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2010-12-07a Vorbericht II:

Im BUGA-Jahr werden zwei neue
Dauerpräsentationen eröffnet



Zur Geschichte des Ehrenbreitstein


ape. Koblenz. 5.000 Jahre Besiedelung, 3.000 Jahre Befestigung, 700 Jahre kurtrierisches Machtzentrum am Rhein, schließlich preußische Festung: Das Areal der Festung Ehrenbreitstein ist ein geschichtlicher Konzentrationspunkt. Mit Beginn der BUGA 2011 erreichen dessen bauhistorische Erschließung und museale Präsentation einen vorläufigen Höhepunkt. Im Zentrum stehen dabei: Ein neuer Erlebnisweg zur Festungsgeschichte, der auch bisher nicht zugängliche Festungsteile umfasst; sowie die multimediale Inszenierung der archäologischen Grabungen in der „Großen Traverse“.
 

1. Neuer Weg zur Festungsgeschichte


Die zwischen 1817 und 1828 von den Preußen auf den Ruinen des kurtrierischen Vorläufers errichtete Festung Ehrenbreitstein ist eine gewaltige und eine sehr komplexe Anlage: Gestaffelte Mauern, Gräben, Artillerie- und Infanteriestellungen, flankierende Wehrwerke, dazu Depots, Versorgungstrakte, Unterkünfte und obendrein schlossartige Bauten mit nahezu repräsentativem Charakter. Das alles hatten die preußischen Baumeister zu einem machtvollen „Organismus“ vernetzt, der auch unter Beschuss optimal funktionieren sollte.

Dieses Netzwerk für Besucher erstmals in seiner funktionalen Gesamtheit erfassbar zu machen, ist eine der Absichten des bis zum Start der BUGA fertig gestellten neuen Festungswegs. Besondere Bedeutung kommt dabei vier jetzt wiedererrichten Brücken zu: Sie reaktivieren einst vorhandene Verbindungen zwischen verschiedenen Festungstrakten. Diese Brücken auf Obergeschosshöhe komplettieren das Wegesystem zum taktisch und logistisch schlüssigen Gesamtmechanismus. Zusammen mit der Öffnung bislang unzugänglicher Festungssteile wird so die bauliche Raffinesse der preußischen Anlage in ihrem ganzen Ausmaß erst richtig deutlich.

Zu den nun für Besucher erstmals zugänglichen Bereichen gehört unter anderem der Komplex „Turm Ungenannt“ und „Lange Linie“. Gleich neben dem oberen Haupteingang zur Festung gelegen, startet hier der neue „Weg zur Festungsgeschichte“ mit einer museal aufbereiteten Zeitreise. In die historisch baulichen Gegebenheiten eingefügt, entfalten mehrere Ausstellungs-Abteilungen eine Chronologie der Festungsgeschichte von den Anfängen bis zur „Entfestigung“ durch die Siegermächte des 1. Weltkrieges. Ein Augenmerk gilt dabei auch der oft übersehenen historischen Zusammengehörigkeit der Festung mit der unterhalb des Felssporns am Rhein gelegenen Residenzstadt Ehrenbreitstein (heute ein Stadtteil von Koblenz).

Über Geschichte informieren und sie zugleich nachvollziehbar, erlebbar machen, das vor allem will der Rundgang. Weshalb die Präsentationen in „Turm Ungenannt“ und „Lange Linie“ der historischen Chronologie originalgetreue Szenarien des einstigen Lebens auf der Festung zu Seite stellen. Kasematten, Geschützstellungen, lange Zeit vergessene Haftzellen werden re-inszeniert, vermitteln Eindrücke vom Alltag im preußischen Wehrwerk über dem Rhein.

Und weil es hier nicht zuletzt um Militärgeschichte geht, sprechen auf der nachfolgenden Station die Waffen. Eine eigene Abteilung verschafft anhand originaler Exponate oder Nachbauten einen Eindruck von der Entwicklung der Technik der bevorzugten Festungswaffen. Auch die Waffenschau schlägt den historischen Bogen von der wehrhaften kurtrierischen Zeit des Ehrenbreitstein zur Preußenfestung – vom legendären „Vogel Greif“, der „Prunkkanone“  des 16. Jahrhunderts, bis hin zu diversen Festungsgeschützen und der Festungsartillerie des 19. Jahrhunderts. Ergänzt wird dieser Ausstellungsbereich durch Erläuterungen zur Versorgungslogistik der Festung sowie durch eine „lebendige Werkstatt“, die als Schauraum und mit Vorführungen Einblicke ins Handwerk des damaligen Büchsenmachers gewährt.

Erstmals macht der neue „Weg zur Festungsgeschichte“ auch Dachbereiche der Festung zugänglich. Das erlaubt einerseits von dort, wo einst preußische Soldaten patrouillierten, interessante Blicke in die Festung hinein und über sie hinweg.

Bevor der neue „Weg zur Festungsgeschichte“ seine Benutzer auf den „Oberen Schlosshof“ und zu den dortigen Erlebnisangeboten entlässt, macht er noch einen Abstecher in die jüngere Geschichte der Festung Ehrenbreitstein: Die jetzt rekonstruierte „Wohnung Suderland“ aus den 1950er-Jahren im Bereich des „Ravelin“ dokumentiert die Nutzung der Festung in der Nachkriegszeit auch als Wohnraum, etwa für ausgebombte Koblenzer.

Hier endet dieses Kapitel der Zeitreise, die mit neuen Präsentationen auf teils erstmals erschlossenem Terrain selbst Kennern der Festung Ehrenbreitstein so noch nicht erlebte Einblicke in die preußische Anlage und ihre lange Vorgeschichte ermöglicht. Das nächste Kapitel wird in der „Großen Traverse“ aufgeschlagen und führt tief hinab in den Untergrund der Festung.

(Der Rundgang ist mittels Rampen und Liften barrierefrei ausgestaltet, mit Ausnahme der Wohnung Suderland aus den 1950er Jahren.)


2. Inszenierung „3.000 Jahre befestigter Ort“


Dass ein strategisch so exponierter Platz wie der Felssporn gegenüber der Moselmündung in den Rhein („Deutsches Eck“) auch in früheren Zeitaltern schon besiedelt sein musste, diese Annahme ist nicht neu. Die Frage für Historiker und Archäologen war allerdings stets: Wie weit zurück datiert die Besiedelung tatsächlich und wo finden wir die Beweise dafür? Gewissheit brachte im Winter 2003/2004 eine archäologische Grabungskampagne quasi im Keller der Festung Ehrenbreitstein. Sie förderte im Untergrund der „Großen Traverse“ (Festungstrakt am Rande des Oberen Schlosshofes) zahlreiche Funde zutage, die zweierlei beweisen: die Besiedlung des Platzes seit 5.000 Jahren und die Existenz unterschiedlichster Befestigungsanlagen auf dem Felssporn über einen Zeitraum von drei Jahrtausenden.

Eine 3.000-jährige Kontinuität der „Fortifikation“ (militärischen Befestigung) ist sonst nirgendwo in Deutschland bislang nachgewiesen. Die Archäologen stießen hier in verschiedenen Tiefenschichten über nur wenige Quadratmeter verteilt auf Reste einer keltischen Fliehburg aus der Urnenfelderzeit (1.000 vor Chr.), eines römischen Burgus von 300 bis 500 nach Chr., der mittelalterlichen Burganlage des 12. Jahrhunderts sowie Teile der kurtrierischen Residenz des 16./17. Jahrhunderts und der Festungsfundamente aus preußischer Zeit.

Diese Grabungsstelle und ihre Befunde werden mit Beginn der BUGA 2011 ein weiterer neuer Teil der historischen Erlebnispräsentation auf der Festung. Unter dem Motto „Ein Berg im Wandel – 3.000 Jahre befestigter Ort“ erschließt eine räumliche und multimediale Inszenierung das archäologische Fundfeld fürs breite Publikum. Durch eine gläserne Aussparung im Fußboden des Gebäudes lässt sich der bedeutendste Fund, die Reste der keltischen Fliehburg aus der Zeit um 1.000 v. Chr., in Augenschein nehmen. Mit einem Lift im direkt daneben liegenden Fahnenturm können Interessierte tief hinunter auf den Felsgrund der Grabung gelangen. Dort erklärt dann eine audiovisuelle Präsentation in dramaturgisch ausgestalteter Bildhaftigkeit die wechselvolle Geschichte des Ehrenbreitsteins. Der sinnliche Reiz und die besondere Aussagekraft dieser Inszenierung erwachsen nicht zuletzt aus dem unmittelbaren Bezug zwischen den direkt vor Augen liegenden originalen Befunden und der darauf aufbauenden medialen „Erzählung“.

Auf diese Weise vertieft die Inszenierung auch die beim Festungsweg gewonnenen Eindrücke. Das i-Tüpfelchen erhält das Gesamterlebnis Festung Ehrenbreitstein durch eine Liftfahrt vom tiefsten Grund der Grabungsstätte hinauf aufs Dach der „Großen Traverse“. Dort, an einer der höchsten Stellen der Festung, eröffnet die ebenfalls neu eingerichtete Aussichtsplattform einen bislang noch nie möglichen Rundumblick: rückwärts über die gesamte Festungsanlage, vorwärts weit über das Rheintal, die Mosel und angrenzende Landschaften.


3. Sonderprogramm „Living History“


Dabeisein, zuschauen, miterleben wie es einst zuging. Moderne Geschichtsvermittlung setzt in besonderem Maß auf Publikumserlebnisse, die durchaus auch unterhaltsam sein dürfen. In diesem Sinne werden ab 2011 die beiden neuen Dauerpräsentationen auf der Festung Ehrenbreitstein durch zahlreiche Angebote ergänzt, die Aspekte der Festungsgeschichte als lebendige Aktionsdarstellung nachbilden.

Neben der Büchsenmacher-Werkstatt gehört zum Programm „Living History“ auf der Festung Ehrenbreitstein der Festungskanonier. An 24 Tagen zwischen April und Oktober 2011 wird er die Salutkanonen am Ort zu donnerndem Leben erwecken. Die so genannten „Katzenköpfe“ gehörten um 1780 schon zum Arsenal der kurtrierischen Festung. Die Kanonade ist Teil einer informativen wie kurzweiligen Vorführung historischer Waffen und Ausrüstung durch den „Oberfeuerwerker“ des „Fußartillerie-Regimentes Nr. 9“. Diese Einheit war zu preußischer Zeit tatsächlich hier stationiert. Ein nach ihr benannter Verein „bespielt“ 2011 auch die eigens wieder hergerichteten Wachräume in einer der Poternen: Soldatenalltag beim „Fußartillerie-Regiment Nr. 9“.

Eine andere Art der Geschichtsvermittlung verbindet sich mit der Schauspielführung „Der ewige Soldat“. Ein Schauspieler stellt aus Sicht des „kleinen Mannes“ Historie dar vom Mittelalter bis in die Gegenwart. Die theatralische Führung greift den Wandel der Festung Ehrenbreitstein während dieser Zeit auf. Dabei gilt die Aufmerksamkeit stets dem Schicksal der Menschen zwischen Unterdrückung und Leid, Liebe und Hoffnung. Autorin und Regisseurin Dominique Caillat hat die seit 2001 sehr erfolgreich laufende Schauspielführung eigens für die BUGA neu bearbeitet und zu einer täglichen 15-minütigen Aufführung gestrafft.

Zu diesen sich das ganze BUGA-Halbjahr hindurch wiederholenden „Living-History“-Elementen kommen drei jeweils einmalige Schwerpunkt- bzw. Aktionstage: Im Juni die Thementage „Prähistorie“ (2. bis 5. Juni 2011) mit eigenem Programm und lebendigen Werkstätten; im Oktober (1. bis 3. Oktober 2011) stehen „Die Römer“ im Zentrum des Interesses. Dazwischen, am Wochenende vom 27. und 28. August, heißt es auf der Festung „Hurra, die Preußen kommen“:  Historische Darstellungsgruppen schlagen an diesem Wochenende in der Festung ein großes Militärlager auf. Sie logieren, exerzieren, paradieren, scharmützeln in originalgetreuen preußischen Uniformen und streng nach preußischem Armee-Reglement. (APE)

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