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2011-11-27 Premierenfeature:

"Die Zeitmaschinn": Neunte Produktion der Reihe  "Zum Schängel" von Zimmers Theater zu Koblenz

Wie Willi und Ernst den BUGA-Entzug schaffen - und dazu die ganze Koblenzer Historie umkrempeln
 

 
ape. Koblenz. Das Schöne an diesem mundartlichen, auf reizende Art heimatverliebten Volkstheater war bisher, dass man immer wusste, was man kriegt: zwei Stunden mit reichlich Anlass zu lauthalsem Lachen, zumindest Schmunzeln. Denn wo Willi & Ernst draufstand, steckte auch Willi & Ernst drin. Die Frage lautete für die jetzige Folge 9 „Die Zeitmaschinn“ ihres Theaterserials „Zum Schängel“: Ist den beiden bodenständigen 60plus-Helden zu Kopfe gestiegen, dass sie während der BUGA von Kameras und jubelnden Massen belagert wurden? Auf der Karriereleiter hin zum Promi-Status kam schließlich schon manchem netten Zeitgenossen das Herz vom rechten Fleck weg.

 
Nach der gefeierten Premiere am Wochenende in der Koblenzer  Kulturfabrik (Kufa) darf vermeldet werden: Willi und Ernst sind noch, was sie waren – komische Käuze. Selbst die aktuelle Zueignung des Koblenzer Kulturpreises hat ihnen nicht geschadet. Ihr liebster Ort bleibt die kleine Kowelenzer Kneipe, ihr guter Geist deren herzige Wirtin Susanne (Tammy Sperlich), ihr Grundnahrungsmittel das heimatliche Pils vom königlichen Bach, ihr in weiser Entschleunigung mahnender Freund der Straßenkehrer Heinz (André Wittlich). Allerdings, völlig unbeschadet sind die beiden denn doch nicht aus dem  Sommer 2011 gekommen. Weshalb im neuen Stück der liebe Gott per Handy einen Engel ans Rhein-Mosel-Eck befiehlt, auf dass er inkognito die zwei aus bedrohlicher Lage errette.

Die Lage: Willi und Ernst sind im Begriff, sich aus diesem Jammertal von Welt – das Kowelenz für sie seit dem Ende der Bundesgartenschau ist – zu verabschieden. In tiefe Depression verfallen, liegen sie stumm und stier wie zur letzten Reise aufgebahrt. Bloß Wehmutsseufzer entfleuchen ihnen noch, sobald irgendwer das Wort BUGA ausspricht. Da mögen sich Susanne und Heinz noch so mühen, mögen Ärzte engagieren, gar ein Casting für Gute-Laune-Songs veranstalten: Diesen  Patienten kann keiner helfen, ohne BUGA erscheint ihnen das Leben nicht mehr lebenswert.

Zum Hoffnungsträger wird da ‘ne alte Kühltruhe. Denn dat is enn Zeitmaschinn; vom Engel als Therapieinstrument gegen das BUGA-Delirium angeschleppt. Ausgerechnet Dirk Zimmer alias Willi und Markus Kirschbaum alias Ernst erhalten die Möglichkeit, via Zeitreise den Lauf der  Geschichte am Ort umzukrempeln. Das kann nur ganz übel ausgehen! Im Zeitstrom suchend nach dem 15. April 2011 und damit nach dem glückselig machenden Wiedereinstieg in den BUGA-Sommer, verheddern sie unterwegs zwischen Steinzeit und Weltkriegsende die Kausalketten der Historie aufs Ärgste: Aus dem Zapfhahn der Schängel-Kneipe fließt auswärtiges Bier, igittigitt; Kowelenz ist plötzlich, au weiha, bloß noch Vorort des ungeliebten Eifel-Nachbarn...

Kurzum: Was die Kerle anrichten, beißt sich wie „Zucker und Salz, Rhein-Mosel-Halle und schnell fertig, TuS und Rapolder“. Wie sie es anrichten, ist ein rechter Spaß. Fette Lokalpointen oder mit leichter Hand gestreute Bonmots krachen, flutschen, züngeln in dichter Folge durch rasch wechselnde Kulissen (Bühne/Kostüme: Christian Binz). Während Willi und Ernst in ihren grellgrünen BUGA-Botschafter-Yuppen als personifizierter Running-Gag nach bewährter Manier durch die Epochen staksen, wird für ihre fünf Mitspieler der Abend zur Vielseitigkeitsprüfung. Neben Sperlich und Wittlich schlüpfen Eva Horstmann, Markus Angenvorth und Bruno Lehan als versierte Komödianten in zwei Dutzend verschiedene Rollen.

Obendrein tanzen und singen sie – mal mit Schwung den Rock‘n‘Roll der Nachkriegszeit, mal mit Schmelz einen BUGA-Erinnerungssong im Musicalstil (Musik: Christian Weller). Und was wird am Ende aus der Post-BUGA-Depression unsrer Helden? Überleben sie‘s? Ei freilich, alles wird gut. Das ist schließlich Zimmers „Zum Schängel“ und nicht Shakespeares „Macbeth“.                                                                 Andreas Pecht       

Karten:  0261/982 798 20  oder im Internet über www.kufa-koblenz.de  

 

(Erstabdruck 28. November 2011)

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