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2011-04-09 Ausstellungsbesprechung/-Ankündigung:

Museen in Remagen, Koblenz, Mainz
thematisieren Mensch vs. Natur

 

Kunst am (Rhein-)Wasser
 
 
ape. Rheinland-Pfalz. Es ist kein Zufall, dass sich 2011 Präsentationen gleich dreier wichtiger Museen in Rheinland-Pfalz intensiv mit der Beziehung zwischen Kunst und Natur befassen: im Arp-Museum Remagen-Rolandseck, im Ludwigmuseum Koblenz und im Landesmuseum Mainz. Der Impuls für die konzertierte Ausstellungs-Trias geht aus von der in Koblenz stattfindenden Bundesgartenschau. Die BUGA dominiert mit zwei Millionen erwarteten Besuchern bis zum 15. Oktober das Geschehen im nördlichen Landesteil.


Das Arp-Museum geht ans Thema zweigleisig heran. Einerseits unter dem Titel „Hochwasser – Trink oh Herz vom Überfluss der Zeit“ (bis 14.8.2011) aus dem Blickwinkel heutiger Kunstavantgarde. Andererseits öffnet eine Schau mit 46 hochkarätigen Gemälden aus der Sammlung Rau für UNICEF kunsthistorische „Horizonte. Landschaften von Frau Angelico bis Monet“ (bis 8.1.2012).

„Hochwasser“ ist eine mehrteilige, raumfüllende Installation, von den Schweizer Künstlern Gerda Steiner und Jörg Lenzlinger eigens für das am Rheinufer liegende Museum geschaffen. Spontaner Eindruck beim ersten Blick auf die Arbeit: „Ja, genau so sieht es aus, wenn mal wieder ein großes Hochwasser durchs Rheintal geflutet ist.“ Berge aus Schrott, Müll, Bruchholz, totem Getier. Ein gewaltiges Chaos – nachgestaltetes Resultat des Aufeinandertreffens von Kultur/Zivilisation und entfesselter Natur.

Angeschwemmte Handys, zertrümmerte Computer, Büchsen, Flaschen, Klamotten, Spielzeug, Möbel. Mit Treibholz, ganzen Baumstämmen, entwurzeltem Grünzeug, in Gläsern präparierten Fischen und Amphibien zu einer Masse verschmolzen, die wie ein Denkmal erinnert: All dies steckt  in der „Lebensader“ Rheintal – die Flut hat tausenderlei Einzelelemente vereint. Steiner/Lenzlinger klagen nicht an, moralisieren nicht. Sie schauen, lenken Blicke, lassen in chaotischer Vielfalt   überraschende Einzelheiten und Zusammenhänge entdecken.

Zur Wildheit dieser Installation kontrastiert die klassisch strenge Hängung der „Horizonte“-Ausstellung in der „Kunstkammer Rau“ des Arp-Museums. Die 46 Gemälde vom Mittelalter bis ins  19. Jahrhundert veranschaulichen den Wandel von Naturwahrnehmung in der Landschaftsmalerei. Verschwindet die Natur auf den Holztafeln von Frau Angelico noch fast hinter dem Wirken himmlischer Heerscharen, so wird sie in späteren Jahrhunderten zur Kulisse für den dominanten Auftritt des Menschen. Mit Aufklärung und Romantik mutiert Landschaft zum Spiegelbild menschlicher Stimmung. Bei Impressionisten und Expressionisten schließlich löst sich der Mensch schier in der Natur auf.

Das Koblenzer Ludwigmuseum liegt direkt auf dem Gelände der Bundesgartenschau (es kann bis 15. Oktober auch nur mit einer BUGA-Eintrittskarte besucht werden). Unter dem Titel „Die letzte Freiheit“ widmet es sich für die Dauer der Gartenschau der in den 50/60er-Jahren entstandenen Kunstrichtung Land-art und daraus hervorgegangene Verzweigungen. Parallel dazu setzen sich im Außenbereich Installationen internationale Künstler mit Wechselwirkungen zwischen Natur und Kultur auseinander. „New Paradises“ nennt sich diese Outdoor-Projektfolge in Anlehnung an tradierte Auffassungen vom Paradiesgarten. Zu den daran teilnehmenden Künstlern zählt etwa HD Schrader.

Die Schau im Innern des Ludwigmuseums vereint 120 Arbeiten von besonders interessantesten Vertretern der Land-art-Strömung. Darunter Au Wei Wei, Christo & Jeanne Claude, Adam Berg, Walter de Maria,  Toshikazu Endo, Andy Goldworthys, Jan Dibbets oder Hamish Fulton. Viele ihrer Werke in aller Welt werden mittels Fotos, Modellen, Filmen dokumentiert. Denn oft sind die Originale als Umformung,Verfremdung, Erweiterung, Ergänzung natürlicher Gegebenheiten in bestimmten Landschaften entstanden und deren integraler Teil geworden – an Meeresstränden und in Wüsten, auf Hochebenen oder in Wäldern. Kleinere Arbeiten wiederum sind als Originale in Koblenz zu sehen, in ihrer Beständigkeit wie Wandelbarkeit unter dem Einfluss der Elemente.

Das Landesmuseum Mainz vervollständigt ab 5. Mai mit „Nützlich, gefährlich, romantisch – Wasser im Spiegel der Kunst“ die rheinland-pfälzische Ausstellungs-Trias über Kunst und Natur. Gezeigt werden Gemälde vom 17. bis ins 19. Jahrhundert, auf denen Wasser künstlerisches Sujet ist – sei es als für die Menschen nützliches oder bedrohliches Element, sei es als Sinnbild für Sehnsüchte und Träume. Das Museum tritt mit einem interdisziplinären Ansatz an die Kunstwerke heran, setzte zur Erforschung und Interpretation der Bildinhalte die noch junge Disziplin der Umweltgeschichte ein.

So wird die Aufmerksamkeit gelenkt auf bislang in den Gemälden oft nur beiläufig wahrgenommene Zusammenhänge: Brunnen, Wäscherinnen, Badende geben Auskunft über Trinkwasserversorgung, Reinigung, Badefreuden; Boote, Schiffe, Wassermühlen bezeugen die Rolle von Wasser als Nahrungsquelle, Wirtschaftsfaktor, Energielieferant. Mit Werken aus den eigenen Beständen beleuchtet das Museum zudem die besondere Bedeutung für zwei sehr unterschiedliche Kulturlandschaften: die Niederlande und das Rheintal.

Niederländische Gemälde des 17. Jahrhunderts sprechen von einer Gesellschaft, deren Existenz und gesamte Kulturentwicklung von der elementaren Bedrohung durch das Wasser (Meer) und seiner Einhegung abhängt. Am Rhein hingegen idealisieren romantische Darstellungen aus dem 18. und   19. Jahrhundert die Flusslandschaft, blenden die Gefährlichkeit des (Rhein-)Wassers oft aus.                                                                                          Andreas Pecht

Infos:
>>www.arpmuseum.org
>>www.ludwigmuseum.org
>>www.landesmuseum-mainz.de



(Erstabdruck April/Mai 2011)

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