Thema Politik
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2011-10-05 Kommentar:

Zum Aus für Rot-Grün im Lande Berlin


 

Wowereit spurt der Sozialdemokratie
den Weg zur rot-schwarzen Option


 
ape. Als am 18. September die Mehrheit für Rot-Grün im Berliner Abgeordnetenhaus feststand, hatte kaum jemand Zweifel, dass die Hauptstadt künftig auch von einer solchen Koalition regiert würde. Es schien dies quasi die natürlichste Konstellation – nicht zuletzt im Vorgriff auf eine rot-grüne Wunschpartnerschaft nach der nächsten Bundestagswahl. Mehrfach hatten die Berliner SPD und am vergangenen Freitag noch einmal ein Parteitag der dortigen Grünen bekräftigt, miteinander die Stadt in eine andere Zukunft führen zu wollen. Nun plötzlich gilt das nicht mehr.

Und so schnell wie Wowereit die Koalitionsverhandlungen platzen ließ – nach einer Stunde –, drängt sich die Frage auf: Hatte er womöglich schon zuvor mit der Alternativbraut, der CDU, geliebäugelt? Oder sollten tatsächlich drei Kilometer neue Stadtautobahn einen Schatten werfen, über den weder die Sozis noch die Grünen in Berlin springen können? Dass beide Parteien sich jetzt wechselseitig die Schuld am Scheitern anlasten, ist normal und nicht weiter interessant. Interessanter ist da schon, dass das „Nein“ des CSU-Bundesverkehrsministers Ramsauer zur Umwidmung der Bundeszuschüsse für besagte Autobahn den Berliner Rot-Grünen einen  Kompromiss in der A100-Sache schier unmöglich machte.

Machtpolitik ist ein Geschäft, bei dem man bisweilen um viele Winkel herumdenken muss, um einzelne Züge zu begreifen. So mag auch Wowereits flotte Abkehr von der rot-grünen Option ganz andere Gründe haben als den Zwist um die Autobahn. Stellt er sich damit gegen die SPD-Bundesspitze, um als Chef einer Großen Koalition auf Landesebene das Terrain für seinen Aufstieg  zum Staatsmann abzustecken? Oder agiert er mit Zustimmung der SPD-Spitze, um die erstarkten Bundesgrünen mit einer bis eben noch undenkbaren rot-schwarzen Bundesoption kirre zu machen? Oder meint die SPD, angesichts der europäischen (Finanz-)Krise die Wiederannäherung an eine Große Koalition im Reichstag suchen zu müssen und damit punkten zu können? Die Neigung der deutschen Sozialdemokratie, in tatsächlichen oder vermeintlichen Vaterlandskrisen den Schulterschluss  mit nationalkonservativen Kräften zu suchen, ist geschichtsbekannt.

Wir werden sehen. Allerdings gehen von den aktuellen Kalamitäten der Berliner Stadtpolitik zwei bemerkenswerte Signale aus. Erstens: Rot-Grün ist kein Naturgesetz. Zweitens: Es gibt zwischen SPD und Grünen (tatsächlich noch) ein paar elementare Differenzen. Ob Berliner A100, Stuttgart 21 oder Hochmoselübergang: An solchen Projekten werden nach wie vor sehr unterschiedliche Vorstellungen zur Gesellschaftsentwicklung deutlich. Unterschiede, die auch der ausgeprägte Wille beider Parteien zum Regieren nicht so einfach beiseite wischen kann. Es sei denn, man hält Regieren für einen Selbstzweck, der es wert ist, jedwede Überzeugung dafür zu opfern. Der Berliner Grünenbasis war die Zustimmung zur Stadtautobahn ein zu hoher Preis. Und Wowereit kommt das offenbar nicht ungelegen: als Anlass zum Pferdewechsel.                                                             
Andreas Pecht               

(Erstabdruck 05. Oktober 2011)

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