen diese Vermutung. Weshalb die Hardenburg nicht ganz zu Unrecht bisweilen als linksrheinisches Gegenstück zum Heidelberger Schloss bezeichnet wird.

Sämtliche Rekonstruktionsstudien auf Papier zeigen die Hardenburg –  trotz aller militärischen Zweckmäßigkeiten im Einzelnen –  in ihrer Gesamtheit als anmutigen und architektonisch einem  Schönheitsideal zustrebenden Komplex. Die hier Herrschenden wollten offensichtlich nicht als ewig geharnischte Hinterwälder, sondern als Herren von Welt mit erlesenem Geschmack gelten – als Renaissance-Menschen eben. Dass es beim Wollen nicht blieb und die Leininger sich das feine Leben haben einiges kosten lassen, belegen auch Funde in einem Abfallschacht nahe dem Saalbau: Scherben von feinstem chinesischem Porzellan und Schalen von Austern.   Andreas Pecht          

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