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2011-11-25 Porträt:

25 Jahre Stiftung "Villa Musica" in Rheinland-Pfalz



Nachwuchsförderung, die
im ganzen Land gut klingt


ape. Mainz/Engers. Eben feierte eine rheinland-pfälzische Institution ihr 25-jähriges Bestehen, die beweist, dass kleine anspruchsvolle Events durchaus das Kulturleben eines Bundeslandes mitbeeinflussen können: die Landesstiftung Villa Musica. Klassische Kammermusik ist ihre zentrale Sparte seit Gründung 1986. Grob gerechnet gut 4000 Konzerte hat sie seither zwischen Südpfalz und Oberwesterwald veranstaltet; 140 bis 180 pro Saison – die auch erheblich dazu beigetragen haben, Burgen, Schlösser und andere historische Gebäude im Land kulturell zu beleben. Mit den Konzerten vor allem wird die Villa Musica öffentlich wahrgenommen. Aber ihr Daseinszweck erschöpft sich nicht in Konzertveranstaltung, sondern umfasst in gleichem Maße die Aus-, Fort- und Weiterbildung junger Musiker.

Mit der Sanierung von Schloss Engers bei Neuwied in den frühen 1990er-Jahren und 1995 dessen Eröffnung als  Akademie für Kammermusik erhielt die Villa Musica im Norden von Rheinland-Pfalz ein eigenes Domizil für Stipendiatenkurse, das sich bald auch zum Konzertzentrum für Kammerklassik sowie populäre Open-air-Events mauserte. Die Anfänge davor waren bescheidener und de facto mehr auf den Süden des Landes konnzentriert. Der erste mehrtätige Intensivkurs für junge, angehende Profimusiker unter Anleitung erfahrener Dozenten fand 1987  im Herz-Jesu-Kloster in Neustadt/Weinstraße statt. Die künstlerisch-inhaltlichen Impulse gingen damals allerdings von Musikakteuren im Bahnhof Rolandseck aus.

Neustadt blieb lange und ist noch heute eine regelmäßig genutzte Location für die Villa. Als Kurs-Orte kamen Kloster Machern und Burg Namedy hinzu. Ins Leben gesetzt wurde die Villa Musica freilich in Mainz. Just am 11.11.1986 wurde dort die Stiftungsurkunde für die neue Institution unterzeichnet. Da führten terminlich nicht etwa Meenzer Fasenachter Regie, sondern waren  Ideenfindung und Planung im Umfeld des Kultusministeriums von Georg Gölter (Ministerpräsident war seinerzeit Bernhard Vogel) zur Spruchreife gelangt. Der umtriebige Kurt Karst war einer der Männer der ersten Stunde und lenkte die Geschicke der Villa Musica bis zu seiner Pensionierung unlängst.

"Haus der Musik" ohne eigenes Haus

In Karsts Erinnerung hatte sich der Name „nach langen Diskussionen aus dem Begriff ‚Haus der Musik‘ ergeben“. Allerdings hatte die Villa Musica zu jenem Zeitpunkt noch gar kein eigenes Haus. Das bekam sie erst 1988, nachdem die Landesregierung das Gebäudeensemble  „Auf der Bastei“ übernommen  hatten: die vielleicht schönste Jugendstilvilla von Mainz direkt gegenüber dem Gästehaus der Landesregierung. Ihren Namen hatte die Institution allerdings schon bevor vom Haus überhaupt die Rede war.

Die Mainzer Villa wurde also 1988 Stammsitz der Villa Musica und ist es bis heute. Doch gibt es dort nur bescheidene Räume für einen Kursbetrieb. Weshalb man von vornherein darauf angewiesen war – und das auch so wollte – , mit Kursen und Konzerten sich über Stadt und Land auszubreiten. In den Anfangsjahren bestanden die Konzerte überwiegend aus hochkarätigen Gastspielen. Karl Böhmer, seit 1991 im Stab der Villa Musica und Nachfolger von Karst als Geschäftsführer, erstaunt im Gespräch mit der Äußerung: „Die Villa Musica nahm damals intensiv an der Perestroika teil.“  Wie das? Die Öffnung des Sowjetreiches habe einerseits die Reisemöglichkeiten der Künstler von dort erleichtert und andererseits hier im Westen ein enormes Interesse an russischen Künstlern und Künsten motiviert. „Wir brachten sie in großer Zahl zu Auftritten hierher“, so Böhmer.

Neuausrichtung mit Hofmann-Göttig und Arp

Die Welle verebbte, und ab Anfang der 90er wurden die Konzerte überwiegend mit eigenen Kräften besetzt. Will sagen: Es kam vor allem das mehrfach ausgezeichnete „Ensemble Villa Musica“ aus Dozenten zum Einsatz. Eine Neuausrichtung der Villa Musica erfolgte ab 1992 mit der Übernahme des Vorstandsvorsitzes durch Kulturstaatssekretär Joachim Hofmann-Göttig (heute Oberbürgermeister von Koblenz) und der künstlerischen Leitung durch Klaus Arp. Der Kursbetrieb wurde aufgewertet: Junge Talente aus den Musikhochschulen des deutschsprachigen Raums wurden nach öffentlich ausgeschriebenem Probespiel als Stipendiaten ausgewählt. Die Verbindung „Kurs und Konzert“ wird zur programmatischen Grundlage des Handelns: Die Stipendiaten kommen zu Kursen zusammen, erarbeiten binnen einer Woche ein Konzertprogramm mit dem sie hernach an verschiedenen Orten  vor rheinland-pfälzischem Publikum auftreten. Das ist: Lernen unter den Realbedingungen von Profimusikern.

Als der Landestiftung Villa Musica 1994 eine gehörige Kapitalaufstockung aus dem Verkauf von Landesbankanteilen durch die Regierung Scharping zufließt, kann sie sich auf Basis der Zinserlöse und dank des Akademiestützpunktes Engers fulminent entwickeln. Neue Konzertreihen sprießen, darunter „Musik in Burgen und Schlössern“ oder die Open-Airs in Schlosshof Engers. Bis zum Jahr 2000 steigt die Zahl der Konzerte auf ein Rekordniveau von mehr als 180 pro Saison quer durchs ganze Land.  Dann jedoch machten u.a. sinkende Zinsen fürs Stiftungskapital ein Umdenken nötig. Die Konzertzahl wurde auf 120 zurückgefahren, ohne jedoch den Qualitätsanspruch aufzugeben, wie etwa neue Themen-Konzerte oder die jüngst ins Leben gerufene Moderne-Reihe „Spektrum Villa Musica“ zeigen.

Hilfe für beachtliche Musikerkarrieren

Gut 4000 Konzerte haben 25 Jahre Villa Musica gebracht. Weit über 1000 Stipendiaten kamen über diese Zeit in den Genuss der Kursprogramme. Darunter nicht wenige, denen dieses Angebot eine große Hilfe war für nachher beachtliche Musikerkarrieren: der Pianist Martin Stadtfeld beispielsweise oder das Fauré-Quartett um Erika Geldsetzer oder die Violinistin Tanja Becker-Bender. Köpfe wechseln, Zeiten ändern sich. Nach dem Weggang von Hofmann-Göttig hat dessen Nachfolger als Kulturstaatssekretär, Walter Schumacher, den Vorstandsvorsitz der Villa Musica übernommen. Auf Kurt Karst folgt Karl Böhmer als Geschäftsführer. Nach fast 20 Jahren im Amt hat nun auch Klaus Arp die künstlerische Leitung abgegeben.

Arps Nachfolger ist Alexander Hülshoff (42). Der in der Pfalz aufgewachsene Cellist markiert eine Verjüngung der Villa Musica aus den eigenen Reihen heraus:  Hülshoff war einer ihrer allerersten Stipendiaten und machte seinen Weg als gefragter Solo-Cellist, Kammermusik-Partner und Professor der Folkwang-Universität in Essen. Er wird auf dem Bisherigen aufbauend auch eine neue Handschrift einbringen wollen. Wie die sich in Struktur und Programm der Villa Musica konkret niederschlägt, darüber wird gerade nachgedacht – im Interesse des  musikalischen Spitzennachwuchses und des (Kammer-)Musiklebens in Rheinland-Pfalz.            Andreas Pecht

Infos: >>www.villamusica.de
          >>www.freundedervillamusica.de       



(Erstabdruck Woche 47/48  2011)

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