Kritiken Theater | |||
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2011-02-06a Ballettkritik: | |
"Romeo und Julia" von Pascal Touzeau beim ballettmainz choreografiert Ohne Lebendigkeit ergreift Liebestragödie die Herzen nicht |
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ape. Mainz. Bühnenbild
modern; Kostüme zeitlos; Tanzstil zwischen Neoklassik und
Ausdruckstanz; Erzählweise indes klassisch. So der Eindruck von
den Eckpfeilern des Balletts „Romeo und Julia“ nach Sergej Prokofjew am
Staatstheater Mainz. Die von Compagniechef Pascal Touzeau mit dem
ballettmainz realisierte dreistündige Umsetzung ist tanztechnisch
versiert und meistenteils hübsch anzusehen. Am Ende der Premiere gibt
es langen, enthusiastischen Beifall. |
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Und
doch driftet unsereinem das Interesse wiederholt weg von den
Bühnenereignissen, hin zum musikalischen Geschehen im Graben. Dort
führt Péter Halász das Philharmonische Staatsorchester durch die
an Atmosphäre-Kontrasten und psychologischen Interpretationen so
reiche Komposition von Prokofjew. Der Mainzer Klangkörper ist an diesem
Abend zwar nicht in optimaler Verfassung: Der kleinen Unpässlichkeiten
sind zu viele. Den dramatischen Geist der Musik indes breitet er in
seinen großen Bögen wie feinen Gliederungen packend aus. Warum aber verstreift auf der Bühne die Ballett-Adaption der Liebestragödie Shakespeares fast ohne Herzergreifen? Weil die Hauptpersonen überwiegend Stereotypen sind, zusammengebaut aus äußerlicher Tanztechnik. Warum gelingt es dem Tanz lediglich im dritten Akt, zu ergreifen, zu erschüttern? Weil da Cristina Ayllón Panavera ihre Julia mal ehrlich macht, sie für Augenblicke befreit von der künstlichen Statuarik einer Märchenfigur. Die verspielte Rolligkeit mit Romeo im Bett öffnet die Tür zum Ich der jungen Frau einen kleinen Spalt. Doch weit aufgerissen wird sie erst mit ihrem zornigem Aufbegehren gegen die Pläne des Vaters zur Zwangsverheiratung und in ihrem einsamen Ringen um die Kraft, im Scheintod den Ausweg zu suchen. Nicht, dass Touzeaus Choreographie zu modern wäre. Eher ist ihr Habitus zu klassisch. Denn zwischen den Metallgerüsten, Licht- und Glaskästen von Susanne Maier-Staufens Bühne wird die Geschichte im Prinzip nach alter Ballettmanier mit formalisierten Tanzmitteln und altbackenem Pantomime-Spiel runtererzählt. Der romantische Romeo von Ross Martinson, der übermütige Mercutio von Martyn Garside, der düstere Tybalt von Guillaume Hulot: Sauber ertanzte Typen, die brav und vorhersehbar ihre Rolle spielen, aber kaum Charaktere, die mit ihren inneren und des Lebens Ambivalenzen zu kämpfen hätten. Dass es in Mainz keine Degenkämpfe gibt, Mercutio und Tybalt per Ersticken im Glaskasten und Genickbrechen niedergestreckt werden – nun ja, bringt zwar interpretatorisch nichts, stört aber auch nicht. Freude machen hingegen muntere, freche, dynamische Volksszenen. Die Tempoformationen sind ebenso Hingucker wie die geschmeidige bis provokante Weiblichkeit der in Mainz stark aufgewerteten Nebenfiguren Rosalinde (Mariya Bushuyeva) und Julias Amme (Julia Weiss). Hier, im Volk und bei den Nebenrollen, gibt es in Fülle zu entdecken, woran es den Hauptfiguren mangelt: Eigensinn und individuelle Lebendigkeit jenseits von Schablonen. Andreas Pecht Infos: www.staatstheater-mainz.com (Erstabdruck 3. Januar 2011) --------------------------------------------------------- ∇ Wer oder was ist www.pecht.info? --------------------------------------------------------- |
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