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Geschrieben im  März 2010:
Guten Tag allerseits,
 
30.3.

Es hat im Falle Arp Museum lange gedauert, bis die leidige politische Unruhe der erwünschten künstlerischen Unruhe gewichen ist. Die Jahre des Aufbaus und der Querelen sind nun offenbar vorbei, die Startphase ist überstanden - das Haus (die Häuser) in Rolandseck kann endlich Normalbetrieb mit Vollgas fahren.  Und tut das auch beherzt. Aktuell mit vier bemerkenswerten Kunstausstellungen parallel. Will sagen: Es ist Leben in der Bude - und mein leider zeitlich auf zwei Stunden begrenzter Schnellrundgang hätte gut und gerne sechs Stunden dauern dürfen. Avantgardefotografie von Simone Demandt, große Retrospektiven zu den Oeuvres von KO Götz und Sophie Taeuber-Arp, dazu altmeisterlich Malerei von Cranach bis Renoir: Da lohnt sich durchaus auch mal eine längere Anfahrt.
Ausstellungsbesprechung hier

29.3.

Dem vorösterlichen Stand des Kirchenjahres angemessen, brachten die Stadttheater Koblenz und Trier unabhängig voneinander jetzt je ein Passions-Ballett heraus. Beide Häuser leisteten sich dafür den Einsatz großer Apparate aus Tanzcompagnie, Chor, Gesangssolisten und Orchester. Beiderorts schlossen die Premieren mit Ovationen des Publikums. Hier wie dort wurde der Tanz als erzählerisches Instrument benutzt. Doch damit enden die Gemeinsamkeiten.
Eine Vergleichsbesprechung hier.

Ich weiß, es steht auch noch ein Reflex auf Pascal Touzeaus "Raymonda"-Choreographie beim ballettmainz aus. Die Premiere liegt jetzt zwei Wochen zurück, die Erinnerungen an jenen Abend sind rasch verblasst. Am besten ist mir noch das eigene Schulterzucken über eine allenfalls mäßig inspirierte und kaum inspirierende Arbeit im Gedächtnis: Klassisches Handlungsballett, leicht abstrahiert, in neoklassische Stilistik transformiert und gelegentlich vorsichtig tastend durch kleine Versuche gebrochen, Forsythe und Neoklassik irgendwie zu irgendwas Neuem zu verbinden. Dazu einmal mehr die Touzeau-Unart, mit bühnentechnischen Effekten und Kulissenschieberei Eindruck zu schinden. Der Choreograph sollte sich mit dem Effektkram nicht aufhalten, sondern sich auf das für ihn und die Kompagnie im Augenblick Wichtigste konzentrieren: Entwicklung eines eigenen Stils. Da schwimmt noch alles. Was nach gerade drei Produktionen in Mainz auch keine Schande ist - wenn nur ordentlich daran gearbeitet wird. Schön, zu sehen, wie sich aus der jungen, neuen Compagnie allmählich einzelne Charaktere herausschälen, vorneweg Julia Weiss.  

28.3.

Manchmal hat man einfach nichts zu sagen - dann halte man eben getrost die Klappe. So sei es heute. Weshalb es beim Hinweis auf den eben eingestellten Premieren-Kalender für April bleibe sowie eine erste Bilanz der neuen Intendanz von Markus Dietze am Stadttheater Koblenz nach der 15. Premiere. 

26.3.

Morgen ist "Welttheatertag". Ihn zu nutzen für einen großen Protest in Wuppertal gegen die geplante Schließung des Schauspiels Wuppertal, das passt. Es ist gut, jetzt den Harnisch anzulegen: Die kommenden Zeiten werden hart, bitter, aufregend; bedürfen der Streitbarkeit. Denn SIE werden die Kunst gewiss nicht zuletzt auf die Schlachtbank legen beim Bemühen, herauszusparen, was Rettung der Banken und Päppelung des Kapitalismus gekostet.  

Folgendes schrieb der griechische Dramatiker Petros
Markaris:
"Vor kurzer Zeit erschien in einer deutschen Zeitung ein
Artikel, der uns Griechen nahe legte, die Akropolis zu
verkaufen, um unseren Bedarf an Krediten zu kürzen.
Ich hielt es damals für einen schlechten Scherz.
Nun, da die Stadt und das Land Nordrhein-Westfalen das
Wuppertaler Theater schließen wollen, muss ich einsehen,
dass der Vorschlag ernst gemeint war."

Nicht zu diesem Thema geschrieben, aber doch gut dazu passend, meine jüngste Monatskolumne "Quergedanken" (hier) und darin besonders der letzte Absatz.

Die Delegationen aus den Theatern Mainz, Wiesbaden, Koblenz, Bonn mögen des Autors solidarische Grüße mit zur Kundgebung nach Wuppertal nehmen. Er kann leider selbst nicht dabei sein, Kritikerpflichten rufen: Taylors Ballett zu Bachs Johannes-Passion heute im Stadttheater Koblenz und Grützmachers Passionenballett morgen im Stadttheater Trier. Mehr dazu nach dem Wochenende.


22.3.

Ein guter Tag für die USA, trotz aller Unzulänglichkeiten die Obamas Gesundheitsreform noch anhaften oder im Laufe des Verfahrens aufgedrückt wurden. 35 Millionen arme Amerikaner bekommen endlich Zugang zu einer Basis-Gesundheitsversorgung, und die Erreichung eines solchen Mindeststandards wird als gesellschaftliche Gemeinschaftsaufgabe begriffen, die auch Wohlhabende und Unternehmen in die Pflicht nimmt. Republikaner und Tea-Partyisten heulen auf "Sozialismus!". Dummes Zeug, bloß Amerikas erster kleiner Schritt in Richtung einer etwas sozialeren und nicht nur kapitalistischen Demokratie.

Gleich unken die Beobachter wieder: Das Land ist gespalten, die Demokraten werden Stimmen verlieren... Mag alles sein, umso ehrenwerter, dass Obama und Freunde die Gesundheitsreform dennoch auf den Weg gebracht haben und jetzt weiter dafür werben. Irgendwann muss man einfach mal anfangen, das Richtige zu tun, ohne sich von ein paar Risiken für die eigene Karriere Bange machen zu lassen.  Getreu Oscar Wildes Diktum: "Fortschritt ist die Verwirklichung von Utopien."  


21.3. (22.3.)

Während die Welt auf das ultimativ klärende Wort des Papstes  zum Kindesmissbrauch in seinem Verein wartet (und wohl  manches zu lesen kriegt, was überfällig war, aber wenig,  das einer Ursachenanalyse nahekäme), erlebte der Autor ein für sein Metier recht typisches "verlängertes Wochenende".

Auftakt am Donnerstagvormittag mit der Rezension des neuen Romans von Philip Roth "Die Demütigung", an dem sich auch die Geister der Roth-Gemeinde scheiden dürften
(Besprechung hier). 

Weiter am Donnerstagabend mit der deutschsprachigen Erstaufführung von "In Marmor" der Irin Marina Carr an den Kammerspielen Godesberg der Bühnen Bonn. Interessantes, gescheites Stück über Entleerung der Ehe durch Ehealltag und träumerisches Aufbegehren dagegen, von Klaus Weise feinsinnig inszeniert (Kritik hier).

Freitag und Samstag eine Recherchetour zu baulichen Altertümern in der Pfalz und nebenan. Burg Trifels erlebt als historisch enorm aufgeladene Stätte. Erster Anblick verbunden mit dem Ausruf: "Na hoffentlich bricht die imposante Sandsteinfelsnase nicht alsbald ab und damit der schönen Burg das Fundament unterm Arsch weg." Danach Villa Ludwigshöhe besucht, die schon von Ferne gänzlich aus der Reihe der rheinland-pfälzischen Burgen und Schlösser tanzt. Ist ja auch weder Burg noch Schloss, sondern eben eine etwas groß geratene toscanische Villa, die sich der italophile Ludwig I. da als Sommerfrische hat in die Weinberge über Edenkoben bauen lassen. Anderntags noch ein Abstecher zum Heidelberger Schloss - bei dessen jetzigem Anblick man warnen möchte: Vorsicht liebe Denkmalschützer und Touristiker, man kann es mit der gefälligen Restaurierung auch übertreiben! Muss ja nicht sein, dass die Altertümer aussehen, als seien sie jüngst erst dorthin gestellt worden. Ein paar real eingegrabene Spuren der Jahrhunderte sollten schon noch sichtbar bleiben.

Am heutigen Sonntagnachmittag folgt der Einführungsvortrag zum Görreshauskonzert des Staatsorchester Rheinische Philharmonie - das sich fortan nicht mehr "SRP" abkürzen will und deshalb in Kurzform einfach "Rheinische" genannt werden wird. Der Vortrag ist ab Montagmittag hier nachzulesen sein. (Nachtrag 22.3.: Einführung jetzt hier lesen )


17.3.

Hätten Sie es gewusst?
Deutschland ist der drittgrößte Waffenexporteur der Welt ist.
Mehr als 500 000 vollzeitbeschäftigte Niedriglöhner hätten in Deutschland ein Anrecht auf staatliche Zuzahlungen, nehmen dies aber nicht in Anspruch.

                                                 ****

Die aktuelle Diskussion um Kindesmissbrauch in kirchlichen und anderen Einrichtungen hat ein paar eigentümliche Blindflecken. Einer davon: Es wird vielfach davon ausgegangen, dass es sich in der Hauptsache um ein vergangenes Problem handle. Ein anderer Blindfleck ist jenes naive Argument, der Zölibat verursache nachgewiesenermaßen keine pädophile Neigung. Einige Gedanken zum Thema hier       


14.3.

Info für alle Freunde der Tanzkunst, die sich jetzt hier eingeschaltet haben, um nachzulesen, wie ich Pascal Touzeaus "Raymonda"-Choreographie beim ballettmainz beurteile: Sorry, ich habe zwar die Premiere am Samstag gesehen, war/bin aber wegen anderweitiger Verpflichtungen nicht in der Lage, zeitnah eine kritische Würdigung in angemessenem Umfang zu schreiben. Weshalb das diesmal für die Tagespresse (Rhein-Zeitung) dankenswerter Weise die Kollegin Birgit Adler-Conrad übernommen hat. Ich werde zu einem späteren Zeitpunkt an dieser Stelle noch einen kurzen Reflex nachreichen.   

12.3.

Gestern in den Kammerspielen des Koblenzer Theaters gesehen: Die Uraufführung der "Bordellballade". Wer die "Dreigroschenoper" oder "Mahagonny" mag,  ist bei diesem  "Dreigroscherlstück" von Moritz Eggert (Musik) und Franzobel (Text) richtig. Klasse Musik in Weill-Manier, scharfe Songs im Brecht-Stil; kleine-feine Kammerinszenierung (Robert Lehmeier), die das Geschehen quasi im Personalraum nebst Materiallager eines Puffs ansiedelt. Auf den politische Belehrgestus der großen Vorgänger wurde zwar verzichtet, der Geist des aktuellen Finanzkapitalismus treibt hier dennoch sein Unwesen. Moral von dieser Geschicht: Die Welt entwickelt sich wirklich total beschissen - aber man hängt dennoch an seinem bisschen Leben. Anschauen/anhören!

                                                ****

Das US-Außenministerium hat seinen alljährlichen Bericht zur Lage der Menschenrechte weltweit vorgelegt. Wieder einmal fehlt darin leider die Untersuchung selbiger Lage in den USA selbst. Vielen Diskutanten in den Internetforen scheint das willkommener Anlass, gar nichts mehr von dem gelten zu lassen, was in dem Bericht steht. Das ist bedauerlich, denn es findet sich dort allerhand Ernstzunehmendes. Kurzkommentar dazu

11.3.

Lektüreempfehlung:
Spiegel-online hat heute einen sehr interessanten Artikel von Parteienforscher Franz Walter unter dem Titel "Sozialdesolate Partei Deutschlands" publiziert (Weblink zum Artikel). Der arbeitet schön das Elend der Sozialdemokratie heraus: Der "neokapitalistische Determinimus" hat die Begriffe "Fortschritt, Reform, Freiheit, Bürgerlichkeit" für den neolibaren Globalismus okkupiert, die (Schröder-)SPD dem nicht nur nichts entgegengesetz, sondern dieses Geschäft aktiv betrieben. Mit dem Ergebnis: "Am Ende war die Sozialdemokratie semantisch und ideell enteignet." Walters Text erweitert und vertieft einige Gedanken, die auch in zwei meiner Artikel im vergangenen Jahr angerissen wurden ( Sozialdemokratie im Elend und Zum SPD-Wahlprogramm 2009

10.3.

Ergänzend zum Kommentar vom Sonntag (7.3.) in Sachen  Parteisponsoring, heute noch ein vertiefender Aufsatz zur Problematik "Der Lockruf des Geldes darf nicht Maßstab für Politikerhandeln sein"

                                                       ***

Allgemeine Lebensweisheiten.
"Hinterher ist man immer klüger", sagt der Volksmund. Woraus sich in zwingender Logik leider folgende Alterserkenntnis ergibt:
Wenn das Leben vorbei ist, wissen wir, wie es geht.

7.3.

(Nachtrag am Abend: Kaum ist der Kommentar ins Netz gestellt, respektive für die morgige Zeitung abgeliefert, könnte man ihn schon wieder umschreiben - und um die eben vermeldeten, im kommenden "Spiegel" nachzulesenden Erkenntnisse über die allerjüngsten Wirtschaftsklüngeleien des Herrn Bundesaußenministers von der FDP ergänzen. Aber was soll's: Unschöne Beispiele lassen sich vom Bund bis hinunter zur Kommune ohnehin zuhauf finden, das zu kommentierende Grundproblem bleibt das gleiche.)  

Da ist richtig Musik drin, in dieser Parteisponsoring-Affäre. Denn die Politkader ringsum spüren: Der Ekel vor solchen Praktiken ist groß im Volk. Und an wem der Dreck hängenbleibt, der hat ein arges Problem (siehe CDU-Einbruch bei NRW-Vorwahlumfragen). Ganz zu schweigen vom generellen Verdruss an der etablierten Politkaste, den dieser jüngste Skandal noch verschärfen dürfte. Weshalb die Kanzlerin besonnene Staatsfrau spielt, die das unrund laufende Rädchen in der Maschine ausgemacht und schleunige Reparatur bereits in Auftrag gegeben hat. Kurt Beck nutzt die Steilvorlage, die ihm die miese CDU-Praxis in NRW und Sachsen gibt,  zu einer Demonstration landesväterlich-sozialdemokratischer Anständigkeit. In der Sache berechtigt, greift seine Kritik allerdings zu kurz. Verständlich, denn würde er tiefer schürfen und die leider weit verbreitete Intimität zwischen politischen Mandatsträgern und Wirtschaft thematisieren, es purzelten ihm  daheim gleich wieder "Ring"-Kalamitäten zwischen die Füße.
(hier ein Kommentar zur Sponsoring-Affäre)  

6.3.

Nochmal ein Schneeeinbruch. Ach, es reicht jetzt mal! Und schon wieder erwischte es mich bei der nächtlichen Rückfahrt von einer Theaterpremiere in Mainz via A3 über den Taunus nach Hause in den Westerwald. So eine Tour bei dichtem Verkehr und noch dichterem Schneegestöber auf schneebedeckter Fahrbahn zerrt doch beträchtlich an den Nerven. Dass die Uraufführung von André Rößlers Karl-May-Projekt "Durch die Wüste" am Staatstheater den Einsatz lohnte, kann ich leider nicht behaupten (zur Kritik)

5.3.

Der schiere Bankrott Griechenlands hat viele Eltern, nicht wenige sind einheimisch dort, heißen Korruption, Vetternwirtschaft, Zockerei, Absahnerei, Apparateaufblähung oder Unfähigkeit - das gilt für den Staat und die politische Klasse ebenso wie für die Privatwirtschaft. Nun die griechische Malaise südländischer Lebensart in die Schuhe zu schieben oder dem vermeintlich überspannten Anspruchsdenken der breiten Bevölkerung anzulasten, ist wohlfeil, aber in der zu erlebenden Pauschalität genauso unbaltbar (oder absichtsvoll) wie die Abwatscherei von Hartz-IV-Empfängern derzeit bei uns.  Es müsste, bitteschön, schon differenziert werden: Wo handelt es sich um ordentliche Lohnniveaus für ordentliche Arbeit, um wünschenwerte Beschäftigtenrechte, um gerechte soziale Errungenschaften und positive Schutzmechanismen für die kleinen Leute gegen  kapitalistische Unbilden. Und wo handelt es sich im Gegensatz dazu um die Pflege schändlicher Pfründe und das verantwortungslose Melken des Gemeinwesens.

Die jetzige Schmach hat das Griechenvolk nicht verdient, das sich vor gar nicht allzu langer Zeit mutig von einer Militärdiktatur befreite und der Wiege der Demokratie die Demokratie zurückgab. Symptomatisch für die aktuellen globalen  Verhältnisse ist, dass an den Finanzmärkten nun - koste es die Gesellschaft, was es wolle - gierig mit der Not des Landes spekuliert wird. Und wieder sind die Spekulanten nebst Hintermännern völlig blind dafür, dass ihr Tun die Krise verschärft, ja einen Zusammenbruch herbeiführen kann, der wahrscheinlich auch sie selbst Kopf und Kragen kosten würde. Dumpfbackene Lemminge, die! Irrwitzige Systemik, das! Man verschafft also dem ums Überleben ringenden Griechenland Kredite - schön. Weil das in Schwierigkeiten steckende Land sie besonders nötig braucht, kriegt es diese Kredite nur zu überhöhten Zinsen. Die Logik dahinter: Ich helfe dem Gestürzten mit der rechten Hand auf, um ihm mit der linken Faust richtig in die Fresse zu schlagen.  Wer regiert eigentlich die Welt, Regierungen oder Börsen, Spekulanten, Konzerne?

                                                ***

Wär's nicht so traurig, man müsste lachen. Die BASF kriegt von der EU Vermarktung/Anbau der Gen-Kartoffel Amflora erlaubt, obwohl, erstens kein Mensch das Ding wirklich braucht, und zweitens, wie bei allen gen-veränderten Produkten der Beweis ihrer Unschädlichkeit für Natur und Mensch gänzlich fehlt. Hintertreppenwitz: Gleichzeitig freuen sich Bundesregierung und Teile des Bauernverbandes, dass durch die Streichung der Solarstrom-Vergütung auf Ackerflächen diese Flächen für ihren ureigentlichen Zweck erhalten blieben: dem Nahrungsmittelanbau für eine wachsende Weltbevölkerung. Hallo!!?? Unsinniger als für den Anbau von Amflora (oder auch Benzin-Frucht) lassen sich wertvolle Äcker kaum benutzen. Denn was kann man aus der Zombie-Kartoffel machen? Papier, Klebstoff und fragwürdiges Tierfutter.

Wieso fragwürdig? Fragt scheinheilig die BASF. Ei, weil die Natur wohl nicht umsonst bislang KEIN derartiges Knollenviech evolutioniert hat und auch nicht die Möglichkeit zur Verfügung gestellt, es auf konventionelle Weise herbeizukreuzen. Es ist wie bei den berühmtberüchtigten Vitaminpräparaten, die die BASF dereinst federführend mitentwickelt und in den Markt gedrückt hat: Natüröliche Vitamine als Spurenelemente eingebunden in die Hunderte von Stoffen beinhaltende Substanz natürlicher Früchte, Gemüse, Getreide... sind ein Segen. Einzelne Vitamine in isolierter Konzentration künstlich hergestellt und eingenommen, sind schädlich für Mensch und Tier. Das brachte unabhängige jüngere Forschung heraus - nachdem mit den als "gesund" eingestuften und bedenklos erlaubten Künstlichen Präparaten über Jahre glänzende Geschäfte gemacht worden sind.

Es ist nun mal so: Die Natur in all ihren Komplexitätswirkungen zu begreifen, gar nachzubauen, dazu sind wir selbst bei sehr kleinen und einfachen Organismen nicht reif. Was Amflora und ihre gen-manipulierten Geschwister in den ökologischen Netzwerken vom Acker über den Stall bis in unsere Eingeweide jetzt, nachher und auf lange Sicht anrichten könnte, weiß in Wirklichkeit kein Mensch. Wir wissen nur: Wieder eine Büchse aufgemacht, deren Inhalt in etlichen Mikrostrukturen der iridischen Natur so fremd ist, wie es ein Bakterienstamm vom andern Stern wäre. Und das ganz ohne Not, allein des privatwirtschaftlichen Profits wegen. Es ist schon ziemlich absurd, was wir da machen respektive mit uns machen lassen.          

4.3.

Glückwunsch an Georg Schramm für die Auszeichnung mit dem Prix Pantheon "Reif und bekloppt". Glück für uns, dass es diesen Kabarettisten gibt. Ob als versehrter Preuße wider bürgerliche Kleingeistigkeit, geschichtsvergessene Dummheit, machtbessene Lügenmäuligkeit oder profitgierige Unverfrorenheit mit der Wucht des Tatsächlichen oder den Schärfen abendländischer Bildung wetternd; ob als schnarrender Bundeswehroffizier deutsche Denkmuster mit Heimtücke aufs Glatteis zu führen und zu fällen; ob als altes frustriertes SPD-Ortsvereinsmitglied an seiner Partei und dem Gang der zeitgeistigen Dinge verzweifelnd: Schramm ist  uns in seiner klugen Unerbittlichkeit und seinem gerechten Zorn viel mehr als bloß gescheite Unterhaltung - er ist uns Erhellung, Anstachelung und Trost in einer ziemlich trostlosen Zeit.

1.3.

Manchmal hilft gegen miese Agitation und populistische Stimmungsmache wie jetzt bei der von Westerwelle befeuerten Hartz-IV-Neidkampagne schon das kleine Einmaleins oder nötigenfalls die Benutzung eines Taschenrechners. Wen das nicht überzeugt, der höre einfach jemanden mit wirklichem Sachverstand an. Etwa den Herrn Ulrich Schneider, seines Zeichens  Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, der heute eine Studie seiner Organisation nebst Rechenbeispielen vorgestellt und erklärt hat. Danach ist schlichtweg erstunken und erlogen, was Westerwelle und Co. immerfort behaupten. Nach den von Schneider vorgestellten Berechnungen liegen nämlich Einkünfte auf Basis von Vollerwerbsarbeit in jedem Fall höher als Hartz-IV-Bezüge. Das sei selbst bei Niedriglöhnern (ohne Hartz-IV-Aufstockung) so, denn zu deren Lohn sind ihre Ansprüche etwa auf Wohngeld und Kinderzuschlag hinzuzurechnen. (Weblink zu Artikel auf Spiegel online) .

Ist also in Wahrheit die Forderung "Arbeit muss sich lohnen" längst erfüllt. Ach was. Schneider bringt die eigentliche Krux schön auf den Punkt:  "Ob sie (Niedriglöhne von 6 Euro oder weniger) etwas mit einem wie auch immer gearteten Leistungsprinzip zu tun haben, geschweige denn mit irgendeinem Gerechtigkeitsideal, muss klar verneint werden." Dem ist nichts hinzuzufügen, bloß jene einfache Binsenweisheit nochmal zu wiederholen, die Westerwelle und Freunde mit aller Gewalt aus den Köpfen der Bevölkerung hinaustreiben wollen: Nicht Hartz-IV ist zu hoch, sondern die unteren Löhne sind zu niedrig.

 
 
Erhellung und Anregung bei der Lektüre
nebenstehender neuer Texte (s. linke Spalte)
Andreas Pecht

2010-02-28 "Guten Tag allerseits"
im Monat Februar 2010


2010-01-31 "Guten Tag allerseits"
im Monat Januar 2010



 

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