Kritiken Theater | |||
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2011-12-04 Schauspielkritik: | |
Matthias Fontheims Versuch am Theater Bonn, aus Fitzgeralds Romanklassiker ein Bühnendrama zu machen Den "großen Gatsby" lieber lesen |
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ape. Bonn. Acht
Leute von heute betreten in der Schauspielhalle Beuel ein quadratisches
Bretterpodest, um dort Matthias Fontheims Theatersicht auf den 1925
erschienen Roman „Der große Gatsby“ von F. Scott Fitzgerald
vorzuführen. Der Intendant des Staatstheaters Mainz hat für seine
Gastinszenierung am Theater Bonn eine kräftig reduzierende
Textbearbeitung von Lothar Kittstein benutzt. Herausgekommen ist ein
90-minütiges Stück, das zu dem Schluss führt: Manches literarische Werk
will gar nicht für die Bühne zugerichtet werden, will lieber Lektüre
bleiben. |
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Aus
Romanklassikern Theater zu machen, ist eine inzwischen weit verbreitete
Manier. Sie begann in der hiesigen Region 2002 mit Prousts „Auf der
Suche nach der verlorenen Zeit“ in Bonn. Danach wurde der
Rhein-Main-Raum zu einem Zentrum dieser Mode, kamen etwa in Wiesbaden
Musils „Törrless“ oder in Mainz Thomas Manns „Zauberberg“ als durchaus
beachtliches Theater heraus. 2005 wurde in Frankfurt die Bühnenadaption
von Max Frisch‘s „Stiller“ allerdings zum Fiasko, 2009 Tolstois „Anna
Karenina“ in Mainz zur Lachnummer. Vor einigen Tagen hat sich Frankfurt
ebenfalls an den „großen Gatsby“ gewagt: Eine schillernde
Vier-Mann-Show scheidet jetzt dort die Geister. Nun also „Gatsby“ in Bonn. Lange stehen die acht Mimen schweigend vor einer dunklen Wand, in der sich die Publikumsränge spiegeln. Dann lassen sie sich in der ersten Reihe nieder, ziehen Kostüme aus mitgebrachten Taschen, kleiden sich in aller Ruhe für ihre Rollen um. Neu ist die Idee nicht, einen verengten Bühnenraum von der vordersten Zuschauerreihe her bespielen zu lassen, um damit auszudrücken: Was geschieht, geschieht in unsrer Welt. Fontheim benutzte dieses Prinzip Im Februar bereits für „Tod eines Handlungsreisenden“ ebenfalls in Bonn. Ein großes Problem des Abends ist: Wer den Roman nicht kennt, darf rätselraten. Denn die Story schwingt zwar in allerlei Andeutungen mit, verdichtet sich aber nicht zum verstehbaren Ganzen. Es bleibt bei kurzen Szenen, die in schnellen Wechseln durch Zeiten, Räume, Ereignisse springen. Erstaunlich, dass sich dennoch auf allen acht Positionen Charaktere herausbilden – Fontheim weiß eben mit Schauspielerpotenzialen umzugehen. Hendrik Richter etwa formt einen in den Reichtum vernarrten, halbseidenen wie oberflächlichen Gatsby. Der ist zugleich in bewegend naiver Hingabe bereit, sich für seine angebetete Daisy zu opfern. Nina Tomczak lässt diese Frau mit Bedacht und lustvoll der Lockung erliegen. Für sie ist Gatsby der Notausgang aus einer miesen Ehe mit Tom, der sich seinerseits an Myrtle hält, die Gattin des eifersüchtigen George. Was vom Roman bleibt, sind vor allem Blicke auf zerbrechende Ehen und Sehnsüchte nach Liebe. Daraus ergeben sich Momente intensiven Kammerspiels – beobachtet vom stets präsenten und gelegentlich auch mitspielenden Erzähler Nick Carraway (freundlich distanziert: Birger Frehse). Doch um diese Momente herum breitet sich theatralischer Stillstand aus. Statt Drama zu spielen, werden Romanteile nacherzählt. In Fontheims Schlussbild bläst der Erzähler per Windmaschine dem Ensemble Skriptblätter aus den Händen. Wir möchten das so deuten: Fitzgeralds großer Roman ließ sich nicht ans Theater binden. Warum sollte er auch? Andreas Pecht Infos: >>www.theater-bonn.de (Erstabdruck 5. Dezember 2011) --------------------------------------------------------- ∇ Wer oder was ist www.pecht.info? --------------------------------------------------------- |
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